Dies würde aber bedeuten, dass zu einer Reihe von kontroversen Themen ein Konsens gefunden wird. Das betrifft jedenfalls das Verhältnis zu Russland, zur Türkei, zu China und den USA sowie die Frage der Erweiterung der Union und insbesondere den Umgang mit der Migrationskrise. Die Grundlage für eine Konsensfindung in diesen Fragen müsste die längst erkannte Notwendigkeit sein, dass nur eine geopolitisch handlungsfähige Union im Zeitalter der erneuerten Großmachtrivalität wirkungsvoll ihre Interessen vertreten kann. Die beiden strategischen Herausforderungen der EU sind einerseits die Stabilisierung des eurostrategischen Vorfelds sowie andererseits die Verhinderung externer Einflussnahmen auf zentrale politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse. Von besonderer Relevanz wird zudem der Umgang mit der sich abzeichnenden Klimakrise sein. Eine effektive Bewältigung der umfassenden sozioökonomischen Herausforderungen dürfte nur im Rahmen eines weiteren Vertiefungsschrittes der EU möglich sein. Nach den Erfahrungen des Brexit-Prozesses sind unmittelbar keine weiteren Austrittsbestrebungen von Mitgliedsstaaten zu erwarten. Insofern ist zunächst nicht mit einer weiteren Desintegration der EU zu rechnen. Im nahen Zeithorizont des Jahres 2020 wird sich entscheiden, ob Europa weiterhin im Modus des »Muddling through« bleibt – oder ob Weichenstellungen in Richtung einer vertieften und damit handlungsfähigeren Union erfolgen werden. Dabei wird entscheidend sein, ob der eingeschlagene Weg zu einer Verteidigungsunion 2020 weiter beschritten wird. Das Verhalten Russlands, die Unberechenbarkeit und zum Teil antieuropäische Vorgangsweise des US-Präsidenten Donald Trump und die politische Schwächung der NATO würden für einen verstärkten Aufbau eigenständiger europäischer Verteidigungskapazitäten sprechen. Die vom IISS berechneten Kosten einer militärischen Autonomie wären mit rund 350 Milliarden Euro über eine Dekade finanziert kein struktureller Ausschließungsgrund, sofern der politische Wille zu einer strategisch eigenständigen Handlungsfähigkeit der EU tatsächlich gegeben ist. Jedenfalls wurden in den vergangenen Jahren wesentliche Konzepte, Strukturen und Instrumente für eine verbesserte sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der EU entwickelt. Es stellt sich die Frage, ob der Wille besteht, diese Prozesse im absehbaren Zeitraum 32 Sicher. Und Morgen?
zu implementieren und zügig weiter zu vertiefen. Dazu zählen insbesondere der Europäische Verteidigungsfonds (EDF) und die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie, der Ausbau der Projekte im Rahmen der Verteidigungskooperation (PESCO) und die außerhalb der GSVP organisierte »europäische Interventionsinitiative«. Damit könnten die Grundlagen für eine verbesserte strategische Autonomie Europas geschaffen werden, um zumindest in Europa hybride Bedrohungen eigenständig bewältigen und in den Nachbarregionen wirksam werden zu können. Die NATO bleibt dabei auf Sicht der Drehund Angelpunkt der Verteidigung Europas in den konventionellen und nuklearen Dimensionen sowie bei anspruchsvollen Interventionen. Die Schlüsselfrage bleibt, ob die EU-Staaten und somit auch Österreich zur Umsetzung der auf europäischer Ebene getroffenen Beschlüsse und damit auch zur vermehrten finanziellen Lastenteilung bereit sind. Auf absehbare Zeit wird die Verteidigung des EU-Raumes eine souveräne Angelegenheit der Mitgliedsstaaten der Union bleiben. Eine europäische Armee steht mittelfristig nicht auf der Agenda. Da jedoch nahezu alle Sicherheitsrisiken nicht im nationalen Alleingang, sondern vorrangig nur in europäischer Kooperation gelöst werden können, wird sich vermehrt die Frage stellen, ob die Einzelstaaten bereit sind, in eine gemeinsame europäische Souveränitätsausübung zu investieren und so längst verloren gegangene nationale sicherheitspolitische Souveränität auf kollektiver europäischer Ebene zurückzugewinnen. Keine noch so kooperativ angelegte Verteidigungspolitik kann jedoch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ersetzen. Viel mehr ist die Verteidigung Instrument und Funktion gemeinsamer außenpolitischer Interessen der EU-Staaten. Somit wird die Frage, ob die EU-Mitgliedsstaaten in strategischen Fragen zu einer wirklichen gemeinsamen Außenpolitik finden werden, wohl zum entschei denden Erfolgskriterium für die GSVP überhaupt. Da nicht alle EU-Mitgliedsstaaten zeitgleich zu diesen politisch weitreichenden Schritten einer vertieften Verteidigungszusammenarbeit bereit sein werden, ist wohl das Voranschreiten einer willigen und fähigen Staatengruppe, die dabei jederzeit offen für neue Mitglieder bleibt, der Schlüssel für ein erfolgreiches Gelingen einer wirklich strategischen GSVP. Zur Klärung der offenen Fragen nach dem zukünfti Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2020 33
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