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Handelsverband Journal RETAIL 1/2018

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Handelsverband Journal RETAIL 1/2018

— storys Belohnung per

— storys Belohnung per Blockchain Loyalty. Die Blockchain-Technologie verheißt eine neue Ära in der Kundenbindung. Sie macht Bonusprogramme sowohl kostengünstiger als auch kundenfreundlicher. Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie gehen eine beliebige Einkaufsstraße in Österreich entlang. Ihr Smartphone summt. Sie ziehen es aus der Tasche und sehen, dass Ihnen das Sportgeschäft, das Sie gerade passieren, 100 Punkte schenkt, wenn Sie es betreten. Gute Idee, denken Sie, schließlich wollten Sie ohnehin noch Joggingschuhe kaufen. Der Kauf der Schuhe bringt Ihnen weitere 250 Punkte. Anschließend legen Sie eine Kaffeepause im nahe gelegenen Gasthaus ein und zahlen dafür 30 Punkte. Wollen Sie das Gasthaus gleich via App bewerten? Dann werden Ihnen 15 Punkte gutgeschrieben. Abends buchen Sie endlich das langersehnte Wochenende in Venedig und können hier die restlichen Punkte einsetzen, die Sie bei der heutigen Shoppingtour verdient haben. Die Punkte, die Ihnen die Fluglinie gewährt, können Sie gleich für das Hotelzimmer verwenden. Ein Blick aufs Handy zeigt Ihnen jederzeit Ihren persönlichen Punktestand. Und wenn Sie tatsächlich einmal nicht wissen, wo Sie die Punkte loswerden sollen, tauschen Sie diese an einer Onlinebörse einfach gegen echte Euro. Nutzlose Bonusprogramme Zukunftsmusik? Absolut. Und doch arbeiten eine Reihe von Startups schon jetzt intensiv daran, die schöne neue Shoppingwelt schon bald Realität werden zu lassen. Der Handelsverband hat bereits Anfang 2017 auf das Potenzial einer Blockchain-basierten Loyalty-Lösung hingewiesen. „Im Rahmen unserer Startup-Partnerschaft und unserer Teilnahme am Mentoring-Programm von WeXelerate bieten wir jungen Gründern Unterstützung auf diesem Gebiet an“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Eines der im Rahmen des WeXelerate-Mentoring-Programms unterstützten Startups ist Loyalcraft. „Das große Problem bisheriger Kundenbindungsprogramme ist Folgendes“, sagt Simion Hurghis, Gründer des im 16. Wiener Gemeindebezirks beheimateten Startups: „Bonuspunkte lassen sich zwischen verschiedenen Unternehmen nicht tauschen und einlösen. Dadurch vernachlässigen viele Kunden ihre Bonusprogramme – was wiederum den Unternehmen schadet.“ Studien stützen diese Aussage. Dem „Bond Loyality Report“ zufolge, der regelmäßig Tausende US-Amerikaner und Kanadier befragt, nutzt überhaupt nur jeder Zweite seine Bonusprogramme regelmäßig, ein knappes Fünftel aller Befragten nutzt sie überhaupt nicht. Das heißt: Kundenbindungsprogramme führen in vielen Fällen eben nicht zur Kundenbindung. Für Unternehmen ist das aus zwei Gründen fatal. Erstens: Ein Kundenbindungsprogramm aufzusetzen ist enorm teuer. Zweitens: Wenn Bonusprogramme funktionieren, sind sie äußerst effektiv. Einen Neukunden zu gewinnen kostet in der Regel ein Vielfaches dessen, einen bestehenden Kunden einfach nur zu halten und zum Neukauf zu bewegen. So gut wie echtes Geld Kundenbindungsprogramme von morgen sind daher anders aufgebaut. Kunden wollen nicht eine Vielzahl von verschiedenen Karten verwalten und jederzeit mitschleppen müssen, um in den Genuss von Vorteilen zu kommen. Sie wollen jederzeit wissen, wie hoch ihr aktuelles Guthaben ist. Und sie wollen es möglichst überall einsetzen können. Kurz: Sie fordern Einfachheit, Transparenz und Flexibilität. Um das zu erreichen, setzen aktuelle Startups im Bereich Kundenbindung auf die Blockchain-Technologie. Loyalcraft-Gründer Hurghis: „Mittels Blockchain schaffen wir ein Punktesystem, an dem die verschiedensten Unternehmen zu sehr geringen Kosten teilnehmen können – und das für Kunden nachvollziehbar und jederzeit einsetzbar ist.“ Vereinfacht gesagt funktioniert die Kundenbindung via Blockchain über eine digitale bzw. Kryptowährung. Wer bei den künftigen Loyalcraft-Händlern einkauft, wer ihre Produkte bewertet oder sie anderen über Social-Media-Kanäle empfiehlt, erhält sogenannte „Snugcoins“, die sich jederzeit per elektronischer Geldbörse auf dem Smartphone einsehen und nutzen lassen. Je größer das Loyalcraft-Netzwerk wird, desto flexibler lassen sich die Coins einsetzen. Und wer sie nicht für Warenvorteile einsetzen will, kann sie einfach an einer der vielen Onlinebörsen für Kryptowährungen in echtes Geld tauschen. Die Blockchain, nichts anderes als eine dezentrale Datenbank im Hintergrund, sorgt dafür, dass alle Prozesse transparent und kostengünstig ablaufen. Im Fall von Loyalcraft zahlt man pro aktivem Kunden beispielsweise nur neun Cent pro Monat. Ein vergleichbares Konzept verfolgt das niederländische Startup „Retailcoins“. Sein Ziel: den stationären Handel in Europa in einem einzigen Kundenbindungsprogramm zu vereinen. Im Gegensatz zu Loyalcraft verfügen die 16 — April 2018

— storys Fotos: Shutterstock/Antonio Guillem, Undrey, nd 3000, Sergey Novikov, fizkes, Dragana Gordic Shopping, Gastro, Reise oder doch Bargeld – die Blockchain macht Loyalty­Programme für Kunden transparenter, komfortabler und vielseitiger nutzbar. Niederländer bereits über eine funktionierende Blockchain und eine ganze Reihe Kunden, da das Unternehmen bereits vor über einem Jahr mit einer Smartphone-App begonnen hat und das entsprechende Punktesystem nun nur noch auf die Blockchain übertragen muss. Das Unternehmen bietet Händlern diese App in Form einer White- Label-Lösung an, die sich in wenigen Schritten an die Marken und Produkte der jeweiligen Händler anpassen lässt. Monatlich kostet das ab 50 Euro und damit einen Betrag, für den sich auch der kleinste Einzelhändler Kundenbindung leisten kann. Auch Rakuten setzt auf Blockchain Sollte man als österreichisches Handelsunternehmen also sein bestehendes Bonusprogramm einstellen und so bald wie möglich auf die Blockchain wechseln? „Händler sollten den Markt ganz genau beobachten“, empfiehlt Jonas Jünger, Blockchain-Experte bei der Unternehmensberatung EY (Ernst & Young). Entscheidend ist nämlich der Netzwerkeffekt: Je mehr Unternehmen beteiligt sind, desto attraktiver für die Kunden. Allerdings ist der Markt noch viel zu wenig ausgereift, als dass klar wäre, wer sich diesbezüglich durchsetzen könnte. Entscheidend sei außerdem die eigene Markenidentität, sagt Jünger: „Wer als innovatives Unternehmen und potenzieller Mitgestalter von Blockchain-Netzwerken wahrgenommen werden möchte, für den kann sich durchaus ein früher Einstieg lohnen.“ Das gilt auch für Handelsunternehmen, die bisher über gar kein Bonusprogramm verfügen. Schließlich sind die Kosten überschaubar. Wer als österreichischer Händler also früh dabei sein möchte, kann sich bei Loyalcraft melden. „Wir starten den Testbetrieb in wenigen Wochen“, verspricht Gründer Hurghis. Noch leichter ist der Einstieg für österreichische Händler, die ihre Waren auf dem Internet-Marktplatz Rakuten ver - kaufen. Anfang März gab der japanische Online-Riese bekannt, er wolle sein Kundenbindungsprogramm künftig ebenfalls mit einer eigenen Kryptowährung, den „Rakuten Coins“, verknüpfen. Zwar stehen weder ein Termin noch genaue Eckpunkte des Plans fest, aber wenn jetzt auch die Nummer drei im weltweiten Onlinehandel auf die Blockchain setzt, wird die schöne neue Shopping-Welt wohl viel früher Wirklichkeit als gedacht. ▪ Arndt Müller Snugcoins-Beta-Start Beim Private-Beta-Start von Loyalcrafts „Snugcoins“, der in wenigen Wochen stattfinden soll, können bis zu 30 Unternehmen teilnehmen. Weitere Informationen gibt es unter simion@loyalcraft.com April 2018 — 17

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