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retail 2017-02

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— storys Zu teuer, zu kompliziert Cross-Border-E-Commerce. Der europäische Digital Single Market nimmt nur langsam Gestalt an. Die EU will mehr Transparenz in der Logistikbranche schaffen. Internetshopping ist für viele Menschen längst zur täglichen Routine geworden. Einfach und bequem vom Sofa aus einkaufen, wer schätzt das nicht. Alles kein Problem und in wenigen Minuten erledigt, auch bei ausländischen Webshops. Die Lieferung erfolgt ebenso unkompliziert binnen weniger Tage. So easy wie für österreichische Konsumenten läuft das grenzüberschreitende Onlinegeschäft für die große Mehrheit der heimischen Händler nicht. „Die unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften sind für Einzelhändler nicht zu überblicken, und das liegt nicht primär an der Sprachbarriere. Wir brauchen in Europa dringend einheitliche Lösungen und Rechtssicherheit“, sagt Karin Saey, Leiterin Dorotheum Juwelier & Galerie. Der Dorotheum-Onlineshop liefert nur nach Österreich und Deutschland. Die erwähnten Wettbewerbshürden soll der europäische Digital Single Market (DSM) in naher Zukunft beseitigen. 35 Gesetzesvorschläge hat die EU-Kommission in den vergangenen Monaten zur Liberalisierung des grenzüberschreitenden E-Commerce vorgelegt. Regulierungsaufsicht für Paketdienste Ein zentraler Punkt im EU-Programm zur Ankurbelung des Onlinehandels sind Verbesserungen bei Lieferungen ins Ausland. „Vor allem kleine und mittelständische Händler können erst vom wachsenden Cross-Border-Geschäft profitieren, wenn die Versandservices den Wünschen der Kunden entsprechen. Häufig verhindern zu hohe Versandkosten, dass ein Kauf getätigt wird“, sagt Dieter Zillmann, Geschäftsführer von Hermes Logistik Österreich. Hermes, ein Unternehmen der Otto Group, sieht hier vor allem die nationalen Postgesellschaften am Zug. Kosten für den Versand eines kleinen Pakets ins EU-Ausland sind häufig bis zu fünfmal höher als Inlandstarife. Mit mehr Preistransparenz und strengerer Regulierungsaufsicht in der Paketbranche will die EU die Versandkosten künftig begrenzen. Dringenden Handlungsbedarf sehen Foto: shutterstock/Rawpixel.com (l.)/Talay (r.) 18 — Juni 2017

— storys die Wettbewerbshüter auch beim Zugang zu Transportdienstleistungen. Häufig ist die Wahlfreiheit am Logistikmarkt für die Händler beschränkt. „Einige Transportunternehmen schließen den Versand von Schmuck und Uhren explizit aus. Die verbleibenden Anbieter übernehmen wiederum keine Haftung für Wertgegenstände und das Versicherungsrisiko liegt voll bei uns“, sagt Saey. Die beschriebenen EU-Pläne für den verbesserten Infrastrukturzugang begrüßt Wolfgang Ehling, Prokurist der Helvetia Transport Versicherung, prinzipiell, sie greifen ihm aber zu kurz. „Kleine Versender benötigen zusätzlich kompetente Ansprechpartner vor Ort, mit denen sie in ihrer Sprache kommunizieren können. Dies ist besonders bei Reklamationen und Schadenbearbeitung wichtig“, sagt Ehling. Services, die große Logistikanbieter mit internationalem Netzwerk bieten können, regionale Zusteller häufig nicht. Umso wichtiger sei es, die Versicherung der Waren an das EU-weite Geschäft sowie alle Even tualitäten anzupassen. Geoblocking-Ende ist verfrüht Entscheidend für den Umsatz im Cross-Border-Verkauf sind die Lieferkonditionen der Handelsunternehmen. Wer im internationalen Wettbewerb Kunden gewinnen will, muss hinsichtlich Lieferzeiten und Zustellformen maximale Flexibilität beweisen. „Ein Franzose, der in einem österreichischen Webshop als einzige Lieferoption Haustürzustellung wählen kann, wird das österreichische Produkt in der Regel nicht bestellen“, sagt Zillmann. Auf große Skepsis in der Handelsbranche trifft die geplante Aufhebung des Geoblockings, das derzeit durch automatisierte Umleitung auf die länderspezifische Homepage einen günstigeren Einkauf in anderen EU-Ländern verhindert. Als fester Bestandteil des digitalen Binnenmarkts soll jeder Konsument in der Union fortan in jedem Onlineshop einkaufen können. Die De-facto-Vereinheitlichung der Preise kommt in einem System mit unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen, Logistikkosten und Abgaben aber verfrüht und könnte das Web-Engagement des Handels dämpfen. „Ich sehe nicht, wie dies das Onlinegeschäft der breiten Masse beleben soll. Die internationalen E-Commerce-Anbieter werden davon profitieren“, sagt Ehling. Noch ist Zeit, die EU-Vorschläge zu diskutieren. Die Verordnungen liegen derzeit im EU-Parlament und im Rat zur Begutachtung. ▪ Christiane Kaiser-Neubauer Einkauf mit Grenzen Trotz freiem Warenverkehr verteidigt die Industrie nationale Vertriebskanäle und versperrt Händlern den Weg zu günstigeren Einkaufspreisen in der EU. Schnäppchenjagd ist nicht nur für Konsumenten eine überzeugende Einkaufsphilosophie. Auch Handelsunternehmen sind dem Konzept nicht abgeneigt, wenn sie bei der Industrie auf Shoppingtour gehen. Der freie Warenverkehr der EU verbietet Einkaufsbeschränkungen und gibt Händlern damit Zugang zu ausländischen Beschaffungsmärkten. „Die Preise für Markenartikel sind in Deutschland mindestens zwanzig Prozent günstiger. Die Industrie aber scheut Parallelimporte des Handels nach Österreich“, sagt Rudolf Trettenbrein, Österreich-Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Inverto. Besonders groß ist die Marktmacht multinationaler Konzerne, die weite Teile der Regalflächen im Lebensmittel- und Drogeriehandel füllen. Die Preise der Markenartikel orientieren sich nicht nur am Durchschnittseinkommen des jeweiligen Landes, sondern neben zahleichen anderen Faktoren in der Wertschöpfungskette auch an der Konkurrenzsituation in der Produktgruppe. Kurioserweise kann ein Markenartikel somit in Rumänien teurer sein als in Österreich. Standards würden helfen Ein zentraler Einkauf mit anschließender Lieferung in das länderübergreifende Filialnetz zahlt sich nur für finanzstarke Konzerne aus. Mehrkosten durch Umetikettierung der Ware sind nur auf Augenhöhe mit der Industrie zu stemmen. Liegen nationale Gesetze zu Grenzwerten und Kennzeichnung von Inhalten vor, sind Händler an die für Österreich hergestellten Produkte gebunden. „Einheitliche Standards in der EU würden Abhilfe schaffen“, sagt Trettenbrein. Andererseits erfolgt auch eine Differenzierung des identen Produkts für den jeweiligen Markt durch Produktdesign und Geschmacksstoffe. Aktuelles Beispiel für das Kräfteringen von Handel und Industrie: der Lieferstreit zwischen Edeka und dem US-Riesen Mars in Deutschland. Einige Produkte des Herstellers von Snickers, Whiskas oder Uncle Ben’s hat Edeka bereits ausgelistet. Juni 2017 — 19

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