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RETAIL 03/2020

Zeitschrift RETAIL Ausgabe 3/2020 vom österreichischen Handelsverband

GRUNDSATZFRAGE WIE

GRUNDSATZFRAGE WIE WICHTIG IST DER STATIONÄRE HANDEL HEUTE UND IN ZUKUNFT? Vinzenz Kastner ist als Senior Manager Country Lead Retail Öster reich beim Beratungsunternehmen Accenture tätig. Sein Spezialgebiet: Stationärer Einzelhandel und Omnichannel-Retail. Was sind die Lehren aus Corona? Das ist die derzeit wahrscheinlich am häufigsten gestellte Frage – in den Medien, im Business, im privaten Umfeld. Der Handel spiegelt die generelle Ambivalenz der Antworten auf diese Frage wider. Einerseits gehören Amazon & Co. zu den großen Gewinnern der Krise. Sie wissen, wie Onlinehandel geht, sind etabliert und waren „offen“ als alle „geschlossen“ hatten. Andererseits hat uns Corona gezeigt, wie wichtig der zwischenmenschliche Kontakt ist. Der stationäre Handel war immer, ist heute und wird weiterhin Teil unserer Gesellschaft sein – ebenso wie Wirtshäuser, Bars und Theater. Im Vergleich zum Onlinehandel findet im stationären Handel zwischenmenschlicher Kontakt viel intensiver statt. Wir Menschen sind soziale Wesen und deswegen hat der stationäre Handel auch in Zukunft seine Relevanz. Es gibt nicht eine Wahrheit und ein Erfolgsrezept. Es wäre falsch zu sagen: Online only. Ebenso falsch wäre es zu behaupten, dass sich die Unternehmer im stationären Handel zurücklehnen können und die Digitalisierung getrost ignorieren dürfen. Es geht zudem nicht nur darum, neue Modelle zu suchen, sondern insbesondere bestehende Modelle zu perfektionieren. Ein bereits überstrapazierter Begriff, aber dennoch das ideale Modell heißt Omnichannel. Unsere sich zunehmend digitalisierende Gesellschaft verlangt nach agilen und punktgenauen Lösungen. Wenn sich der stationäre Handel auf die Kundinnen und Kunden fokussiert und auf deren Bedürfnisse gezielt eingeht, dann funktionieren flexible Modelle. Smartphones machen den Zugang zu Produkten in Echtzeit » Corona hat die aktuelle Entwicklung, den Aufstieg des Onlinehandels, extrem beschleunigt. Es ist aber nicht nur die Krise, die den Handel vor neue Herausforderungen stellt, es sind die Bedürfnisse und die Nach fra ge der Kunden. « Vinzenz Kastner Retail Lead bei Accenture Österreich ZUR PERSON Vinzenz Kastner ist Retail Lead bei Accenture Österreich. Er verfügt über mehrjährige Expertise im stationären Einzelhandel sowie im Omnichannel-Retail. möglich, mittels Social Media lassen sich Shopping-Erfahrungen vielfach teilen. Dabei gilt es, nicht jedem Trend nachzujagen. Nur weil etwas der Marktbegleiter um die Ecke gerade praktiziert, heißt das nicht, dass es für mich das Passende ist. Es geht darum, genau das Modell zu wählen oder zu entwickeln, das zum eigenen Laden und zum eigenen Geschäftsmodell passt. Und das wiederum gelingt nur dem, der seine Kunden genau kennt. „Know your customer!“ ist daher ein gutes flexibles Modell. Ähnlich wie im Meer gibt es im Handel große wie kleine Fische, die alle koexistieren. Haie haben dabei die gleiche Existenzberechtigung wie Makrelenschwärme. Es geht darum, wer passt sich am besten an den Markt an? Den Erfolg bestimmt die Gesellschaft, also die Kunden. Amazon hat den Onlinehandel perfektioniert und salonfähig gemacht. Dass dieses Unternehmen damit viel Geld verdient, ist daher völlig legitim. Es müssen allerdings gerechte Spielregeln für alle gelten. Eine der Herausforderungen ist hier das Thema steuerliche Wettbewerbsgerechtigkeit im Onlinehandel. Verantwortung bedeutet nicht, permanent neue Regeln zu erfinden, um Gerechtigkeit herzustellen. Es genügt, faire bestehende Regeln – basierend auf gesundem Menschenverstand, nicht juristischen Spitzfindigkeiten – für alle umzusetzen. Gute Change-Manager unterstützen in der Kommunikation und Vermittlung der unterschiedlichen Interessen. Der Handel ist damit zudem Sache der Politik. Der Staat hat ohne Frage viel für den stationären Handel in Österreich getan. Optimierungspotenzial gibt es allerdings ebenso. Denn man darf auch nicht vergessen, dass der Handel nach der Industrie der zweitgrößte Arbeitgeber des Landes ist. Politik und Handel müssen intensiv zusammenarbeiten und einen engen Austausch pflegen. Es gibt Herausforderungen, für die der Handel die Politik braucht – zum Beispiel beim Demonstrationsrecht am Samstag auf der Wiener Ringstraße oder bei flexibleren Sonntagsöffnungszeiten. Der permanente Wandel ist omnipräsent. Corona hat die aktuelle Entwicklung, den Aufstieg des Onlinehandels, extrem beschleunigt. Es ist aber nicht die Krise, die den Handel vor neue Herausforderungen stellt, es sind die Bedürfnisse und die Nachfrage der Kunden. So gibt es auch im stationären Handel Covid-19-Gewinner und -Verlierer. Die stationären Händler, die sich am raschesten auf Kundenbedürfnisse einstellen können, haben am besten daraus gelernt. Worauf sollte der stationäre Handel daher in Zukunft achten? Auf den Kunden! Nach dem Motto „Know your customer!“. Foto / Accenture | Martina Draper 42 / Q3/2020

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