ZUKUNFT Concept Store. Der Tchibo Concept Store in den Klagenfurter City Arkaden zeigt, wie das Store Design im Unternehmen künftig aussehen wird. tionären Handel geht es dabei um den Weg, den man durch das Geschäft geht. Bei Tchibo ändert sich das Sortiment wöchentlich. Insgesamt 52 Themenwochen erwarten die Kunden im Jahr. Das Store Design wechselt ständig. Geschäftsführer Harald J. Mayer betont, dass sich auch die Produktpräsentation verändert habe: „Seit Mitte April verzichtet Tchibo bei Textilien auf die Kunststoffverpackung. Bereits zu Jahresanfang wurden alle Nicht-Textilprodukte von der Kunststoffverpackung befreit. Bei beiden Produktgruppen reduzierten wir zudem auch den Kartonanteil weiter, hier verfolgen wir das Ziel, so wenig Material wie möglich zu verwenden und dieses recyclingfähig zu gestalten. Die zunehmend unverpackte Produktpräsentation unterstützt auch das positive Einkaufserlebnis mit allen Sinnen in den Tchibo-Filialen: Produkte zum Angreifen beziehungsweise zum Anprobieren in unseren Umkleiden vor Ort, das Geräusch der Kaffeemühlen und ein angenehmer Duft nach Kaffee.“ Als Best-Practice-Beispiel für Store Design nennen die Experten der Werkstatt Lichtenthal übrigens Apple: „Das Erlebnis startet online auf der Website und setzt sich über den Webshop, Verpackung, Store » Wir sind fest davon überzeugt, dass die Verzahnung von digital und analog der richtige Weg ist, um den Aufschwung des stationären Handels anzukurbeln. « Harald J. Mayer Tchibo und Co. fort.“ Es sei die „maßgeschneiderte Nutzererfahrung“, die Retailer kreieren müssen. „In der Bekleidungsbranche entwickelt sich diese Kundenreise in Richtung persönliche Stylisten, die Vorschläge machen, entweder anhand von Fragen, die man vorab beantwortet – zum Beispiel bei Zalando –, oder gar durch persönliche Gespräche und Echtzeitberatung via Videochat – beispielsweise bei Topman“, erklären die Experten. DER STORE DER ZUKUNFT Werden nun Regale durch Touchscreens ersetzt? Oder bezahlen wir schon bald gar nicht mehr im stationären Handel? Und können so Leerstände in den Stadtzentren vermieden werden? „Bis 2030 wird sich im Bereich Omnichannel-Marketing noch einiges tun. Bis dahin werden mehr Unternehmen erkennen, dass Kunden zwar digital abgeholt werden können und müssen, aber letztlich trotzdem noch das Bauchgefühl entscheidet, wo sie einkaufen. Wer Kunden am besten umgarnt und wer sich die Mühe macht, diese umfassend zu erobern, wird über verschiedene Kanäle verkaufen“, so Sehnoutek und Windisch-Hlinomaz weiter. Fotos / Tchibo 40 / Q3/2020
TICKER Illustrationen / Freepik ANDERS ALS DIE ANDEREN Mit welchen Services können sich Händler langfristig vom Mitbewerb abheben? Was sind die Differenzierungsstrategien bei der Shopping-Experience von morgen? Fünf Ansätze, die den Unterschied machen könnten. 1. CLICK & COLLECT Die Corona-Krise beflügelt die Entwicklung neuer, kreativer Konzepte für kontaktloses Shopping. Neben dem klassischen Lieferservice hat das Click-&- Collect-Modell weltweit an Beliebtheit gewonnen. In den USA und in Kanada hat sich während des Lockdowns ein Drive-in-Modell etabliert: Bei 1.500 Filialen des Discounters Target können Kunden Waren online bestellen und sie auf einem Parkplatz abholen. In der größten Shoppingmall von Botucato im brasilianischen Bundesstaat São Paulo fahren die Kunden sogar mit dem Auto durchs Einkaufszentrum, um vorbestellte Artikel entgegenzunehmen. 2. INTELLIGENTE PLATZIERUNG Der Kunde hat immer weniger Zeit und Muße, um nach Produkten zu suchen. Warum also nicht die Waren zum Kunden bringen? Mark Winkler, Experte für Smart Spaces & Digital Ecosystems bei Kapsch, arbeitet derzeit an intelligenten Kästen, die Produkte rund um die Uhr direkt in Büros oder anderen Umgebungen verfügbar machen. Die Kästen erkennen automatisch, wann Vorräte zur Neige gehen und bestellen Nachschub. Eine andere Variante der intelligenten Produktplatzierung hat SanLucar gemeinsam mit dem Digitalisierungsexperten Barcotec für den Lebensmittelhandel entwickelt: Der „intelligente Kühlschrank“ erkennt, wann Ware eingelegt und entnommen wird und hat auch deren Haltbarkeit im Blick. Er wird damit zum autarken Verkaufsstand, der die Lebensmittelverschwendung verringert und optimale Frische garantiert. Hundert Stück sind bereits in Österreich im Einsatz. 3. VORSPRUNG DANK DATEN „Wichtiger, als das Produkt funkelnd darzustellen, ist es oft, einen Schritt zurückzutreten und das Einkaufsverhalten zu erforschen“, erklärt Winkler. „Zwar gibt es Grundsätze für den Ladenbau, doch kein allgemeingültiges Erfolgsrezept für die perfekte Produktplatzierung“, weiß der Experte. Sensoren können heute bereits aufzeichnen, wie sich die Menschen im Store bewegen. Daraus lässt sich schließen, warum die Kunden wann wo stehen, eine Abkürzung nehmen oder etwas kaufen. Diese Daten können wertvolles Wissen für die Shopgestaltung generieren. 4. CONVENIENCE IM STORE In Zukunft hätten jene Händler die Nase vorn, die ihren Kunden ein bequemes Einkaufserlebnis bieten, ist Winkler überzeugt. Seine Vision für das Kleidungsgeschäft von morgen: Die Kunden gehen mit Freunden auf ein Getränk und lassen sich nebenbei neu einkleiden. Mittels eines 3-D-Scans beim Eingang werden Merkmale wie Größe, Stil und Augenfarbe erhoben. Auf dieser Basis machen Verkäufer den Kunden persönliche Stylingvorschläge. Auch digitale Spiegel, die den Kunden mithilfe künstlicher Intelligenz ein Produkt in anderen Farbvarianten oder mit Accessoires präsentieren, können das Shoppen komfortabler machen. 5. HEUTE WIE MORGEN Der erste Eindruck zählt: Wo steht der Kunde und wie kann ich ihn abholen? Diese grundsätzliche Frage sollten sich Händler laut Tanja Windisch-Hlinomaz von der Agentur Werkstatt Lichtenthal zuerst stellen, wenn es um Design und Service geht. Die Herausforderung liege darin, den ersten Eindruck zu optimieren, ohne marktschreierisch zu sein. „Wo sich der Kunde wohlfühlt, kauft er gerne ein. Neben einem angenehmen Ambiente braucht es dazu auch authentische Verkäufer, die Spaß am Produkt und an der Dienstleistung haben“, erklärt Windisch-Hlinomaz. Dieses Prinzip gelte auch für Social Media, Website, Büros. Die Expertin ist überzeugt: Auch in Zukunft wird es entscheidend sein, was der Kunde als Erstes sieht und empfindet. / Q3/2020 41
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