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RETAIL 03/2020

Zeitschrift RETAIL Ausgabe 3/2020 vom österreichischen Handelsverband

AKTUELL

AKTUELL LEBENSMITTELABFÄLLE: WENN BROT, OBST UND GEMÜSE IM MÜLL LANDEN Jährlich wandern Tonnen von einwandfrei genießbaren Lebensmitteln in den Müll. Vor allem bei Brot und Gebäck sind sowohl Produzenten als auch Konsumenten gefordert, um die Verschwendung zu vermindern. Zu viel gekauft, nicht aufgegessen oder im Supermarktregal liegen geblieben – es gibt viele Gründe, wo und warum Lebensmittelabfälle entstehen. Manche Lebensmittel schaffen es nicht einmal vom Feld bis in den Handel – etwa weil sie zu klein sind. Weltweit wird rund ein Drittel der produzierten Lebensmittel weggeworfen. In Europa betragen die Verluste jährlich zwischen 280 und 300 Kilogramm pro Person. Die Gründe reichen von einer mangelnden Abstimmung in der Wertschöpfungskette bis hin zu einer verfehlten Einkaufsplanung und übertriebener Vorsicht bei Haltbarkeitsdaten. WAS SIND LEBENSMITTELABFÄLLE? Per Definition bezeichnet man als Lebensmittelabfälle alles, was für den menschlichen Verzehr produziert, jedoch nicht Nicht perfekt genug? Kruste gerissen, zu rund geworden oder nicht richtig aufgegangen – auch sogenannte „Brotfehler“, die in den Bäckereien passieren, führen zur Verschwendung wertvoller Lebensmittel. » Weltweit wird rund ein Drittel der produzierten Lebensmittel weggeworfen. In Europa betragen die Verluste jährlich zwischen 280 und 300 Kilogramm pro Person. Die Gründe reichen von einer mangelnden Abstimmung in der Wertschöpfungskette bis hin zu einer verfehlten Einkaufsplanung und übertriebener Vorsicht bei Haltbarkeitsdaten. « gegessen wurde. Dazu zählen allerdings auch nicht essbare Teile wie Schalen oder Knochen. Außerdem wird zwischen vermeidbaren, teilweise vermeidbaren und nicht vermeidbaren Lebensmittelabfällen unterschieden. Die beiden letztgenannten entfallen beispielsweise auf Essensreste, die auf Tellern zurückbleiben, oder eben auf nicht essbare Teile, die teilweise schon bei der Zubereitung entfernt werden. Ein genauerer Blick lohnt sich auf die vermeidbaren Abfälle. Damit sind alle Lebensmittel gemeint, die zum Zeitpunkt der Entsorgung noch einwandfrei genießbar wären, aber aus bestimmten Gründen weggeworfen werden. Mit 57,4 Prozent fällt der größte Teil der vermeidbaren Lebensmittelbfälle in privaten Haushalten an, gefolgt von Gasthäusern und Großküchen (19,3 Prozent), Supermärkten und dem Großhandel (9,9 Prozent) und natürlich der Produktion (13,4 Prozent). BROT: AUS ALT WIRD NEU Brot ist eines jener Lebensmittel, das am häufigsten im Müll landet. Allein in Bäckereien werden jährlich rund 51.700 Tonnen Brot und Gebäck verschwendet. Ein besonderes Problem stellt die sogenannte „freie Retourware“ dar. Dabei handelt es sich um tiefgekühlte Teiglinge, die erst in den Supermärkten aufgebacken werden. Nicht verkaufte Ware kann an die Bäckereien zurückgeschickt werden. Letztere versuchen dann, das Brot zu verwerten. Hartes Brot beispielsweise kann in Rezepturen eingebaut werden – aus altem Brot kann also neues Brot werden. Das bringt sogar zwei entscheidende Vorteile mit sich: Altes und trockenes Brot nimmt mehr Wasser auf und macht den Teig saftig und länger haltbar. Zudem besitzt bereits einmal gebackenes Brot Röstaromen, die das neue Brot durchaus bereichern. Dieses „Rework“ muss übrigens nicht deklariert werden, wenn es sich um die gleiche Sorte von Brot handelt. Letztendlich spielt aber auch unser Konsumverhalten eine Rolle, denn wenn wir erwarten oder sogar fordern, dass kurz vor Ladenschluss die Brotregale noch voll gefüllt sind, dann wird sich ein Filialleiter schwertun, etwas zu ändern. Land schafft Leben stellt das Thema Lebensmittelverschwendung ausführlich und leicht verständlich auf seiner Webseite www.landschafftleben.at unter der Rubrik „Hintergründe“ dar. Foto / Unsplash 20 / Q3/2020

AKTUELL RESILIENZ STECKT IN IHREN GENEN In der Corona-Wirtschaftskrise brilliert der Lebensmittelhandel mit seiner genetisch verankerten Resilienz. Retailer aus diversen Non-Food-Branchen, die unter den Folgen von Covid-19 massiver leiden, sind gefordert, die Resilienz ihrer Unternehmen zu stärken. Vor allem durch einen Digitalisierungsschub. Ein Gastbeitrag von Hanspeter Madlberger Foto / Simon Jappel Resilienz – bloß ein Modebegriff oder doch ein realitätsnaher Strategieansatz zur besseren Bewältigung der Corona- Wirtschaftskrise? Der Fachausdruck stammt aus der Medizin, steht für die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegenüber Krankheiten und anderen Belastungen und für die Fähigkeit, dank rascher Anpassung gestärkt aus solchen Krisen hervorzugehen. Das Prinzip der Resilienz machte Karriere in der Welt der Wissenschaften, ist heute in der Physik, der Soziologie, der Ökologie und der Ökonomie Fixbestandteil der Lehrgebäude. Das renommierte Fraunhofer-Institut in Deutschland beschäftigt sich mit der Frage, wie in Politik und Gesellschaft systematische Resilienz gefördert und entsprechende Transformationsprozesse beschleunigt werden können. Fraunhofer-Forscher Florian Roth präsentiert dazu einen interessanten Ansatz: Resilienz bedeute nicht zwangsläufig die Rückkehr in den Systemzustand vor dem Corona-Schock, sondern schließe auch den Aufbruch zu neuen, insbesondere nachhaltigen Umweltstrategien mit ein. Der Störfall Covid-19, ein disruptives Ereignis historischen Ausmaßes, schreit förmlich nach optimaler Nutzung der Resilienz-Potentiale. Speziell in der Ernährungswirtschaft. Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, ZUR PERSON Hanspeter Madlberger, Doktor der Handelswissenschaften, ist seit über 40 Jahren Wirtschaftsjournalist. Seit er sich von seinem Berufsalltag als Chef eines kleinen Fachverlages verabschiedet hat, arbeitet der nunmehrige (Halb-) Pensionist als freischaffender Publizist. schreibt darüber im Vorwort zum jüngst erschienenen Food Report von Ernährungsforscherin Hanni Rützler: „Während die Gastronomie in vielen Fällen ums Überleben kämpft und mit alternativen, experimentierfreudigen Konzepten der Krise trotzt, können der Lebensmitteleinzelhandel und die Lebensmittelindustrie stabile Gewinne erzielen. Die Menschen … brauchen mehr Lebensmittel zuhause und bereiten sich ihre Mahlzeiten und Snacks selbst zu. Kaum verwunderlich, dass sich der Umsatz im LEH positiv entwickelt.“ ZUKUNFTSVISION: DER RESILIENTE STAAT In der Wirtschaftspolitik tritt das Resilienzdogma an die Stelle des Wachstumsdogmas. Andreas Reckwitz, Professor für Soziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin sagt im Interview mit der „Zeit“ vom 13. August: „Seit den 1980er-Jahren wurde der Wettbewerbsstaat eines Dynamisierungsliberalismus stark gemacht. Aber nun ergeben sich Umrisse eines resilienten Staates, dem es darum geht, Risiken für die Gesellschaft abzumildern, gesundheitliche oder ökologische etwa.“ Die Auswirkungen auf die Budgetpolitik, von den CO 2 -Steuern bis zur Corona-Hilfe für jene, die in die Nachhaltigkeit investieren, sind beträchtlich. Österreichs Lebensmittelhandel, ihrem wirkmächtigsten Kommunikator und Marketing-Taktgeber der Food-Economy in Richtung Konsumenten, ist in der Resilienz-Denke felsenfest verankert. Aus mehreren Gründen: / Q3/2020 21

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