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RETAIL 01/2021

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RETAIL MAGAZIN 01/2021

AKTUELL staaten

AKTUELL staaten entziehen sich beispielsweise weitgehend gewissen Steuern und Abgaben. Schlupflöcher ermöglichen es globalen Unternehmen wie Facebook oder Amazon, Umsätze weltweit zu verschieben und Gewinne vor allem in Ländern mit besonders niedrigen Steuern zu deklarieren. Ein weiteres Steuerschlupfloch stellen die Mehrwertsteuergrenzen für Pakete dar, die aus Drittstaaten nach Europa versandt werden. Bis zu einem Betrag von 22 Euro wird die Mehrwertsteuer bei Paketen von außerhalb der EU nicht nachgefordert. „Neben den Gewinnsteuern führt der jahrelange kriminelle Mehrwertsteuerbetrug von Drittstaatenhändlern dazu, dass uns pro Jahr Millionen an Steuereinnahmen entgehen und die österreichischen Konsumenten noch dazu mit falsch deklarierten Fake-Produkten geflutet werden“, sagt Rainer Will. Entwicklung STEIGENDE MARKT- KONZENTRATION • Die zehn größten Webshops erwirtschaften gemeinsam fast die Hälfte des gesamten österreichischen Onlineshopping-Umsatzes. Marktführer Amazon kommt auf ein Viertel. • Amazon macht in Österreich jährlich über 850 Millionen Euro Umsatz. Im Jahr 2019 hat Amazon von den EU-Staaten dennoch eine Steuergutschrift in Höhe von 300 Millionen Euro erhalten. • Durch die Corona-Krise ist der Onlinehandel dieses Jahr rasant gewachsen. Amazon konnte seinen Umsatz in Österreich 2020 um mehr als 30 Prozent steigern. DIGITALISIERTES PREKARIAT Die Gewerkschaft GPA sieht unterdessen hunderttausende Arbeitsplätze im stationären Handel durch unfaire Wettbewerbsbedingungen zugunsten der Konkurrenz online akut gefährdet. Jobs, die durch den Onlineboom vor allem in der Zustellbranche neu entstehen, sind der Erfahrung der Gewerkschaft nach besonders prekär: „Es darf nicht sein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich in Leasingverträge oder in die Scheinselbständigkeit gedrängt werden“, mahnt die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, Barbara Teiber. Zu ihren Forderungen zählt neben der konsequenten Prüfung arbeitsrechtlicher Standards bei Onlinekonzernen eine gesetzliche Obergrenze für den Anteil an überlassenen Arbeitskräften im Unternehmen auf maximal 50 Prozent. WEGWERF-WAHNSINN Zweischneidig. Amazon hat sich zu einem übermächtigen Konkurrenten entwickelt, bietet Händlern aber auch viele Möglichkeiten. Die dritte Organisation im Bunde für faire Bedingungen im Handel ist die Umweltschutz-NGO Greenpeace. „Jedes Jahr werden in Österreich mindestens 1,3 Millionen zurückgeschickte Pakete vernichtet. Gerade Amazon entsorgt einwandfreie zurückgesandte Neuware und treibt damit den Wegwerf-Wahnsinn auf die Spitze“, argumentiert Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa. Bereits 2019 hat Greenpeace aufgedeckt, dass Amazon systematisch Retouren und Neuware aus Lagern zerstört, statt sie weiterzugeben. Neben der gerechten Besteuerung und der Durchsetzung arbeitsrechtlicher Auflagen fordert die Initiative daher auch eine Stärkung der lokalen Kreislaufwirtschaft. Dafür sollen künftig Aktivitäten, die Wiederverwendung und Reparaturen begünstigen, besser gefördert werden. Neben speziellen Organisationen können aus Sicht des Handelsverbands dabei Einzelhändler eine wichtige Rolle spielen. Der Umweltschutz spielt hinsichtlich des Ungleichgewichts im Handel noch Fotos / iStock, European Commission/Lukasz Kobus 8 / Q1/2021

Ungleichgewicht. Heimische Onlineshops haben es im Wettbewerb mit globalen Internetkonzernen aufgrund der ungleichen Ausgangslage schwer. an einer weiteren Stelle eine wichtige Rolle. Denn heimische Händler bezahlen beim Kauf von Verpackungsmaterial seine Entsorgung gleich mit. Die Entsorgungskosten für Verpackungsmaterial von Paketen aus Drittstaaten werden hingegen vielfach von niemandem übernommen. Der Verpackungsmüll, der auf diesem Weg ins Land kommt, belastet damit das heimische Wertstoffsystem. Die Allianz für faire Bedingungen im Handel fordert daher eine entsprechende Plattformhaftung. „Eine solche könnte sicherstellen, dass Onlineriesen für ihre Verpackungen eine Abgabe bezahlen müssen“, erklärt Egit von Greenpeace. VERÄNDERUNG STATT SÜNDENBOCK Amazon wird vonseiten des Handelsverbands keineswegs nur als „Bösewicht“ gesehen. Als Plattform und Partner für heimische Unternehmen biete der Internetgigant spannende Möglichkeiten, räumt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will ein. Die Kritik greife vielmehr die unzureichende Regulierung und strukturelle Missstände an und » Das Signal aus den USA ist ein großer Schritt vorwärts und ebnet den Weg für eine Einigung. Wir hoffen auf eine politische Einigung bis Juni. « Paolo Gentiloni EU-Wirtschaftskommissar betreffe ebenso andere, weit weniger prominente Branchenvertreter. Vor allem Unternehmen aus Fernost seien in der Vergangenheit negativ aufgefallen: „97 Prozent aller chinesischen Pakete kommen falsch deklariert nach Europa“, sagt Will. Zu den Verlierern der aktuellen Zustände im weltweiten Onlinehandel zählen nicht zuletzt die Konsumentinnen und Konsumenten. Denn viele Händler aus dem asiatischen Raum halten sich beispielsweise nicht an die EU-Vorschriften und die erforderliche Produktkennzeichnung und gefährden damit die Sicherheit der Käuferinnen und Käufer. Dagegen und gegen großangelegte Produktpiraterie konnte zuletzt ein bemerkenswerter Erfolg erzielt werden. ETAPPENZIELE UND ERSTE ERFOLGE Im März hat der chinesische Onlinemarktplatz AliExpress der EU-Kommission zugesagt, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltendem EU- Recht anzupassen und die europäischen Verbraucherrechte künftig einhalten zu wollen. Der Handelsverband hatte / Q1/2021 9

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