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RETAIL 01/2020

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— serie Ceský,

— serie Ceský, Magyarul oder Polski? Serie – Teil 6: Osteuropa Onlinehandel mit Mittel- und Osteuropa. Unsere CEE- Nachbarländer sind auch in puncto E-Commerce ein naheliegender Markt für heimische Unternehmen. Aber wird er ausreichend bearbeitet? Und lohnt es sich überhaupt? Ein Rundruf bei Firmen, die Webshops vor Ort betreiben. E-Commerce könnte so einfach sein: Man würde bloß seinen Onlineshop auf Englisch ins Netz stellen, und die ganze Welt wäre Kunde. Wenn da nicht die verflixten anderen Sprachen wären. Wie viele sind es im CEE-Raum (Mittel- und Osteuropa)? Auf jeden Fall ziemlich viele. Jene heimischen Unternehmen, die sich mit ihren Online-Aktivitäten nicht ohnehin auf den hiesigen Markt beschränken beziehungsweise die beiden anderen DACH-Länder noch mitbetreuen, leisten sich eventuell noch einen englisch sprachigen Onlineshop. Womit sie zumindest sprachlich die zwei umsatzstärksten Märkte für E-Commerce in Europa, nämlich Großbritannien und Deutschland, abgedeckt haben. Aber Ungarisch, Tschechisch, Slowakisch und so weiter? Schwierig. Muss man wollen. Jedes dieser teils recht kleinen Länder hat seine eigene Sprache, in der der Webshop tunlichst gehalten sein sollte. Andererseits sind es unsere Nachbarn, das heißt, sie sind uns nicht nur kulturell und historisch nahe, sondern auch geographisch, was die Kommunikation, Transporte und Logistik erleichtern sollte. Die Konsumenten der CEE-Länder sind schließlich ebenso auf den Online Shopping-Zug aufgesprungen wie jene in Westeuropa – wenn auch die Kaufkraft generell noch geringer ist. Macht es also für österreichische Unternehmen Sinn, auch auf diesen Kanälen präsent zu sein? Darauf gibt es nicht die eine gültige Antwort – hier daher ein paar Stimmen von Firmen, die es bereits sind. Globale Online-Präsenz Der Vorarlberger Textilhersteller Wolford ist eines jener heimischen Unternehmen der Konsumgüter- bzw. Luxusindustrie, die auch international, und zwar sowohl stationär als auch online, Flagge zeigen. Wolford betreibt 25 Onlineshops weltweit. Acht davon liegen in den CEE-Ländern, aber nicht in allen gibt es auch Stores. Was ist die Strategie dahinter? Maresa Hoffmann, bei Wolford für die Unternehmens kommunikation zuständig: „Die Webshops sind für uns nicht ein komplementäres Geschäft zu den stationären Standorten, sondern folgen einer globalen Strategie der Online- Präsenz. Wir fokussieren bei der Internationalisierung auf wachstumsstarke E-Commerce-Märkte.“ In den osteuropäischen Märkten sieht Maresa Hoffmann ein markantes Potenzial, insbesondere in Polen und Tschechien: „Beide zeigen ein deutlich gesteigertes Markenbewusstsein für Premium-/Luxusmarken. Zugleich nimmt hier auch die Kaufkraft von Jahr zu Jahr zu. Polen und Tschechien bieten durch ein gut ausgebautes Logistiknetzwerk viele Chancen und relativ geringe Barrieren für den Markteintritt. Foto: Frey Wille Foto: Philipp Liparski Michael Rumerstorfer von Leder & Schuh: „Rechtliche Standardisierungen fast unmöglich.“ Friedrich Wille von Frey Wille: „Eine Marke ohne Online-Vertrieb ist nicht vorstellbar.“ Da die physische Komponente, sprich Boutiquen, fehlt, müssen jedoch höhere Ausgaben für Marketing bzw. Branding eingeplant werden.“ Roman Rauch, Wirtschaftsdelegierter in Prag, pflichtet in puncto Marktchancen bei: „Von der Anzahl der E-Shops her – über 40.000 – gehört Tschechien zu den Spitzenreitern in dieser Branche. Daher sehe ich das Potenzial von Newcomern in günstigen Preisen und sehr guten Liefer bedingungen.“ Sein Kollege Konstantin Bekos vom Warschauer Büro schätzt das Umfeld ebenfalls sehr günstig ein: „Polen ist ein Markt von annähernd 38 Millionen Menschen, der sich sozusagen um die Ecke befindet. Die Qualität der österreichischen Produkte ist in der Bevölkerung bekannt. Wer mit seinem E-Shop Erfolg haben will, muss ihn freilich auf Polnisch anbieten.“ „Tolle Wachstumskurven“ Das im steirischen Paldau beheimatete Unternehmen Niceshops entwickelt und betreibt aktuell 24 Onlineshops und wickelt auch die Logistik ab. Laut eigenen Angaben werden jährlich 960.000 Pakete vom Lager im nahegelegenen Feldbach versandt. 26 — März 2020

— serie Illustrationen: Shutterstock/RedKoala/Marfo Ein Online- und Logistik-Spezialist, der sich naturgemäß nicht auf den Heimatmarkt beschränken kann: „Wir betreiben zurzeit Webshops in 12 europäischen Sprachen plus Deutsch“, sagt Co-Geschäftsführer Christoph Schreiner, „darunter auch in osteuropäischen wie Ungarisch, Polnisch und Slowenisch.“ Die Onlineshops werden von einem Stab aus festangestellten Übersetzern ständig am Laufen gehalten und dank der lokalen Domains im jeweiligen Land als heimisch wahrgenommen. Ist der Aufwand nicht zu groß? „Es sind relativ kleine Märkte mit geringerer Kaufkraft als in Westeuropa – aber mit tollen Wachstumskurven. Wir sind überzeugt: Wenn der Webshop in der Landessprache gehalten ist und der Service stimmt, kann man auf diesen Märkten Erfolg haben!“ Auch Jürgen Schreder, Wirtschaftsdelegierter in Budapest, weist auf den hohen Stellenwert der Landessprache hin: „Deutsch und Englisch sind zwar bei den Generationen X und Y, die den Onlinehandel am intensivsten nutzen, bekannt. Dennoch gilt auch in Ungarn, dass Verbraucher vor allem auf Inhalte in der eigenen Sprache vertrauen.“ Online Pure Player Für das Schladminger Unternehmen Blue Tomato, das Produkte in den Bereichen Snowboard, Freeski, Skateboard, Surf und Streetstyle vertreibt, ist Online nur der eine Teil der Marktstrategie, der andere lautet „Brick and Mortar“, sprich, die aktuell 50 Stores in den DACH-Ländern sowie den Niederlanden und Finnland. „Unsere Fokusregionen sind jene, auf denen wir sowohl online als auch stationär, sprich omnichannel vertreten sind“, erklärt Vanessa Waldenhofer, Director für Marketing und Digital. „In den CEE-Ländern sind wir vorläufig lediglich als ,Online Pure Player‘ aktiv. Aber wir beobachten diese Märkte und wollen als weiteren Schritt die Kaufbarrieren durch Optimierung von Versand- und Zahlungsangebot abbauen. Unser Onlineshop für Slowenien, Tschechien und Polen steht bereits seit rund zehn Jahren in den Landessprachen zur Verfügung.“ Am stärksten im Visier ist Slowenien, dort ist Blue Tomato schon länger aktiv und dank der Nähe zum Heimatmarkt und zu den Shops in Villach, Graz und Klagenfurt als Marke bereits gut eingeführt. Jeder Markt ist speziell Humanic betreibt seine Webshops zusätzlich zu Deutsch und Englisch auch auf Tschechisch und Slowakisch. In diesen Ländern hat das Grazer Unternehmen auch Geschäfte. Michael Rumerstorfer, Vorstand der Leder & Schuh AG, räumt ein, dass das etwas aufwendig ist: „In diesen Ländern ist natürlich eine Übersetzungscrew im Einsatz, um die entsprechende Qualität zu gewährleisten. Ständige inhaltliche Updates sind im Lifestyle-Bereich obligatorisch!“ Prinzipiell sind die Voraussetzungen in den CEE-Ländern günstig, so Rumerstorfer: „Der E-Commerce ist in den CEE-Ländern dynamisch, die Konsumenten sind sehr mode- und markenaffin.“ Gibt es auch Schwierigkeiten beim E-Commerce? „Die größte Herausforderung stellen die Unterschiede in der E-Gesetzgebung, etwa bei den Impressumsvorschriften, dar. Das macht Standardisierungen fast unmöglich, weshalb jeder Markt sein spezielles Setup braucht.“ Kaufkanal und Infoquelle Das Schmuckunternehmen Frey Wille ist in den CEE-Ländern nicht nur stationär, sondern auch mit einer ganzen Armada an Webshops in der jeweiligen Landessprache vertreten. Lohnt sich das? CEO Friedrich Wille: „Ja, zunehmend. Die E-Commerce-Abteilung in unserem Headquarter in Wien stellt sicher, dass alles up-to-date ist. Wir arbeiten eng mit den zuständigen Personen der Länder zusammen, um Qualitätsstandards im Webshop sicherzustellen. Übersetzungen werden lokal vorbereitet und dem Headquarter zur Verfügung gestellt.“ Wille sieht den Onlinehandel in den CEE-Ländern stark wachsen und stellt zuweilen, so etwa im Baltikum und in Polen, eine extrem hohe digitale Affinität fest: „Eine Marke ohne Online-Vertrieb ist nicht mehr vorstellbar. Gerade für uns ist der Webshop ein immer stärker werdender Geschäftsbereich. Damit können wir Kunden ansprechen, die geographisch keinen Zugang zu unserem Boutiquen-Netzwerk haben. Speziell im Schmuckbereich ist es für die Kunden auch essenziell, vorab Informationen einholen zu können, sei dies zu Design, Preis oder Verfügbarkeit. Der Webshop ist dafür ein wertvolles Tool.“ ▪ Harald Sager März 2020 — 27

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