logistik-express.com H&D 4/25 | S34Weltlage undWirtschaftsschwächedrücken die heimischeEU-StimmungDie angespannte geopolitische Lage, eineschwächelnde Wirtschaft, hartnäckig hoheInflationsraten sowie die starke Präsenz europakritischerStimmen hinterlassen im heimischenEU-Meinungsbild ihre Spuren.Während die Europäische Uniondarum kämpft, sich zu behauptenund im Konzert der Mächtigenmitzuspielen, ist die Verunsicherunghierzulande groß und die Zuversichtbegrenzt. Im ÖGfE-Stimmungsbarometer vonSeptember sind 6 von 10 Befragten (61 Prozent)der Meinung, dass Österreich Mitglied der EUbleiben sollte, 29 Prozent sprechen sich für einenEU-Austritt aus, 11 Prozent sind sich in ihremUrteil unsicher oder geben keine Antwort. Damitverfestigt sich eine Tendenz steigenderEU-Skepsis, die lediglich rund um die Europawahlenim letzten Jahr unterbrochen wurde: Ineiner Blitzumfrage am Tag nach der Wahl, bei derdie FPÖ erstmals stärkste Kraft wurde, war dieZustimmung zur EU-Mitgliedschaft - kurzfristig- auf 76 Prozent gestiegen.„Im langfristigen Trend - 74 Umfragen seit 1995- liegt die Zahl der Befürworter:innen der heimischenEU-Mitgliedschaft bei durchschnittlich70 Prozent; die Zahl jener, die einen EU-Ausstiegpräferieren, bei 22 Prozent. Die höchste Zustimmungzur EU-Mitgliedschaft fand sich im Herbst1999 - mit 82 Prozent - in einer Periode positiverwirtschaftlicherEntwicklung sowie im Sommer2002, dem Jahr der physischen Einführung desEuro. Der stärkste Wunsch nach einem Austrittim Sommer 2008 - mit 33 Prozent - infolge desirischen Nein zum Vertrag von Lissabon und derdarauffolgenden innenpolitischen Diskussion inÖsterreich, sowie im Sommer 2015, als sich derFlüchtlingszustrom nach Europa bereits intensivierteund die EU auch von der Brexit-Entscheidungder Briten überrumpelt wurde“, analysiertSchmidt. „Die aktuell bescheidenen Zustimmungswertezur EU-Mitgliedschaft ähneln jenenvor zehn Jahren. Für eine Trendumkehr brauchtes jedenfalls eine stärkere Union, die in der Lageist, Wohlstand und Sicherheit zu gewährleistenund auf der Weltbühne ihre Handlungsfähigkeitunter Beweis stellt.“Die kürzlich zustande gekommene Zollvereinbarungzwischen den USA und der EU findet, vordiesem Hintergrund, keine mehrheitliche Zustimmungin Österreich. 54 Prozent halten dasÜbereinkommen für schlecht, weil dadurch dieeuropäische Wirtschaft zu stark belastet wird.Etwas mehr als ein Viertel der Befragten (27 Prozent)begrüßt es und ist der Meinung, dass somitein weiterer Handelskrieg abgewendet wurde.Ein Fünftel kann sich in dieser Frage nicht festlegen(19 Prozent).„Die Vereinbarung zwischen den USA und derEU, wonach auf die meisten EU-Exportprodukte,die in die Vereinigten Staaten gehen, ein Zollsatzvon 15 Prozent eingehoben wird, wird vielfachals einseitig und nicht nachhaltig kritisiert“, soSchmidt. „Das deckt sich mit dem heimischenMeinungsbild, das Unzufriedenheit mit dem abgeschlossenenDeal erkennen lässt.“Ob die Europäische Union das FreihandelsabkommenMERCOSUR mit den südamerikanischenStaaten Argentinien, Bolivien, Brasilien,Paraguay und Uruguay beschließen soll, darüberscheiden sich in Österreich die Geister. EinDrittel (35 Prozent) ist dafür, dass unser Landden Freihandelspakt absegnet, fast ebenso vieleBefragte (33 Prozent) äußern hingegen ihreAblehnung. Ein weiteres Drittel (31 Prozent)konnte sich hierzu noch keine Meinung bilden.„Das Thema Freihandel ist hierzulande traditionellumstritten und mit vielen Emotionen verbunden.Angesichts der handels- und geopolitischenEntwicklungen und der Aktualisierungdes MERCOSUR-Abkommens wäre es jedenfallssinnvoll, die Debatte wieder aufzunehmen, allerdingsmit einer Ausrichtung, die weniger auf Po-
larisierung und stärker auf Fakten setzen sollte“,meint Schmidt. „Bereits jetzt sind weltweit über40 Handelsabkommen der EU mit über 70 Ländernin Kraft. Eine weitere Diversifizierung derHandelsbeziehungen sowie die Vertiefung desBinnenmarktes wären in Zeiten des zunehmendenProtektionismus und der komplexen transatlantischenBeziehung sinnvoll und notwendig,reduzieren Abhängigkeiten und erhöhen dieResilienz der Union.“Auch was die europäische Unterstützung derUkraine in ihrem Kampf gegen den russischenAngriffskrieg betrifft, sind die Menschen in Österreichgeteilter Meinung. Insgesamt 46 Prozenthalten eine solche für „sehr“ oder „eher wichtig“(je 23 Prozent), fast ebenso viele – 43 Prozent –sehen die europäische Solidarität mit Kyjiw als„eher nicht“ (18 Prozent) oder „gar nicht wichtig“(25 Prozent) an. 10 Prozent der Befragten äußernsich nicht zu diesem Thema. Im Zeitverlauf seit2023 sind im heimischen Meinungsbild kaumVeränderungen zu erkennen.„Trotz internationaler Friedensbemühungenund des Drucks weiterer Sanktionen eskaliertRussland mit seinen Angriffen auf die Ukraine.Ein rasches Ende des Krieges rückt somit wiederin die Ferne. Das von Ambivalenz geprägteheimische Meinungsbild zur Haltung der EUspiegelt dabei gut die innenpolitische Debattewieder: Während die österreichische Bundesregierungin ihrer Rückdeckung für die Ukrainekeine Zweifel lässt, fordert die stärkste Oppositionsparteivehement, die Unterstützung fürKyjiw zurückzufahren. Was dabei jedoch fehlt,ist eine dringend notwendige sicherheitspolitischeAuseinandersetzung, wie Österreichseine militärisch neutrale Rolle in Zeitengrundlegender geopolitischer Veränderungenweiterentwickeln und definieren sollte. MehrMut und Offenheit wären hier jedenfalls gefragt“,meint Schmidt abschließend.(RED)Die Umfrage wurde von market von 5. bis9. September 2025 im Auftrag der ÖGfEdurchgeführt. Befragt wurden österreichweit1000 Personen online. Schwankungsbreite+/- 3,16 Prozent.
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