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LOGISTIK express Fachzeitschrift | 2019 Journal 4

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LOGISTIK express 4/2019 | S4 Das Problem mit der unliebsamen Macht und den Männern Egal, wohin man blickt, es kracht. Der Amazonas brennt, das Wirtschaftswachstum flaut ab, Rohstoffe werden teils rar, die EU zerfällt und vom Weltfrieden sind wir so weit weg wie schon lang nicht mehr. Waren es lange Zeit fanatische Religionsanhänger, die für Chaos und Zerstörung sorgten, sind es nun wieder ein paar wenige machthungrige Männer, die für den eigenen Vorteil über Leichen gehen. REDAKTION: ANGELIKA GABOR ANGELIKA GABOR REDAKTION LOGISTIK EXPRESS In grauer Vorzeit standen Stammeskämpfe auf der Tagesordnung – oder gemeinsam organisierte Großwildjagden. Im Laufe der Jahrhunderte und mit der Industrialisierung wurde beides obsolet, dafür etablierten sich Ball- und andere Mannschaftssportarten, bei denen Männer ihren Dampf ablassen und sich untereinander messen konnten. Vielleicht sollten Bolsonaro, Trump, Erdogan, Johnson, Putin, Xi Jinping, Kim Jong-un und Orbán einfach mal gemeinsam Fußball spielen? Denn offensichtlich haben sie alle etwas gemeinsam: eine unstillbare Gier nach Macht. Die Liste ist natürlich lange nicht vollzählig, aber diese hier genannten Männer sitzen alle an politischen Schaltpositionen, von wo aus sie unfassbares Leid – direkt oder indirekt, körperlich oder seelisch – verursachen. Natürlich handeln alle aus bestem Wissen und Gewissen, und bestimmt geht es keinem davon um persönliche Bereicherung... Ein ebenfalls (zumindest noch bis Ende Oktober) sehr mächtiger Mann, der vielleicht auch mit Fußball spielen sollte, ist der scheidende EZB-Chef Mario Draghi, personifiziertes Feindbild aller Sparer und Vorsorgekassen. Trotz reichlicher Proteste auch aus den eigenen Reihen wurde in der Zinssitzung im September wieder ein umfassendes Paket zur Stützung der schwächelnden Konjunktur beschlossen. Ein Schwerpunkt aus dem Maßnahmenbündel ist, ab November monatlich Staatsanleihen und weitere Wertpapiere im Volumen von 20 Milliarden Euro (!!) zu erwerben – und zwar bis auf Weiteres. Dabei halten sich die durch diese Maßnahme messbaren positiven Wachstumseffekte Experten zufolge wirklich in Grenzen. Vielleicht hätte Herr Draghi sich mal den Maastricht-Vertrag zu Gemüte führen sollen? Darin steht nämlich dezidiert festgeschrieben, dass eine monetäre Staatsfinanzierung durch die Geldpolitik verboten ist und die EU ausdrücklich KEINE Fiskal- oder Transferunion sein soll – ohne gemeinschaftliche Haftung und Risikoübernahme. Ob die erste Frau an der Spitze des Europäischen Zentral-Billionengrabes, Christine Lagarde, da aufmischen oder mitmischen wird, bleibt abzuwarten, die Chancen stehen aktuellen Einschätzungen zufolge 50:50. Palmöl, das flüssige Gold? Letzte Woche habe ich versucht, eine Margarine zu finden, in der kein Palmöl enthalten ist – leider erfolglos. Heimlich, still und leise hat sich das Palmöl in unzählige Produkte eingeschlichen – egal ob Backwaren, Kosmetika oder auch Reinigungsmittel. Der Hauptgrund dafür: es ist irrsinnig billig im Vergleich zu anderen Ölen, und das, obwohl es erst aus Indonesien, Malaysien oder anderen tropischen Gebieten zu uns gekarrt werden muss. Sonnenblumenöl, das man statt dessen in vielen Bereichen verwenden könnte, wächst vor unserer Haustüre. Aktuell sind rund 30 Prozent des weltweit angebauten Pflanzenöls Palmöl – Tendenz steigend. Dabei steckt es voller gesättigter Fettsäuren, die enthaltene Palmitinsäure kann die körpereigene Produktion von Cholesterin anregen. Aber der größte Nachteil des Palmöls ist die mit dem Anbau der Ölpalmen verbundene Abholzung des Regenwaldes in den Herkunftsländern. Leidtragende sind nicht nur die vertriebenen (oder getöteten) Tiere, auch die Bauern können aufgrund des starken Preisdrucks finanziell kaum überleben. Und ein weiterer, nicht

ganz unwichtiger Aspekt, der beispielsweise dem ultrarechten brasilianischen Politiker Jair Bolsonaro völlig egal ist: der Amazonas, Heimat von drei Millionen (!) Arten von Pflanzen und Tieren, ist eine der Lungen des Planeten und trägt einen wesentlichen Beitrag zum Weltklima bei. In diesem Augenblick lodern unzählige Brände im Regenwald (und nicht nur im Amazonasgebiet, auch in Kalifornien, Australien und in Sibirien wüten Feuer), doch das kommt dem Politiker, dem indigene Völker und Umweltschutzorganisationen seit jeher ein Dorn im Auge sind, nur gelegen. Sein Ziel ist die Unterstützung der Agrarund Bergbaukonzerne, um das Bruttoinlandsprodukt zu steigern. Einer der „Erfolgsfaktoren“ hierbei ist Palmöl, für dessen Anbau große Flächen benötigt werden... Ein kleines Rechenbeispiel gefällig? Schätzungen zufolge sind 90 bis 140 Milliarden Tonnen Kohlenstoff im Regenwald des Amazonasbeckens gebunden. Forscher gehen davon aus, dass bei Brandrodung der Hälfte davon etwa 150 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente in die Atmosphäre freigesetzt würden. Das entspricht ungefähr dem Vierfachen des derzeitigen CO2-Jahresausstoßes der gesamten Menschheit. Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist damit so gut wie unmöglich zu erreichen (ok zugegeben, ist es ohne diese Rodung leider auch). Dem Herrn Bolsanaro ist das egal. Aber uns sollte es nicht egal sein! Wenn jeder Einzelne mehr darauf achtet, was in den Lebensmitteln enthalten ist, die er konsumiert, und Produkte mit Palmöl schlicht und ergreifend nicht mehr kauft, dann wird es sich nicht mehr auszahlen, diese zu produzieren. Es gibt genug andere Güter, die wir um die Welt transportieren können, Palmöl muss echt nicht sein. Fluch oder Segen? Tauschhandel ist beinahe so alt wie die Menschheit. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts – erste Blütezeit des Fernhandels – hat sich viel getan. Waren werden in kürzester Zeit und auf unterschiedlichen Transportwegen in aller Herren Länder verteilt. Eigentlich sollten Handelsbeziehungen die Zusammenarbeit von Ländern vertiefen und kriegerische Auseinandersetzungen verhindern. Doch immer öfter werden sie zu Druckmitteln und für Machtkämpfe verwendet. Die seit Jahren anhaltenden Sanktionen gegen Russland, den Iran und Nordkorea sind stets präsente Beispiele dafür. Die USA und die Türkei, eigentlich seit über 60 Jahren NATO-Partner, lassen gerade die Muskeln spielen, während in Syrien die Kurden – tapfere Kämpfer gegen den IS und somit Partner der USA - dem Genozid preisgegeben sind. Die EU, der die Türke angeblich lange Zeit lang beitreten wollte (obwohl sie bei ehrlicher Betrachtung meiner Meinung nach geographisch und historisch nicht zu Europa gehört), hält sich mit Kritik vornehm zurück. Zu groß ist die Angst, dass die Türkei die dort befindlichen Flüchtlinge auf den Weg schickt. Denn wenn es um Vorteile geht, dann sind die EU-Mitglieder schnell zur Stelle, wenn es aber um die gerechte Verteilung von (aus welchem Grund auch immer) hilfesuchenden Menschen geht, dann ist die Zusammenarbeit ganz schnell uninteressant. Die aufstrebende Wirtschaftsmacht China war lange Zeit konkurrenzlos auf Einkaufstour in Afrika, doch irgendwann ist das den Mächtigen in Europa und auch in den USA sauer aufgestoßen. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat natürlich ganz andere Beweggründe. Und auch der Konflikt zwischen Saudia-Arabien hat mit Sicherheit nicht mit Öl zu tun. Diese Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen. So rasant sich die Technologie in den letzten 200 Jahren weiterentwickelt hat, irgendwas ist in dieser Zeit auch verloren gegangen. Und damit meine ich nicht das Artensterben... es gibt viele schlaue Sprüche, die an dieser Stelle passen würden, aber eigentlich ist es ganz simpel. Wenn nicht rasch ein fundamentales Umdenken stattfindet, dann schafft der Mensch sich selbst ab. Würde nur ein Bruchteil der weltweiten Rüstungsausgaben (die jährlich steigen) dafür verwendet werden, das Klima zu retten, Armut zu bekämpfen und Städte wieder aufzubauen statt zu zerbomben, dann könnten auch unsere Kindeskinder noch das Leben genießen. (AG)

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