LOGISTIK express 2/2019 | S24 Schutz gegen Fälschungen und illegale Tabakprodukte In einem aktuellen Bericht von KPMG über den illegalen Tabakhandel in der EU, Norwegen und der Schweiz wurde geschätzt, dass der Konsum von gefälschten und geschmuggelten Zigaretten im letzten Jahr 8,7 Prozent des Gesamtkonsums in der EU ausmachte. Das entspricht 44,7 Milliarden Zigaretten. Die Dunkelziffer des weltweiten illegalen Zigarettenhandels wird auf 6 bis 8,5 Prozent geschätzt. BEITRAG: OLIVIER FRÈRE Die überarbeitete Tabakproduktrichtlinie 2014/40/EU (TPD) wird die Rahmenbedingungen für die Rückverfolgung von Tabakprodukten auf dem EU-Markt festlegen. Die erste Phase der TPD soll am 20. Mai 2019 in Kraft treten. Sie betrifft Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen. Spätestens 2024 sollen weitere Tabakprodukte unter die Richtlinie fallen. Zweck der TPD ist ein hoher Gesundheitsschutz für die europäische Bevölkerung.Zusätzlich soll die Gesetzgebung ermöglichen, dass Schmuggel effektiver bekämpft wird und die Steuern vorschriftsmäßig bezahlt werden. Zunächst ist es wichtig, dass der Markt die Anforderungen der Richtlinie kennt und versteht und wie Projekte zur Einhaltung der Richtlinie entwickelt werden können. Das schreibt die Richtlinie vor: • Alle Wirtschaftsbeteiligten müssen die TPD einhalten: Hersteller, Importeure, Großhandel, Vertriebsunternehmen, Merchandiser, mobile Fahrverkaufsunternehmen und Einzelhandel. • Jede Tabakproduktpackung muss mit einer eindeutigen ID versehen sein sowie Sicherheitsmerkmale als Fälschungsschutz eingeführt werden. • Alle Produktbewegungen müssen aufgezeichnet werden, damit jede Packung einzeln in der gesamten Lieferkette zurückverfolgt und die Einhaltung der Richtlinie überwacht und durchgesetzt werden kann. • Um die Unabhängigkeit und Transparenz der Rückverfolgung zu gewährleisten, müssen Hersteller Datenspeicherungsverträge mit unabhängigen Dritten schließen. • Jeder Hersteller bzw. Importeur von Tabakprodukten muss außerdem eine Datenbank („primäres Repository“) einrichten, in der alle Daten in Bezug auf jede einzelne Packung gespeichert werden sollen. Außerdem müssen alle Daten in einer EU-weiten Datenbank bzw. Hub („sekundäres Repository“) gespeichert werden. Durch die Möglichkeit, sämtliche Bewegungen zu verfolgen, können alle Wirtschaftsbeteiligten in der Lieferkette einen Prüfpfad der exakten Bewegungen jedes einzelnen Produkts erfassen, vom Hersteller bis in den Handel. Was bedeutet dies für Großhandel, Vertriebsunternehmen und Betreiber von mobilem Fahrverkauf und was sind die Herausforderungen der TPD? Einige Unternehmen haben bereits Systeme zur Lagerverwaltung und womöglich auch für Lagerprozesse in Verwendung. Ihnen fehlt jedoch die Möglichkeit, einzelne Artikel-IDs zu scannen und zu erfassen, die Daten abzurufen und sie außerhalb des Unternehmens zu teilen. Die Anwender müssen dafür sorgen, dass die Bewegungen aller Tabakprodukte durch die gesamte Lieferkette gescannt und aufgezeichnet werden – von der Herstellung bis zur Verteilung an die Verkaufsstellen. Ganz gleich, ob Sie einen mobilen Fahrverkauf mit Direct Store Delivery oder Verkaufsautomaten betreiben oder als Logistikdienstleister Einzelhandelsfilialen beliefern – sie müssen bei
jedem Schritt die Compliance sicherstellen. Dieser Prozess mag aufwendig erscheinen, doch mit der geeigneten Automatisierung und Technologie können Wirtschaftsbeteiligte die Transparenz in der gesamten Lieferkette optimieren und zugleich die lückenlose Compliance sicherstellen. Wenn Compliance-Projekte richtig durchgeführt werden, kann dies eine wesentliche Bereicherung für den Geschäftsbetrieb darstellen und muss nicht als aufgezwungene, neue Regulierung empfunden werden. Wie lässt sich Compliance gewährleisten und die Lieferkette zukunftssicher gestalten? Damit sich Wirtschaftsbeteiligte effektiv auf die Richtlinie einstellen können, müssen sie mit externen Partnern zusammenarbeiten, die eng mit der Europäischen Kommission kooperieren. Sie sollten nach Partnern suchen, die nicht nur ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen haben, sondern auch Hardware und Software integrieren können und in der Erfassung und Aggregation von Daten versiert sind. Es gibt hauptsächlich zwei Compliance-Ebenen: • Ausführung: Wie Unternehmen die neuesten Technologien, mobile Geräte und Softwarelösungen auf der Prozessebene einführen. Wie sie die erforderlichen Fähigkeiten aufbauen, um Produkte und deren Bewegungen präzise zu erfassen. Wie sie große Datenmengen erfassen und effizient verarbeiten. • Kommunikation mit den Repositories: Wie Unternehmen ihre Geschäftsprozesse um eine Berichtsebene erweitern können und über die Möglichkeiten verfügen, Informationen der Compliance-Ebene an das sekundäre Repository weiterzugeben. Transparente Produktbewegungen sind bald Pflicht. Daher sollten Unternehmen diese Chance ergreifen, um die Vorteile der Rückverfolgbarkeit zu nutzen. Ab dem 20. Mai dürfen Hersteller Zigaretten bzw. Tabakprodukte nur noch auf den Markt bringen, wenn diese serialisiert sind. Ohne eindeutigen Identifikator kein Handel. Das wird sich auf die gesamte Lieferkette auswirken. Der Termin für das Inkrafttreten der Richtlinie rückt rasant näher. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Compliance-Projekte anzustoßen. (RED) OLIVIER FRÈRE SERIALISIERUNGSEXPERTE ZETES
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