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LOGISTIK express Fachzeitschrift | 2017 Journal 3

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LE-3-2017 | S44 | HANDEL + LOGISTIK 4.0 Die Welt wird digital Elektro-Mobilität, Big Data und Assistenzsysteme mit raffinierten Optionen sind große Herausforderungen der Zukunft für die Auto- und Nutzfahrzeughersteller rund um den Globus. Der Branchenreport „Automotive Manager 2017“ durchleuchtet die Automobilindustrie. BEITRAG: REDAKTION EIN SELBSTFAHRENDES AUTO VON GOOGLE Der große Wandel in der Automobil- und Nutzfahrzeugbranche findet nicht nur statt, er vollzieht sich auch immer schneller. Pkw und Nutzfahrzeuge selbst verändern sich radikal, vom Beförderungsmittel im bisherigen Sinn mutieren sie zum rollenden Datencenter auf Rädern. Fahrerassistenzsysteme, Elektro-Mobilität, Big Data und der harte Kampf um Patente, das sind die vier Ecksteine der Digitalisierung in dieser Branche. Wer diese vier Themen als Auto- bzw. Nutzfahrzeughersteller beherrscht, kann in Zukunft auf den Märkten zu bestehen. Wer nicht, bleibt außen vor. Google und Co haben mehr Patente als VW Romed Kelp, Nutzfahrzeugexperte bei Oliver Wyman spricht Klartext: „Wir erleben gerade die wohl spannendste Zeit in der Automobilindustrie seit Jahrzehnten. Doch sie bringt auch gewaltige Herausforderungen für die Unternehmen mit.“ Erfolg, wenn nicht gar das ökonomische Überleben, hängen in diesem Umfeld maßgeblich davon ab, ob ein Automobilunternehmen innovativ ist und gleichzeitig die Investitionen richtig dosiert. Das gilt für die Autohersteller genauso wie für Nutzfahrzeugproduzenten. „Auch die etablierten Lkw-Hersteller geraten im Zuge der Digitalisierung immer stärker unter Wettbewerbsdruck“, weiß Kelp beim Blick hinein in diesen Industriezweig. Disruptive Anbieter wie Google oder Tesla, aber auch dynamische Start-ups wie beispielsweise Otto oder Peloton tüfteln an Lösungen für den vernetzten, autonomen Lkw, greifen die Hersteller auf der ureigenem Terrain an und versuchen sich im Kampf um Marktanteile zu positionieren, erklärt Kelp. Damit stünden mächtige Lkw-Bauer wie Mercedes-Benz, MAN, Scania, Volvo oder DAF vor der wohl größten Herausforderung in ihren Unternehmensgeschichten, schätzt der Experte die Entwicklung ein. Damit die Fahrzeughersteller ihren Vorsprung halten können, müssen sie Allianzen schmieden und verstärkt in Innovation investieren, sind sich Experten beim internationalen Strategie-Beratungsunternehmen Oliver Wyman einig. Sie haben jüngst den Branchenreport „Automotive Manager 2017“ publiziert, der aktuelle Bestandsaufnahme in Sachen Digitalisierung und deren Folgen repräsentiert. Nicht für das Auto, sondern auch für die Nutzfahrzeughersteller, die längst nicht mehr als nur Lkw produzieren, sondern rollende Datencenter, vernetzt in vielfältiger Form mit der Außenwelt. Vernetzte, autonom fahrende Lkw werden den Gütertransport der Zukunft prägen. Die Hersteller arbeiten bereits an neuen Lösungen, um dem Handlungsdruck durch Digitalisierung und neue Wettbewerber zu begegnen. Kelp: „Alle haben Prototypen auf der Straße und investieren hohe dreistellige Millionenbeträge in digitale Technologien.“ Bei ersten markenübergreifenden Platooning-Demonstrationsfahrten bewegen sich Fahrzeuge der großen europäischen Hersteller bereits in elektronischen Konvois. In Amerika sind bereits vollautonome Lkw auf den Teststrecken unterwegs.

Lkw viel zu wenig ausgelastet Schätzungen von Wyman zufolge sind Lkw in Deutschland im Schnitt nur zu 50 bis 60 Prozent ausgelastet. Das wird sich durch die fortschreitende Vernetzung der Fahrzeuge ändern. Elektronische Frachtbörsen ermöglichen eine bessere Ausnutzung der Kapazität, durch die Vernetzung mit beispielsweise Verladeterminals können Wartezeiten reduziert werden. Die Folge: Trotz steigenden Frachtvolumens steigt die Anzahl der erforderlichen Fahrzeuge nur unterproportional. Verstärkt wird der Effekt, wenn jenseits des Jahres 2030 zumindest auf Langstrecken kein Fahrer mehr am Steuer eines Lkw sitzen wird. Lenkzeitbegrenzungen werden obsolet, Lkw könnten rund um die Uhr im Einsatz sein. Wo kein Fahrer ist, da sind auch keine menschlichen Anforderungen an den Lkw. Der Lkw ist weniger emotional besetzt, komfortable Kabinenausstattung und Fahrverhalten werden für die Differenzierung im Wettbewerb nicht mehr relevant sein. Der Lkw wird eine reine „Hardware-Commodity“, deren Wert nur noch über „Total Cost of Owership“ (TCO) und Verfügbarkeit betriebswirtschaftlich bewertet wird. Lkw Hersteller müssen entscheiden: Software oder Hardware Nutzfahrzeughersteller müssten heute entscheiden, was sie morgen sein wollen, nämlich Lösungsanbieter oder „Hardware-Zulieferer. Lösungsanbieter überzeugen mit weitergehenden, integrierten Dienstleistungen, fokussieren sozusagen die Softwareseite, müssen für den Nutzer Mehrwert schaffen. Hersteller, die diesen Weg einschlagen müssen neue Geschäftsmodelle erarbeiten und ihre Kompetenzen erweitern oder gar neu aufbauen. Die Hersteller müssen wissen, wie sie ihren Kunden in der Logistik-Wertschöpfungskette durch innovative Lösungen einen Mehrwert bieten, ohne in direkten Wettbewerb mit ihnen zu treten. „Gerade die digitalen Wettbewerber agieren viel schneller als ein klassischer Hersteller“, weiß Kelp. Die Hersteller müssen aufs Gas steigen und ihre Organisation auf schnellere Veränderungszyklen trimmen – und sie agil machen für Kooperationen und Allianzen. Jene Hersteller, die ihre Zukunft als Hardware-Zulieferer sehen, liefern den Lkw in eine integrierte Lösung eines Drittanbieters. Entscheiden sich Hersteller für diese Rolle, bewegen sie sich auf einem extrem wettbewerbsintensiven Terrain mit enormem Kostendruck. Durch die zunehmende Kommoditisierung des Fahrzeugs werden TCO und Verfügbarkeit die entscheidenden Differenzierungsmerkmale. Kommoditisierung ist dann der Fall, wenn bei Produkten oder Dienstleistungen die Differenzierungsmerkmale verloren gehen und sie von den Kunden als austauschbar wie ein Gebrauchsgegenstand wahrgenommen werden. Nicht nur die Lkw-Produzenten müssen sich mit vernetzten Lkw auseinandersetzen, sondern auch deren Kunden, die als Logistiker tätig sind. Durch autonome Lkw wird der Straßentransport kosteneffizienter und damit wettbewerbsfähiger. Teilautonome Lkw mit Assistenzsystemen können helfen, den drohenden Fahrermangel in Europa, wie er allmählich zu einem Problem wird, zu managen. Ältere Fahrer können länger in ihrem Beruf bleiben, unterwegs können sie beispielsweise administrative Aufgaben erledigen. Dazu kommen weniger Unfälle und die Kapazitäten der Autobahnen werden besser genutzt. Kelp: „Der Blick auf die etablierten Lkw-Hersteller und auf die Speditionsbranche macht deutlich, wie massiv die Digitalisierung selbst über Jahrzehnte gelebte und erfolgreiche Geschäftsmodelle verändern wird.“ Staatliche Anreize? Bei der E-Mobilität schlummern freilich noch bedeutende Unsicherheiten und damit Risiken für die Auto- und Lkw-Hersteller. Dabei geht es weniger um technische Entwicklung und Umsetzbarkeit, sondern um die gesetzlichen Rahmenbedingungen in einzelnen Staaten. Drei Beispiele sind typisch dafür: Norwegen und China beispielsweise treiben die Elektro-Mobilität mit starken staatlichen Anreizsystemen stark voran, Deutschland geht das Thema viel langsamer an, was verständlich ist mit Blick auf den ganz wichtigen Wirtschaftsfaktor Auto- und Nutzfahrzeugindustrie in diesem Land. Wer clevere Schritte in der Digitalisierung macht, lässt seine Erfindung patentieren: Im Zusammenhang mit dem autonomen Fahren wurden zwischen 2012 und 2016 fast 1.200 Patente angemeldet. An der Spitze steht der deutschen Autohersteller Audi mit 223 Patenten, an zweiter Stelle steht schon Google mit 221 Patenten. Das gerade zwei Jahrzehnte alte Internetunternehmen meldete damit mehr Patente an als BMW (198) und Daimler (159) oder der weltgrößte Autokonzern VW mit gerade mal 75 Patenten. (RED)

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