LOGISTIK express 5/2020 | S44 Foto: Österr. Bundesheer Heeressports sind die künftigen rot-weiß-roten Olympiasieger und Weltmeister. Bestimmt ist auch die kostenlose Führerscheinausbildung für junge Männer seit jeher eine starke Motivation für das Heer. Immerhin, 4500 Rekruten pro Jahr kommen so zu einem LKW/PKW Führerschein. Manche machen auch den Bootsführerschein und selbst wer wie Tom Cruise in Top Gun die Herzen der Frauen erobern möchte, bekommt beim Bundesheer kostenlos das Rüstzeug dafür. Nicht zu vergessen die gesellschaftliche Bedeutung der Militärmusik. Einsparungen in diesem Bereich unter Faymann/Klug haben einen wahrhaften Shitstorm ausgelöst und den Untergang der Blasmusik in Österreich prophezeit. Auch die arbeitsmarktpolitische Bedeutung des Heeres hat einen hohen Stellenwert. Schwieriger ist die Beantwortung der zweiten Frage: Warum ist das Heer in der Gesellschaft trotz aller unglaublichen Vorkommnisse dennoch so beliebt? Selbst wenn man davon ausgehen kann, dass bestellte Umfragewerte die tatsächliche Stimmung beschönigen, so bleiben immer noch genügend Fakten übrig, die die Frage rechtfertigen. Erfolge in der Förderung der Geistigen Landesverteidigung können es nicht sein. Aber 250.000 Besucher beim AirPower, ein Millionen-Publikum beim Nationalfeiertag und Heeresschau, all das kann kein Zufall sein. Die Erklärung dafür ist, neben dem sicher auch vorhandenen Reiz, der von Kriegsspielen ausgeht, die tiefe Verwurzelung des Heeres in der Gesellschaft – und zwar nahezu auf allen Ebenen. Unzählige Hilfseinsätze, egal ob Lawinen, Schneechaos, Überschwemmungen, Taucheinsätze, Hagel, Muren, Waldbrand, Entminungen, Erdbeben oder Brückenbau, tagtäglich „lebt“ das Heer mitten unter der Bevölkerung und lindert nach Kräften das Leid. Nicht unwesentlich ist die Bedeutung des Heeres für den Spitzensport – ein sinnstiftender Bereich der österreichischen Seele. Unter den derzeit 450 Personen im Förderprogramm des Allein 35 Lehrberufe und unzählige Beschäftigungsmöglichkeiten im Heer, vermitteln in der Bevölkerung den Eindruck eines guten Arbeitgebers. Mit Corona steigt, wie es scheint, die gesellschaftspolitische Bedeutung des Heeres merklich an und man kann getrost davon ausgehen, dass der Trend anhält. Man muss aber gerade in Krisenzeiten aufpassen, dass sich die Wirtschaft unter dem Deckmantel der „Wirtschaftlichen Landesverteidigung“ nicht auf Kosten der Allgemeinheit bedient. Vor diesem Hintergrund wirkt zum Beispiel das Begehren einer großen Handelskette in Tirol etwas eigenartig. Der Konzern hat Soldaten zur Unterstützung für das Zentrallager angefordert und diese auch bekommen. "Wenn unser Bundesheer angefordert wird, unterstützt es dort, wo schnell Hilfe benötigt wird“, rechtfertigt die Verteidigungsministerin den Einsatz von Lagerarbeitern in Uniform und das klingt wie ein Joker für die Wirtschaft. Gleichzeitig meldet nämlich das AMS-Tirol (1.9.2020) eine Zunahme an Arbeitslosen um 63 % gegenüber August 2019. Dabei stieg gerade in der vom Handelskonzern nachgefragten Branche Verkehr und Lagerei die Arbeitslosigkeit um 82 Prozent (!). Nach typischen Berufen (Handel, Hilfsberufe) liegt die Zunahme an Arbeitslosen bei 49 Prozent. Vielleicht spielt die wirtschaftliche Bedeutung des Bundesheeres also in der „Beliebtheitsskala“ sogar eine besondere Rolle, weil es auch jenen Gesellschaftsschichten nützt, die nicht
unbedingt Panzer bei einer Heeresschau besteigen würden. Kanzler Vranitzky hat schon 1987 auf die „nicht unbeträchtliche wirtschaftspolitische Bedeutung“ des Heeres verwiesen und die heimische Wirtschaft und Industrie eingeladen, mehr davon Gebrauch zu machen. Heute liegt die Wertschöpfung in der Heeresbeschaffung nach allgemeiner Leseart bei rund 70 Prozent. Für die heimische Wirtschaft und die Industrie ist das Bundesheer also allemal ein guter und verlässlicher Kunde der Arbeitsplätze sichert. Gelegentlich bekommt man sogar den Eindruck, dass die ständigen Forderungen nach immer mehr Budget allein dem Zweck dienen, dass vordergründig die Bedürfnisse der Wirtschaft und nicht die des Heeres befriedigt werden sollen. Und wenn die finanziellen Wünsche ausgerechnet von einem Raiffeisenchef in Heeresuniform gestellt werden, denkt man unwillkürlich an Boni und Renditen. Noch dazu wird ja neuerdings gerne von einer „Marke Bundesheer“ gesprochen und bestimmte Slogans werden gezielt verwendet. Da bekommt der Begriff „Brand“-Management für ein Heer gleich eine ganz andere Bedeutung. Wir brauchen bessere Kommunikation und EU-weite Standards in Sachen Rüstung und Beschaffung“, meint der EVP-Abgeordnete Manfred Weber. Was der Bayer und CSU Mann, für den Opposition = Gegner bedeutet, genau damit gemeint hat, erklärt die bayerische Volksseele: "Von Bayern gehen die meisten politischen Dummheiten aus. Aber wenn die Bayern sie längst abgelegt haben, werden sie anderswo noch als der Weisheit letzter Schluss verkauft" (Franz Josef Strauß). (PB) Wer wie Tom Cruise in Top Gun die Herzen der Frauen im Flug erobern möchte, bekommt beim Bundesheer das beste Rüstzeug dafür. Für viele Unternehmen und damit wieder für viele Menschen ist das Bundesheer eben auch ein Markt, der umso beliebter ist, je mehr er abwirft. Solange das Bundesheer nicht am neoliberalen Altar geopfert wird und die Beschaffungskontrolle funktioniert, ist dagegen auch nichts zu sagen. Wer will schon, dass jede Patrone und jeder Stiefel in Krisenzeiten erst im feindlichen Ausland beschafft werden muss. Anderseits, wenn sich bestimmte Strömungen in der EU durchsetzen, gibt es vielleicht bald einen Heeresbeschaffungsdienst für ganz Europa, angesiedelt in Brüssel. Dann muss unser Bundesheer die Stiefel Bestellung in Brüssel abgeben und hoffen, dass die dann in Österreich bestellt werden. „Die Europäische Union muss sich noch stärker dafür einsetzen, im Verbund der Nationen eigenständig die Sicherheitsaufgaben der Wertegemeinschaft wahrzunehmen. Dabei geht es auch um personelle und materielle Voraussetzungen: Foto: Österr. Bundesheer
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