LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 4/2024 | S8Handel & DistanzhandelHandelsverband bringtBeschwerde gegenTemu bei BundeswettbewerbsbehördeeinÜberparteiliche Interessensvertretung ortetVerstöße gegen Gesetz gegen unlauterenWettbewerb (UWG). Behörden müssen fairenWettbewerb am österreichischen Markt sicherstellen.MANUEL FRIEDL„Mittlerweile kommen allein in Österreichtäglich 30.000 Pakete von asiatischenOnline-Plattformen an, die sich nicht an diegeltenden Spielregeln halten. Nicht nur beimVersand und bei der Zustellung, sondern weitdavor, wenn es darum geht Kundinnen undKunden anzuwerben und zum Kauf zu bewegen.Wir vertreten heimische Unternehmen,die hunderttausende Arbeitsplätze in unseremLand sichern und mit ihren Steuerleistungenden Sozialstaat für alle finanzieren. Diese sindaufgrund der unlauteren Konkurrenz gefährdet.Dagegen müssen wir auch rechtlich mit allenMitteln vorgehen, um Schaden für die Betriebeund in weiterer Folge für die Menschen in unseremLand abzuwenden.“In seiner Beschwerde listet der Handelsverbandzahlreiche Verstöße detailliert auf.MANUEL FRIEDLDer Handelsverband hat als freie undüberparteiliche Interessensvertretungdes österreichischen Handelseine Beschwerde gegen denOnline-Marktplatz Temu bei der österreichischenBundeswettbewerbsbehörde (BWB) eingebracht.Auslöser waren festgestellte Verstößegegen das Bundesgesetz gegen unlauterenWettbewerb (UWG).„Wir wenden uns mit einer Wettbewerbsbeschwerdean die BWB, um durchzusetzen, dassTemu unlautere Praktiken abstellen muss, dieden Menschen und Betrieben im Land schaden.Alleine in den letzten Wochen haben wirunzählige Verstöße von Temu gegen das UWGnachgewiesen und glasklar dokumentiert. Einfairer Wettbewerb funktioniert nur, wenn sichdie Marktteilnehmer an die Regeln halten undZuwiderhandeln sanktioniert wird. Nachdemhier täglich zum Nachteil des österreichischenWirtschaftsstandortes gehandelt wird undunseres Erachtens Gesetze gebrochen werden,gehen wir nun mit der Beschwerde gegendie unlauteren Geschäftspraktiken vor“, erklärtHandelsverband-Geschäftsführer undBeschwerdeführer Rainer Will.Falsche Behauptungen von Temu zu begrenzterzeitlicher VerfügbarkeitGemäß UWG ist eine Behauptung als unlauteranzusehen, mit welcher unrichtigerweisesuggeriert wird, dass ein Produkt nur eine sehrbegrenzte Zeit zu bestimmten Bedingungenverfügbar ist. Denn mit solchen Angaben hinsichtlichder begrenzten Verfügbarkeit könnenVerbraucher:innen unter vermeintlichem Zeitdruckzum Kauf verleitet werden. Genau dastut Temu, wie der Handelsverband mit zahlreichendatierten Screenshots beweist. Auf derWebsite von Temu wird mit Behauptungen wie„Letzter Tag“ und „Sonderverkauf“ unter Angabeeines Countdowns der Eindruck erweckt,dass das entsprechende Produkt nur mehr fürwenige Stunden zum angezeigten, vermeintlichgünstigeren Preis erworben werden kann.Allerdings konnte festgestellt werden, dass dasProdukt auch wenige Tage später wiederum imZuge eines „Sonderverkaufs“ angeboten wurde,diesmal sogar zu einem noch niedrigeren Preisals beim vorherigen „Sonderverkauf“.Oftmals kommt es augenscheinlich auch zuder Situation, dass gewisse Produkte bei Temuals vermeintliche „Sonderangebote“ beworbenwerden, diese nach Ablauf des „Sonderangebots“jedoch weiterhin um lediglich einen Cent(+0,01 Euro) mehr erworben werden können.So wurden etwa Damen-Hausschuhe am 23.August im Rahmen eines bis 25. August lau-
fenden „Sonderverkaufs“ mit dem zusätzlichenHinweis „fast ausverkauft“ um 5,48 Euro angeboten.Am 26. August fand sich das gleicheModell um 5,49 Euro im Shop - ohne den „fastausverkauft“-Hinweis.„Durch die aufgezeigten Geschäftspraktiken sollden Nutzerinnen und Nutzern der Temu-Websitedas Gefühl gegeben werden, dass dasgewünschte Produkt nur mehr für eine sehrkurze Zeit zu dem angegebenen Preis verfügbarsein wird. Mit diesen Mitteln soll zu unreflektiertenKaufentscheidungen gedrängt werden.Die Praktiken nehmen ein Maß an, dass ausSicht der heimischen Händler klar unlauter ist“,kritisiert Handelssprecher Rainer Will.Irreführende Behauptungenzu PreisreduktionenAuch bei den Behauptungen zu Preisreduktionenwurden Verstöße gegen das UWG festgestellt.So werden von Temu offensichtlichwillkürlich sog. UVPs, also unverbindlichenHerstellerpreisempfehlungen, angezeigt, dievermeintlich mit dem tatsächlichen Verkaufspreisdeutlich unterboten werden.Der Handelsverband konnte etwa feststellen,dass bei Produkten in der „Überblicksansicht“teils sehr hohe UVPs ausgewiesen wurdenund die dementsprechend angezeigte Preissenkungsehr hoch ausfiel. Bei einem Klick auf„Alle Details“ des entsprechenden Produktswurde jedoch plötzlich ein deutlich niedrigererUVP angezeigt, wodurch auch die prozentuellePreisreduktion deutlich niedriger ausfiel.So wurde eine Ledertasche in der Überblicksansichtals Megaangebot um 21,99 Euro bei einemUVP von 53,49 Euro angepriesen. In der Detailansichtschrumpfte der UVP jedoch auf 24,99Euro zusammen. Aus einer vermeintlichenPreisersparnis von 58 % wurde eine von nurnoch 12 %. Ebenfalls konnte festgestellt werden,dass der angezeigte UVP zum gleichenZeitpunkt auf zwei verschiedenen Geräten ingewissen Fällen unterschiedlich hoch ausfällt -eine klare Täuschung der Käufer:innen.Falsche Behauptungen zuangeblicher WarenknappheitEinen weiteren Verstoß gegen das UWG ortetder Handelsverband durch irreführende Angabenzur angeblich stückmäßig stark begrenztenVerfügbarkeit gewisser Produkte. Beispielsweisewird von Temu in vielen Fällen eine Warenknappheitvorgetäuscht, die in der Realitätüberhaupt nicht besteht. So ist eine Ledergeldbörseum 11,36 Euro in der Überblicksseite mitdem Hinweis „Nur 10 übrig“ versehen. Gleichzeitigist es jedoch möglich, 99 Stück in denWarenkorb zu legen und in weiterer Folge auchzu erwerben. Gleiches gilt für zahlreiche andereAngebote, die mit Hinweisen wie „fast ausverkauft“versehen sind. Auch bei diesen lassensich 99 Stück erwerben - und somit exaktgleich viele Stück wie von Artikeln, die nicht mitdiesem Hinweis versehen sind.„Durch diese Geschäftspraktik sollen die Kundenaugenscheinlich zu einer zügigen Kaufentscheidunggedrängt werden, indem derEindruck vermittelt wird, dass der Artikel möglicherweisein Kürze nicht mehr verfügbar ist“,erklärt Rainer Will. „Wir sind der Ansicht, dassdringend gegen die von Temu eingesetztenunlauteren Geschäftspraktiken vorgegangenwerden muss, um einen fairen Wettbewerb aufdem österreichischen und europäischen Marktsicherzustellen. Damit soll den Konsumentinnenund Konsumenten eine inhaltlich korrekt vorbereiteteKaufentscheidung ermöglicht werden."(RED)RAINER WILL
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