TRANSPORT & LOGISTIK Rohstoffe in der Arktis locken Aufgrund des zunehmenden Abschmelzens der Eiskappen und der steigenden Nachfrage nach Rohstoffen wird eine wirtschaftliche Nutzung der arktischen Seerouten immer interessanter. auch nördliche Seeroute) via Russland. Durch die Nutzung der NWP könnten Reeder zwei Wochen Transitzeit gegenüber dem Seeweg via Panamakanal einsparen. Die aufgrund der geringeren Vereisung einfacher zu befahrene NOP wird bereits durch den Schiffsverkehr genutzt. Auf dieser Route kann auch der russische Hafen Murmansk angelaufen werden. Eine weitere Möglichkeit würde bei abnehmender Vereisung für eisfeste kommerzielle Schiffe der Polarklasse PC6 darin bestehen, die direkte Route über den Nordpol zu wählen. Diese ist sogar noch 20 Prozent kürzer als die NOP. KLIMAWANDEL ERÖFFNET NEUE HANDELSROUTEN. HERAUS- FORDERUNGEN BESTEHEN AUCH DURCH DIE FEHLENDE INFRASTRUKTUR. Obwohl die Routen nicht ganzjährig zur Verfügung stehen werden, investiert die Schifffahrtindustrie bereits Milliarden, um eisgängige Schiffe zu entwickeln. Zeitersparnisse sind für die Wirtschaftlichkeit des Seewegs ausschlaggebend, die aber leicht durch die Wetterbedingungen und fehlende Eisbrecher zunichtegemacht werden können. Herausforderungen bestehen auch durch fehlende Infrastruktur. Aufgrund der stetigen Expansion der Nachfrage nach Rohstoffen aus dem Energie- und Bergbaubereich sowie des zunehmenden Abschmelzens der Eiskappen im arktischen Sommer am Nordpol wird erwartet, dass der Schiffsverkehr in der Arktis in den nächsten Jahrzehnten drastisch zunimmt. Dadurch entstehen viele technische Herausforderungen im Schiffbau für die wirtschaftliche Nutzung und auch enorme Umwelt-belastungen für die zuvor sehr abgeschiedene Region. Die zwei bedeutenden arktischen Seerouten sind die Nordwestpassage (NWP) via Kanada sowie die Nordostpassage (NOP, Die NWP ist momentan nur in einem von sieben Jahren befahrbar. Aber auch das könnte sich schnell ändern. Der September gilt bislang als der Monat mit dem geringsten Eisaufkommen in der Arktis. Neben der Nutzung der Arktis als Transportweg plant die internationale Gemeinschaft auch die Ausbeutung von Rohstoffen am Nordpol. Schlummernde Rohstoffe Russland sowie nordamerikanische und skandinavische Staaten erschließen in der Nordpolarregion bereits seit Jahrzehnten Rohstoffe in industriellem Maßstab. 2013 hat das Regionalparlament im rohstoffreichen Grönland laut GTAI das seit 1988 geltende Abbauverbot für radioaktive Erze aufgehoben und den Weg für viele Bergbauprojekte geebnet. Die Gesetzesänderung erlaubt ausländischen Unternehmen auch die Suche nach Seltenen Erden, die zur Herstellung von Hightecherzeugnissen wie Smartphones oder leistungsstarken Batterien benötigt werden. Experten schätzen, dass Grönlands Vorräte an diesen Metallen den Weltbedarf bis zu 150 Jahre lang decken könnten. Zudem beanspruchen Dänemark und dessen Autonomiegebiet Grönland bei den Vereinten Nationen (UNO) ein Gebiet in der Arktis außerhalb der 200-Meilen-Zone, das 21-mal größer ist als Dänemark selbst. 48 LOGISTIK express 4|2015
Laut dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen dürfen Küstenstaaten sowohl das Meer als auch den Meeresboden bis zu 200 Seemeilen (rund 370 km) vor ihrer Küste wirtschaftlich nutzen. Wenn ein Land wissenschaftlich nachweist, dass der eigene Festlandsockel sich unter der Eiskappe fortsetzt, kann diese Zone auf 350 Seemeilen ausgedehnt werden. Die Entscheidungshoheit liegt bei der UNO. Neben Dänemark und Russland will auch Kanada die Grenzen seines arktischen Schelfs erweitern lassen. In der arktischen Region schlummern große Vorkommen an Eisenerz, Buntmetall- und Golderzen, Diamanten, Gold, Kupfer, Nickel, Blei und Zink, Ölsand, Nickel, Phosphat, Zinn, Wolfram, Glimmer und nicht zuletzt große Mengen an Erdöl und Erdgas. Herausforderung für traditionelle Seerouten Mit dem Einsatz eisbrechender Frachtschiffe im arktischen Ozean bieten sich für die chinesische Handelsschifffahrt neue Abkürzungen nach Europa und in die USA. Im Sommer 2013 hatte das erste kommerzielle Handelsschiff mit dem Namen Yong Sheng (Containerfrachter beladen mit Stahl und Maschinen) der Reederei Cosco ohne Begleitung von Eisbrechern die Nordostpassage in 33 Tagen vom nordchinesischen Dailan zurückgelegt und Rotterdam am 10. September erreicht. Der Transit war um neun Tage und 2.800 Seemeilen kürzer als der Weg über den Suezkanal. Die Hauptseerouten der Volksrepublik liegen allerdings weit von der Arktis entfernt, da der Großteil der Importe über direkte Nachbarn wie Japan und Südkorea oder über Länder nahe oder südlich des Äquators wie Australien und Brasilien eintreffen. Der Handel mit Nordeuropa beläuft sich nur auf 2,9 Prozent. Daher werden die arktischen Seerouten keine neue Seidenstraße für China werden. Anders sieht dies für Russland aus. Das Land besaß 2013 37 alternde Eisbrecher, arbeitet aber bereits an der Entwicklung von neuen nuklearbetriebenen Eisbrechern mit dickerer Hülle, um die Schifffahrtssaison zu verlängern. Kanada besitzt nur sechs Eisbrecher und die USA sogar nur zwei. Laut dem internationalen Arctic Institute besteht die Frage, ob Russland die Route als nationalen Seeweg, z. B. für Energieressourcen oder internationalen Seeweg für Güter entwickeln will. Der potenzielle Mangel an Eisbrechern auf der nördlichen Seeroute würde wahrscheinlich zu Verzögerungen für die Schifffahrt führen und zudem direkte negative Auswirkungen auf die Entwicklung zum internationalen Seeweg haben Finnafjord-Hafenprojekt Island wird laut bremenports einen neuen Hafen im Nordosten der Insel am Finnafjord bauen. Mit ihm will Island am wachsenden Schiffsverkehr im Polarmeer teilhaben und eine Drehscheibe für den Containerverkehr aufbauen. Zudem warten nördlich und westlich von Island Erdöl- und Erdgasvorkommen auf eine wirtschaftliche Nutzung. Es gibt Pläne, Bodenschätze auf Grönland abzubauen. Firmen aus Asien haben dort laut dem Unternehmen bereits Konzessionen erhalten. Von Finnafjord könnte die Installation, Ausrüstung und Versorgung der isländischen Öl- und Gasplattformen erfolgen. Andererseits könnten Rohstoffe aus diesen Quellen und aus Grönland im eisfreien Hafen gelagert, bearbeitet und für den Weitertransport vorbereitet werden. Weiters könnten sich Industrien ansiedeln, die von den günstigen Energiequellen Islands profitieren. An der Planung des Hafens und den ökologischen Untersuchungen ist auch bremenports beteiligt. „Unsere isländischen Partner denken gründlich darüber nach, wie sie die veränderten Rahmenbedingungen für sich nutzen können“, sagt Robert Howe, technischer Geschäftsführer des Unternehmens. (DR) DER SCHIFFS- VERKEHR IN DER ARKTIS WIRD DRASTISCH ZUNEHMEN. REDAKTION: DIRK RUPPIK DirkRuppik@gmx.de LOGISTIK express 4|2015 49
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