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LE-4-2010

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LOGISTIK express ZEITSCHRIFT EPAPER

Unternehmer Alarm!

Unternehmer Alarm! Weniger Geld für die Logistik? Die schlechte Nachricht: In der Zeit nach der Weltwirtschaftskrise verkleinert der Kostendruck die „Logistiktöpfe“ deutlich. Die gute Nachricht: Die Nachfrage nach ausgelagerten Dienstleistungen bleibt weiterhin hoch. Redaktion: Paul Christian Jezek Durchschnittlich elf Prozent ihrer Umsätze gaben die Unternehmen im vergangenen Jahr weltweit für Logistik aus. Knapp die Hälfte davon (42 Prozent) verwendeten sie dabei für das Outsourcing von Logistikprozessen. Das sind zwar um zehn bis 15 Prozentpunkte weniger als in den vergangenen Jahren, aber gleichzeitig berichten 65 Prozent der Unternehmen, dass der Outsourcing-Anteil an den Logistikausgaben steigt. „Wir schlussfolgern daraus, dass die Betriebe in der Krise die Kosten für ihre externen Dienstleister einfach schneller zurückfahren konnten als die gesamten Logistikausgaben“, erklärt Dr. Martin Raab, Leiter Supply Chain Management bei Capgemini Consulting. Grundsätzlich sind 89 Prozent der Unternehmen mit ihrem Logistikdienstleister zufrieden. Dies belegt die langfristige Zusammenarbeit von durchschnittlich 13 Jahren, so die Kernaussagen der aktuellen Studie „Third Party Logistics“ (3PL) von Capgemini Consulting, dem Georgia Institute of Technology und dem globalen Logistikdienstleister Panalpina. Nicht weniger als 1.900 Unternehmen und Logistikdienstleister aus Europa, Nord- und Lateinamerika sowie Asien haben sich an dieser Studie beteiligt, sie wird demnach vom Logistik express als wirklich aussagekräftig angesehen. Im Fokus der 15. Ausgabe standen neben den sogenannten „total landed cost“ die Branchen Life Sciences und Fast Moving Consumer Goods (FMCG). Global Sourcing als Mega-Herausforderung Die hohe Dynamik in der Veränderung der Lohn- und der Transportkosten zwingt die Unternehmen zunehmend, die Vorteile ihrer Standorte laufend zu überwachen und gegebenenfalls neue Beschaffungsmärkte zu erschließen. Auch der CO2-Footprint spielt eine immer wichtigere Rolle. Deshalb nutzen 45 Prozent der Unternehmen die sogenannten „total landed cost“ bereits heute als Entscheidungsgrundlage. Diese TLC umfassen alle mit dem Produkt verbundenen Kostenfaktoren von der Fertigung bis zur Lieferung an den Endkunden – also neben den Produktkosten auch die Kosten für Transport, Zölle und Steuern sowie die Versicherungs- und Finanzierungskosten. Diese Vielzahl an Faktoren stellt für Viele eine große Herausforderung bei der Berechnung der TLC dar: Zum einen sind die benötigten Kennzahlen in den verschiedenen Abteilungen verstreut und werden nicht zentral zusammengeführt, zum anderen wissen „Behandelt uns als faire Partner nach dem Prinzip ‚leben und leben lassen!“ Hubert Maletz viele Unternehmen nicht, wie sie die TLC- Szenarien berechnen sollen. Demnach wünschen sich 64 Prozent der Befragten von ihrem 3PL-Anbieter ein TLC-Reporting – dies bieten bisher jedoch nur 23 Prozent der Dienstleister an. Ein Blick auf die Pharmabranche In der Pharmaindustrie muss die Logistik vor allem hohe Sicherheitsanforderungen, Kühltransporte oder auch internationale Produktrückrufe meistern. Das komplexe Supply- Chain-Modell dieser Branche öffnet den 3PLs die Türen: 87 Prozent der Logistikverantwortlichen sind der Meinung, dass Drittanbieter für sie deutlich mehr leisten können, indem sie die zahlreichen Beteiligten stärker vernetzen. Gewünscht sind vor allem Services rund um eine transparente Lieferkette und Lagerbestandsführung sowie ein hochwertiges Qualitäts- und Compliance-Management. Über die Hälfte der Unternehmen und Dienstleister sind sich einig, dass die sogenannte „radiofrequency identification“ hohes Potenzial für die Branche birgt. RFID ermöglicht die automatische Identifizierung und Lokalisierung von Gegenständen und Produkten. Und bei den Konsumgütern? In der Konsumgüterbranche muss vor allem der Nachhaltigkeitsanspruch erfüllt werden. (Auch) Hier sind die Anforderungen an die Logistik klar: Aufträge perfekt erfüllen (87 Prozent), schnell auf schwankende Nachfrage reagieren (83 Prozent) und die Markteinführung von Produkten durch umfassende Integration der Lieferkette verkürzen (81 Prozent). Da das Thema Nachhaltigkeit bei den Endverbrauchern an Relevanz gewinnt, spielen die Faktoren der Frachtdichte („shipment density“) und Frachtauslastung („load utilization“) auch für die Auftraggeber eine wichtige Rolle (87 Prozent). Die Konsumgüterbranche spricht den 3PLs vor allem die Fähigkeit zu, Kosten zu reduzieren und Störungen in der Lieferkette zu beheben. Im Gegensatz zu den 3PLs glauben die Firmen jedoch nicht, dass die Dienstleister die Markteinführung von Produkten und die Integration der Lieferkette beschleunigen können. Zwei Drittel der Betriebe versuchen auch über gemeinsame Warenlager und Transporte, die Logistikkosten zu verringern. Die Einsparungen lagen bei der Mehrheit der Unternehmen allerdings bei weniger als fünf Prozent. Zukunftssorgen, Kostendruck, Bürokratie Eine aktuelle Umfrage aus dem südlichsten Bundesland lässt tief in die Lage des Güterbeförderungsgewerbes blicken, das die globale Finanz- und Wirtschaftskrise besonders stark zu spüren bekommen hat. „Die Branchenstimmung in Kärnten ist gedämpft“, sag Ing. Bruno Urschitz, Obmann der Fachgruppe Güterbeförderungsgewerbe. Der Anteil de- FOTO: ISTOCKPHOTO.COM 8 LOGISTIK express 4|2010 www.logistik-express.com

Unternehmer rer, die annehmen, dass sich die Lage demnächst verbessern wird, liegt in Kärnten bei erschreckenden 8,5 Prozent. Die meisten Transporteure (59,6 Prozent) glauben, dass die Situation gleich bleibt. Aber fast ein Drittel (27,7 Prozent) der Befragten befürchtet eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in der Transportwirtschaft. PAUL CHRISTIAN JEZEK Buchautor & Journalist Redaktion Logistik express Die Kärntner Transporteure sind die von der Wirtschaftskrise am stärksten betroffene Branche. Sie leiden unter hohen Investitionskosten und steuerlichen Belastungen, zudem wird der Wirtschaftsaufschwung von den meist industriellen Auftraggebern nicht weitergegeben. Der Stundensatz für einen dreiachsigen LKW liegt im Schnitt bei 45 Euro, für einen Vierachser bei 55 Euro pro Stunde. Zum Vergleich: Ein Handwerker (Mechaniker, Installateur usw.) verrechnet bis zu 80 Euro pro Stunde. Frächter Hubert Maletz: „Wir können nur an die Industrie appellieren: Behandelt uns als faire Partner nach dem Prinzip ‚leben und leben lassen‘.“ Schon ein Cent mehr Dieselkosten würde bei einem durchschnittlichen Betrieb mit zehn LKW eine jährliche Zusatzbelastung von 60.000 bis 90.000 Euro bedeuten: „Das ist oft die Entscheidung zwischen Leben oder Tod.“ Mehr Optimismus im Norden Gerade für die Zukunft sei die Branche mehr denn je gefordert, mit innovativen Lösungen die neuen Herausforderungen im modernen Logistik-Alltag zu meistern, sagt der Fachgruppenobmann der oberösterreichischen Speditionsunternehmen, Alfred Schneckenreither: „Noch mehr als bisher müssen wir auch der verladenden Wirtschaft unsere Rolle als ,Architekten des Transports‘ klar darstellen. Unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte haben wir schon bisher stets den optimalen Transportweg ermittelt - unter Einbindung aller erdenklichen Transportmöglichkeiten nicht nur auf der Straße und Schiene, sondern ebenso auf dem Wasser- oder Luftweg.“ Um diese Aufgaben auch künftig höchst effizient bewerkstelligen zu können, bedürfe es einer entsprechenden Infrastruktur, fordert Schneckenreither die raschestmögliche Realisierung wichtiger Verkehrsinfrastrukturprojekte wie den Linzer Westring A26 samt leistungsfähigem Donauübergang, den modernen Ausbau der B1 sowie der Verkehrswege im Innviertel, aber auch die Mühlviertel Schnellstraße S10 als unverzichtbare Nord-Süd-Achse. Genauso wichtig erscheint parallel dazu eine moderne Schienenachse, denkt Schneckenreither dabei vordergründig an die Summerauerbahn sowie die Pyhrnbahn. Beim Ausbau der Wasserstraße hat der Spediteure-Obmann vor allem die Steigerung des multimodalen Verkehrs im Visier. Im Bereich der Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen hat die Forderung der Branche nach einer Angleichung der finanzstrafrechtlichen Haftungsbedingungen an jene der beratenden Berufe Vorrang. „Es kann nicht sein, dass die Verantwortlichkeit für einen Rechtsanwalt bzw. Steuerberater in Angelegenheiten des Finanzstrafrechts erst bei grober Fahrlässigkeit beginnt, ein Mitarbeiter im Speditionsgewerbe aber bei jedem leichten Versehen strengste Haftungskonsequenzen fürchten muss“, so Schneckenreither. Erstaunlich optimistische Töne sind inzwischen aus dem größten Bundesland zu vernehmen. Denn verblüffenderweise hat das Budget 2011 nicht für alle Wirtschaftstreibenden einen fahlen Beigeschmack. Als eine der wenigen Branchen können die blau-gelben Transportunternehmer den bevorstehenden steuerlichen Änderungen sogar etwas Positives abgewinnen. „Mit der Senkung der Kraftfahrzeugsteuer um 30 Prozent wird endlich eine unserer langjährigen Forderungen erfüllt. Die Auswirkungen des neuen Aufschlages von 5 Cent je Liter Diesel hängen nahe liegender Weise vom Rohölpreis ab”, sagt Heinz Schierhuber, Fachgruppenobmann der Sparte Güterbeförderung in der NÖ Wirtschaftskammer. „Das mit einem Rahmen von 30 Millionen Euro geschnürte Entlastungspaket macht den Wirtschaftsstandort Niederösterreich im europaweiten Vergleich wieder deutlich wettbewerbsfähiger”, lobt der Fachgruppenobmann. Bei der bevorstehenden Anhebung der Mineralölsteuer um netto 5 Cent je Liter Diesel appelliert der Fachgruppenobmann in erster Linie an den Einsatz eines so genannten Treibstoffmonitors. Dieser könnte dabei helfen, die Treibstoffkosten bei Transportaufträgen objektiv auszuweisen. „Damit ist der Treibstoffmonitor der Schlüssel für die Weitergabe jener Mehrkosten an die Auftraggeber, die durch schwankende Treibstoffpreise entstehen“, erklärt Schierhuber. (Mehr über die Steuer- Situation auf Seite 5!) (PJ) GaSTKOMMENTAR Die Spar-Welle Die Initiative „Future B u s i n e s s Austria“ hat kürzlich den „Infrastruktur- Report 2011“ vorgelegt. Darin werden etliche Schwachstellen Dr. Peter Muzik des Wirtschaftsstandorts Österreich aufgelistet - natürlich auch jene im Bereich Verkehr. Die Experten, darunter der Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer, schlagen vor, dass Österreich bis 2013 eine Gesamtstrategie für Infrastruktur erarbeiten solle, in die Bund, Länder und Gemeinden einbezogen sind. Obendrein sollten die politischen Kompetenzen künftig nicht mehr wie bisher auf vier Ministerien aufgesplittet, sondern in einer Zentralstelle gebündelt werden. Auch wenn Österreich im internationalen Vergleich noch relativ gut dasteht, ist der Handlungsbedarf evident: Das gilt sowohl für die Schiene - die ÖBB muss sich dringend verstärkt um den Güterverkehr kümmern - als auch für den Verkehrsweg Donau, der endlich attraktiver werden sollte, und erst recht für die Straße. Dass schließlich der Flughafen Wien Gefahr läuft, in Folge der AUA-Übernahme durch die Lufthansa als Osteuropa-Hub an Bedeutung zu verlieren, könnte ebenfalls fatale Auswirkungen haben. Trotz der momentanen Sparwut der Regierung, von der zum Beispiel der Koralm-Tunnel betroffen sein wird, wären jedenfalls Milliarden-Investitionen in strategisch wichtige Projekte dringend nötig. Wenn die Infrastruktur sträflich vernachlässigt wird, würde die Republik nämlich rasch ins Hintertreffen geraten. Der Wirtschaftsstandort hätte massiv zu leiden. Die sparfreudige Koalition muss sich also dringend etwas einfallen lassen, wie sie trotz knapper Kassen doch noch Gas geben kann. Autor: Peter Muzik ist langjähriger Wirtschaftspublizist (u.a. „trend“, „WirtschaftsBlatt“ und „Wiener Zeitung“) sowie Inhaber der auf die Evaluierung von Öffentlichkeitsarbeit spezialisierten Consultingfirma Public & Media. www.logistik-express.com LOGISTIK express 4|2010 9

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