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LE-2-2014

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

BLICKPUNKT Vernetzen im

BLICKPUNKT Vernetzen im Zeitalter 4.0 Die Welt von morgen ist technisch und infrastrukturell vernetzt. Beim steirischen BVL- Logistiktag stand dieses Thema im Mittelpunkt. DIE REDAKTION Beim steirischen Logistiktag der Bundesvereinigung Logistik standen einmal mehr die großen Fragen wie technische und infrastrukturelle Vernetzung im Vorfeld der vierten industriellen Revolution, sprich Industrie 4.0 und deren Auswirkungen auf dem Programm. Unter dem Motto „Technologie vernetzt“ spannten kompetente Referenten aus Logistik und Automotive einen Bogen von Industrie 4.0 über E-Commerce bis zur Gütermobilität und deren Auswirkungen auf die Logistik. Schon traditionell und ganz im Sinne der Vernetzung präsentierten sich auf der Tagung mit dem Wirtschaftsbereich Logistik und der Automobilindustrie zwei bedeutende Sparten. Verantwortlich für den Automotive Day zeichnete Alfons Dachs-Wiesinger, Logistik- Experte bei Magna Steyr. „Industrie 4.0 ist IT-getrieben, der Wert entsteht aber insbesondere in der Interdisziplinarität mit Maschinenbau und Elektronik/Elektrotechnik“, zeigte sich Professor Christian Ramsauer von der Technischen Universität Graz, Vorstand Institut für Industriebetriebslehre und Innovationsforschung, überzeugt. Durch Cyber-Physical Systems (CPS) oder die Synchronisierung von Abläufen in Produktionsnetzwerken einschließlich der Logistik lassen sich Wertschöpfungs-und Optimierungspotenziale vor allem in Hochlohnländern erzielen. Industrie 4.0 soll den hochpreisigen Wirtschaftsstandort Europa gegenüber Südamerika und Asien für die Zukunft absichern helfen, darin sind sich Experten aus Industrie, aber auch Handel und Logistikbranche einig. Die deutsche Plattform Industrie 4.0 hat beispielsweise zwölf Thesen mit konkreten Chancen präzise beschrieben. Mensch, Technik und Organisation bilden dabei die Eckpfeiler. So ergeben sich insbesondere Chancen für eine menschenorientierte Gestaltung der Arbeitsorganisation. Denn eines ist klar: Bei der vierten industriellen Revolution nimmt der Mensch mehr denn je eine Schlüsselrolle ein. Er wird zwar weniger ausführende Person, dafür übernimmt er aber wesentlich mehr dispositive Funktionen. Das heißt er überwacht und kontrolliert die Ablaufprozesse. Neue und etablierte Wertschöpfungsnetzwerke mit Mehrwert integrieren Produkt, Produktion und Service und ermöglichen die dynamische Variation der Arbeitsteilung. Kooperation und Wettbewerb führen zu neuen betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Strukturen in Organisationen. Technische Systeme beherrschen die Komplexität und schaffen Ressourceneffektivität und -effizienz. An Universitäten und in Unternehmen werden die Themenfelder schon intensiv erforscht, es gibt verschiedene Pilot- und Forschungsprojekte, die 4.0 breit auf den Weg bringen sollen. Eine Lernfabrik Industrie 4.0 mit Montagelinie wird ab Oktober dieses Jahres am IBL-Institut an der TU Graz entstehen. Ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Oxford University wird die Anwendung von bestehender Sensorik zur Optimierung der Produktion behandeln. Vom Gesamtverkehrsplan zum Masterplan Mobilität Auf Basis des vor rund eineinhalb Jahren vom Verkehrsministerium präsentierten Gesamtverkehrsplans wurde die Wirtschaftskammer Österreich eingeladen, in einer Arbeitsgruppe am Masterplan Mobilität mitzuarbeiten, berichtete beim steirischen Logistiktag Alexander Klacska, Bundesspartenobmann Transport und Verkehr der WKO. Unter Einbindung aller Stakeholder soll das steigende Mobilitätsbedürfnis sowohl im Personen- als auch Güterverkehr sichergestellt werden, der Standort Österreich an Attraktivität gewinnen und der Wertschöpfungsanteil am Verkehrs-/Logistikmarkt nachhaltig erhöht werden. 6 LOGISTIK express Ausgabe 2/2014 www.logistik-express.com

BLICKPUNKT „Durch den integralen Ansatz kristallisieren sich vier Schwerpunktbereiche für einen solchen Masterplan heraus: Die Verknüpfung der Verkehrsträger zur Schaffung einer leistungsfähigen Infrastruktur, die richtigen Rahmenbedingungen für deren effiziente Nutzung, fundierte Aus-und Weiterbildung sowie das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit“, betonte Klacska. Eine leistungsfähige Infrastruktur ist unabdingbar für die langfristige Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und damit auch der Steiermark. Die steirische Wirtschaft beispielsweise ist zu 75 Prozent exportorientiert. Im Masterplan Mobilität werden deshalb interdisziplinäre Vernetzungen berücksichtigt und es wird dabei die Frage gestellt, wo Verkehre ausgelöst werden, wo Warenströme entstehen, wie sie durch und aus Österreich gehen und wie sie in einem gesamteuropäischen Kontext modelliert werden können, so der Tenor bei einer der Diskussionsrunden auf dem steirischen Logistiktag. Dabei zur Sprache kam die für die Steiermark besonders relevante Baltisch-Adriatische Achse von Danzig in Polen über Wien, Graz, Klagenfurt bis nach Italien. Und auch ein Thema ist das Nadelöhr Pyhrn- Achse, wo schon im Vergleich zum Bau des Semmering- und Koralmtunnels mit relativ geringem Aufwand rasch große Wirkung zu erzielen wäre. Baltisch-Adriatischer Korridor ist wichtig für die Steiermark Das EU-Europa setzt auf ein einheitliches Verkehrssystem. Dabei spielt der Ausbau der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN) eine wichtige Rolle. Der Fokus richtet sich auf den Ausbau der Infrastruktur von Schiene und Straße. Entlang dieses Baltikum- Adria-Korridors mit einer Länge von 1.820 Kilometern finden sich 85 markante Ballungsräume und Wirtschaftsstandorte, die vom Ausbau dieser Achse nachhaltig profitieren werden. Die Achse durchquert 20 europäische Regionen, in denen 40 Mio. Menschen leben. Die Achse Adria-Baltikum ist auch deshalb von europäischer Bedeutung, weil sich die Häfen Venedig, Triest, Koper und Ravenna zu einer Allianz zusammengeschlossen haben und in den nächsten Jahren ambitionierte Ausbauprojekte im Wert von 3,4 Mrd. Euro in Angriff nehmen. Die Entwicklung des Korridors sieht auch wirtschaftliche Kooperationen über die Grenzen hinweg vor. Derzeit werden entlang der gesamten Route der Bedarf und die wirtschaftlichen Schwerpunkte unter Einbindung der lokalen Wirtschaft der einzelnen Regionen erhoben. Das Ziel ist, wirtschaftliche Kooperationen zu initiieren, die den Menschen und der Wirtschaft nutzen. Unternehmen sollen sich entlang des Korridors ansiedeln. Für Österreich ist der Korridor besonders wichtig, weil damit die Bahnstrecke von Wien über den Semmering nach Graz und Klagenfurt in Richtung Italien aufgewertet wird. Auf dieser Strecke investiert Österreich viele Milliarden Euro in den Ausbau der Südbahn mit den beiden Großprojekten Semmering- und Koralmtunnel. Der neue Hauptbahnhof Wien fungiert künftig als Drehscheibe für TEN-Korridore zwischen West- und Südosteuropa. Von diesem Korridor gehen bereits erste Impulse aus: So rollen schon durchgehende Güterzüge zwischen dem slowenischen Koper und dem polnischen Hafen Danzig. Diese Züge legen in Wien einen Stopp ein, wo beispielsweise Container nach Russland verladen werden können. Das deshalb, weil in Katowice in Polen ein infrastruktureller Link zwischen dem europäischen Normalspurnetz und der russischen Breitspur besteht und dort Waren umgeladen werden können. Dass dieser Korridor als prioritäres TEN- Projekt gilt, ist nicht zuletzt dem massiven österreichischen Lobbying in Brüssel zu verdanken. Ursprünglich hätte der Korridor in Wien enden sollen. Österreich hat die Verlängerung von Wien in Richtung Süden in Richtung Italien reklamiert - und das hat sich gelohnt: Durch die Verlängerung des Korridors kann Österreich seine Tunnelprojekte durch Semmering und Koralm politisch legitimieren und bekommt zu deren Bau auch noch Geld aus Brüssel zugeschossen. In der Steiermark, die sowohl vom Ausbau der Semmering-Strecke als auch von der neuen Koralmbahn profitiert, zeigt man sich erfreut über die Aufnahme in das TEN-Konzept der EU. „Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Steiermark wird durch den Anschluss an das TEN-Netz der EU enorm aufgewertet“, freut sich der steirische Landeshauptmann Franz Voves. Bislang waren die Bahnverbindungen von Wien ausgehend in die Steiermark und in das Bundesland Kärnten eher zweitrangig, investiert wurde primär in den Ausbau der Westbahn von Wien nach Salzburg. Doch mit dem Status als Teil des Baltisch-Adriatischen Korridors rechnen beide Bundesländer mit einer Ansiedelung von neuen Unternehmen entlang der Strecke. Und damit verbunden mit einer steigenden Wertschöpfung. Allein der Bau der beiden Tunnels durch Semmering und Koralm kostet 8,5 Mrd. Euro und macht so 85 Prozent der für den österreichischen TEN-Anteil vorgesehenen Budgetmittel aus. Berechnungen zufolge ist der Korridor von Danzig nach Ravenna für 24 Mio. Tonnen Güter im Bahntransport aufnahmefähig. Der Korridor gilt gleichsam als einer der wichtigsten alpenquerenden Korridore im europäischen TEN-Netz. Der Korridor werde für den südösterreichischen Wirtschaftsraum einen großen Gewinn bringen, ist Anton Moser, Geschäftsführer der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Steiermark, überzeugt. Expertenberechnungen gehen davon aus, dass die sogenannten „Erreichbarkeitsgewinne“ durch den Bau von Semmering- und Koralmbahn bei 250 Mio. Euro pro Jahr liegen werden. Allerdings erst dann, wenn beide Großbauprojekte abgeschlossen sein werden, was also frühestens 2025 der Fall sein wird. Erreichbarkeitsgewinne stehen in diesem Fall für positive volkswirtschaftliche Effekte. Betriebswirtschaftlich sieht die Rechnung freilich anders aus. Beide Tunnels sowie die notwendigen Anschlussstrecken rechnen sich betriebswirtschaftlich nicht. (LE) www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 2/2014 7

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