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LE-2-2014

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

BLICKPUNKT Fenchel und

BLICKPUNKT Fenchel und Kümmel für unsere Regierung? Bei Blähungen helfen Fenchel und Kümmel, damit das Verdauungssystem sich beruhigt. Aber was tun bei einem aufgeblähten Verwaltungsapparat? Die Abgabenquote ist so hoch wie nie zuvor, Tendenz weiter steigend. Die Koalitions“partner“ streiten, weil keiner seine Wählerschäfchen scheren und damit am eigenen Steuer-Futtertrog sägen möchte. In Puncto Steuerreform herrscht Stillstand, und sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer leiden. Wo soll das nur hinführen? REDAKTION: ANGELIKA GABOR Wirtschaftsexperten fordern seit Jahren eine Senkung der Lohnnebenkosten. Doch trotz durchaus ambitionierten medialen Echos verhallten diese Forderungen bislang stets ungehört (oder überhört) in den Weiten der Regierungsgebäude. Eine Studie der OECD zeigt, dass die österreichische Abgabenquote (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) in Prozent des BIP im Jahr 2012 stolze 44,6 Prozent betrug. Die Prognose für 2013 lag sogar bei 45,3 Prozent... Darüber können die USA, Wirtschaftsmacht und durchaus auch Konkurrent Europas in bestimmten Bereichen, nur lachen: hier lag diese Quote 2012 bei 24,7 Prozent. Zwar kletterte sie im letzten Jahr auch auf 26,3 Prozent, aber trotzdem liegen da fast 20 Prozentpunkte dazwischen. Gut, dafür sind auch das Sozial- und Gesundheitswesen in den USA absolut nicht mit unserem zu vergleichen, aber es muss doch auch einen Mittelweg geben. Wie kann es sein, dass berufstätige Menschen sich kaum ihr Leben leisten können? Dass sich Familien von Urlaubs- zu Weihnachtsgeld wursteln, um Zahlungsrückstände zu tilgen? Wie aus dem Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich hervorgeht, reicht beispielsweise in den Berufssparten Gastronomie, Einzelhandel, Kinderbetreuung, Friseur- und Kosmetikgewerbe für 11 Prozent der Beschäftigten das Einkommen nicht aus: „working poor“ ist in Österreich Realität, besonders Frauen sind davon betroffen. Das bedeutet, das Haushaltseinkommen liegt unter der Armutsgefährdungsschwelle – aktuell 12.792 Euro pro Jahr für einen Ein-Personen-Haushalt. Zum Vergleich: der österreichische Bundespräsident verdient knapp das Doppelte davon. Allerdings 14 Mal pro Jahr. Oder, weil ich Vergleiche mag: Gerhard Angelika Gabor Roiss, CEO der OMV, muss für diesen Betrag rund 31 Stunden arbeiten (der verdiente 2012 nämlich 3.588.000 Euro). Wo liegt hier die Verhältnismäßigkeit? Wie kann es sein, dass börsenotierte Unternehmen auf der einen Seite Sparkurse fahren und teilweise Arbeitsplätze abbauen oder auslagern, auf der anderen Seite aber dank hoher Bonuszahlungen Traumgagen kassieren? „Der Wildwuchs bei den Managergehältern muss dringend eingedämmt werden“, meinte Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske angesichts der Tatsache, dass ein Vorstand eines ATX-Unternehmens locker das 49-fache eines österreichischen Duchschnittsgehalts auf seinem Konto findet. Da kann man schon verstehen, dass Finanzminister Spindelegger auf die kreative Idee kommt, die Reichen des Landes einfach um einen freiwilligen Beitrag zugunsten der Forschung, Bildung und Entwicklungshilfe zu bitten. Liest sich auch viel angenehmer als eine „Reichensteuer“, schreibt keinen fixen Betrag vor und ist so herrlich unverbindlich. Um es klar zu stellen: Vermögenssteuern sind kein Allheilmittel für ein verpfuschtes Budget und fehlenden Reformwillen. Sie können maximal populistisch den Volkszorn besänftigen, wenn der Mittelstand sich nicht mehr als alleinige Melkkuh fühlt. Transparenz bei der Vergabe von Förderungen, ein klares, einfaches Steuersystem ohne unzählige Ausnahmeregelungen mit höherer Freibetragsgrenze und vor allem: ein Senken der immensen Lohnnebenkosten, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu attraktivieren – das sind Punkte, die uns voranbringen würden. Denn wenn mehr Unternehmen sich hier ansiedeln, steigt wieder die Quote der Beschäftigten. Und wenn diesen gleichzeitig mehr im Geldbörserl bleibt, wird auch endlich der Konsum wieder angekurbelt – das wäre der nötige Beginn einer nachhaltigen Aufwärtsspirale. Und dann kann man den oft zitierten Wirtschaftskammer-Slogan „Geht‘s der Wirtschaft gut, geht‘s uns allen gut“ auch umdrehen: geht’s uns allen gut, geht’s auch der Wirtschaft gut. Denn egal was produziert wird- wenn’s keiner kauft, ist das Unternehmen zum Scheitern verurteilt. 4 LOGISTIK express Ausgabe 2/2014 www.logistik-express.com

JOB KARRIERE BLICKPUNKT Russland: Nach der Krise ist vor der Krise Die Russische Föderation gilt zurecht als eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen der Welt. Doch die Risiken und Herausforderungen nehmen nicht ab. KOMMENTAR: BERNHARD ALBERT Als flächenmäßig größtes Land der Erde verfügt Russland über gewaltige Rohstoffvorkommen bei Durchschnittslöhnen weit unterhalb des Niveaus der Europäischen Union. Das macht Russland zu einem begehrten Produktions- und Investitionsstandort und zugleich zum Zukunftsmarkt für die Investitionsgüterindustrie. Riesige Transportstrecken, wachsende Transportvolumen, unzureichende Logistikkapazitäten und ein boomender Einzelhandel verstärken die Entwicklung. Die Nachfrage nach hochwertigen Verkehrs- und Logistikdienstleistungen ist Bernhard Albert ungebrochen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen: Die Risiken in den russischen Märkten wachsen. Die keinesfalls überwundenen Herausforderungen der letzten zehn Jahre waren widersprüchliche regionale Gesetze, wechselhafte Rechtsauslegungen, lokale Machtverhältnisse und widerstreitende Wirtschaftsinteressen - verschärft durch Korruption und Kriminalität. Heute kommen nicht nur Handelsschranken trotz WTO-Beitritt und das Gezerre um das TIR-Verfahren hinzu, sondern vor allem die Aktivitäten Russlands zur Stärkung der eigenen geopolitischen Bedeutung. Ein Ziel, das mit der Ukraine-Krise verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit erlangt hat. Auch die jüngsten Wahlen haben die Lage keineswegs entschärft. Zumal die Ukraine nicht der einzige mögliche Krisenherd in der russischen Einflusszone ist. Sanktionen gegen Russland werden auf alle zurückwirken, die diese Sanktionen aussprechen und vollziehen. Bei den zu erwartenden Gegenmaßnahmen des russischen Staates werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nationale über wirtschaftliche Interessen gestellt. Wie sich das auswirken kann zeigen die neuesten Meldungen aus dem deutschen Branchenverband der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). Zwei Drittel der Unternehmen spüren die Folgen schon heute deutlich. Zunehmend können bereits lieferfertige Anlagen nicht exportiert werden, weil die entsprechenden Exportgenehmigungen ausbleiben. Gleichzeit nimmt die Zahl der Anfragen ab, während die Stornierungen zunehmen. Dass in Russland auch sonst nicht immer das Primat der Ökonomie gilt, lässt sich an den zwar begonnenen, aber viel zu zögerlichen Investitionen in die Modernisierung und den Ausbau der nationalen Infrastrukturen gut erkennen. Hier stehen Eigennutz und eine überbordende Bürokratie über den wirtschaftlichen Interessen einer Weltmacht. Die starke Orientierung Russlands in Richtung China erscheint vielen als Schimäre. Unter welchen Bedingungen das jüngste Handelsabkommen über Gaslieferungen realisiert werden kann, bleibt ungewiss. Die entsprechenden Gasfelder in Ostsibirien sind noch unerschlossen, die erforderlichen Pipelines fehlen und selbst Experten bezweifeln, dass das Vorhaben wirtschaftlich ist. Eines aber ist klar mit diesem Abkommen hat sich das geopolitische Gleichgewicht nach Osten verschoben. In Kombination bilden China und Russland wirtschaftlich eine gewaltige Macht. Schon zuvor gab es zahlreiche ge- meinsame Projekte etwa zur Erschließung von Rohstoffen oder zur Entwicklung von Linienflugzeugen und Automobilen. Andererseits darf man diese Entwicklungen nicht überbewerten. Die sehr gut ausgebauten Infrastrukturen in Richtung Europa sprechen eine deutliche Sprache. Aus diesem Markt und aus den dort möglichen Kooperationen wird sich Russland auf Dauer sicher nicht verabschieden wollen. Den möglichen Risiken am russischen Markt stehen gewaltige Investitionsvolumen im Bereich der Infrastrukturentwicklung, der Exploration von Rohstoffen, der Modernisierung der Industrie und der Landwirtschaft gegenüber. Die machen diesen Markt für Unternehmen höchst attraktiv. Doch was Produzenten, Lieferanten und Investoren heute benötigen, sind verbindliche Aussagen und Rechtssicherheit. Gerade die jedoch sind Mangelware im russischen System. Unternehmen tun gut daran, in dieser Gemengelage einen klaren Kopf zu behalten. Sie sollten die möglichen Entwicklungen gründlich analysieren, Chancen und Risiken für das eigene Geschäft systematisch betrachten und dabei Kunden- und Lieferantenbeziehungen nicht aus dem Blick verlieren. Vor allem wird es wichtig sein, zu klaren Abschätzungen zu den Zeithorizonten der möglichen Entwicklungen Russlands zu kommen, diese in Beziehung zu den Zeitspannen der eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten zu setzen und daraus die beste strategische Entscheidung für jedes mögliche Geschäftsfeld abzuleiten. Geopolitisch orientierte Systemanalysen und Risikobetrachtung sowie eine expertengestützte Marktanalyse, die die konkreten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt, sind unabdingbare Voraussetzungen für den Unternehmenserfolg im russischen Markt. (AG) www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 2/2014 5

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