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LE-2-2013

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

BinnenschiffsLOGISTIK

BinnenschiffsLOGISTIK Rohstofflogistik mit der Bohne an Bord! Die Schifffahrt ist für die Rohstoffversorgung unverzichtbar. Der deutsche Staatssekretär Otto stellte bei der diesjährigen Nationalen Maritimen Konferenz klar: Wir brauchen die maritime Wirtschaft zur Lösung zentraler Zukunftsfragen, wie zum Beispiel der Rohstoffversorgung. Redaktion: Peter Baumgartner Die europäische Rohstoffpolitik macht sich in einer gemeinsamen Rohstoffstrategie laufend Gedanken darüber, wie künftig eine Rohstoffversorgungssicherheit gewährleistet werden kann und über welche Rohstoffmärkte dies geschehen soll. Der Rohstofflogistik kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Insbesondere die Schifffahrt auf See und die Binnenschifffahrt sind tragende Säulen der Rohstofflogistik. Neunzig Peter Baumgartner Prozent aller Warenströme in Europa werden über die See- und Binnenhäfen der Gemeinschaft abgewickelt. Für den Hinterlandverkehr auf den Binnenwasserstraßen sorgt die Binnenschifffahrt. Trotz andauernder, weltweiter Krisen wird der internationale Handel weiter wachsen. Darin sind sich alle Experten einig. Primärrohstoffe sind dabei die wesentlichsten Handelsgüter. Für eine ganze Reihe von Rohstoffen ist das Binnenschiff mehrheitlich Bestandteil im Modal Split. Früher einmal haben Binnenschiffe auch Menschen transportiert. Keine Touristen, sondern Menschen, die zum Beispiel umgesiedelt wurden, wenn es die kaiserlichen Kolonialisierungspläne erforderlich machten. Auf diese Transporte kann die Binnenschifffahrt heute sicher gerne verzichten. Tiere zählen auch fast nur mehr im verarbeiteten Zustand zum Transportgut auf Binnenschiffen. Die Haupttransportart in der Binnenschifffahrt sind Erze und Steine, gefolgt von Produkten der Kokerei und flüssigen Mineralölerzeugnissen. Nach Kohle, Erdöl und Erdgas kommen auf dem vierten Platz aber schon chemische Erzeugnisse, dicht gefolgt von Produkten der Land- und Forstwirtschaft. Dann kommt der expandierende Anteil an Sekundärrohstoffen, noch knapp vor Nahrungs-und Genussmitteln. Am „Hamburger Erzgebirge“ Agrarrohstoff Umschlag in Korneuburg / Foto: Chudik Helmut (Hafen Hamburg) können pro Tag 180.000 Tonnen Kohle und Erz umgeschlagen werden. Außerdem verfügt Hamburg über eine Silolagerkapazität von 1 Mio. Tonnen. Bereits 40 Prozent des weltweit geförderten Rohöls kommt per Seeschiff zu den niederländischen Häfen, und ein wesentlicher Anteil davon geht mit dem Binnenschiff weiter in das Hinterland. Jedoch, die ursprüngliche Meinung, dass Binnenschiffe nur für Massenschüttgut geeignet seien, ist überholt. Tatsächlich ist das Binnenschiff das typische Transportmittel für Rohstoffe, und durch das rasante Anwachsen des Containertransportes gibt es heute praktisch kaum noch eine Warengruppe, die nicht für das Binnenschiff in Frage kommt. Gut, für die „Gewürzmetalle“ wird das Binnenschiff als Transportmittel weiterhin ohne Bedeutung bleiben. Dafür erlangt die Binnenschifffahrt mit dem Anwachsen der Recycling-Industrie zunehmend an Bedeutung im Bereich der Sekundärrohstofflogistik. Die Politik sieht nämlich vor, bis 2020 nahezu zwei Drittel aller Siedlungsabfälle wiederzuverwerten. Die Trennung und das Recyceln von Holz, Papier, Metall und Kunststoff werden also weiter zunehmen und für wachsende Transportvolumen in der Binnenschifffahrt sorgen. Für einige Ladungsarten stellt die Binnenschifffahrt Spezialschiffe zur Verfügung, die insgesamt zwar mengenmäßig weniger Ladung transportieren, aber für bestimmte Relationen enorm wichtig sind. So gibt es zum Beispiel eigene Tankschiffe für 3000 Tonnen Getreide passen auf ein Binnenschiff/ Baumgartner Peter Mineralwasser, Zement und Mehl. Blumen werden in besonders dafür geeigneten Containerschiffen transportiert, und chemische Produkte finden sich auf Schiffen, die genau ihrem Typ entsprechen. Grundsätzlich sind die Binnenschiffe in Bezug auf ihre Abmessungen in sieben Klassen von internationaler Bedeutung nach UNECE eingeteilt, die den ihnen zugeordneten Wasserstraßenklassen entsprechen. So entspricht zum Beispiel die Donau mehrheitlich der Klasse VII, was einer zugelassenen Schiffslänge von bis zu 285 Meter entspricht. Schiffsverbände in dieser Klasse transportieren bis zu 27.000 Tonnen. Im westdeutschen Wasserstraßennetz dominiert das Motorschiff mit einer Länge von bis zu 135 Meter und ca. 6.000 Tonnen oder Verbände bis zu 185 Meter und 12.000 Tonnen Tragfähigkeit. Für Rohstoffe aus der Mineralölindustrie gibt es aber bereits einzelne Schiffe, die allein mit 147 Meter Länge und 22,80 Meter Breite fast 12.000 Tonnen transportieren können. Auf den kleineren Wasserstraßen von regionaler Bedeutung fahren Binnenschiffe schon ab etwa 250 Tonnen Tragfähigkeit. Übersehen wird noch oft, dass viele Binnenwasserstraßen gleichzeitig auch Seewasserstraßen sind und von Seeund Binnenschiffen befahren werden. Allein Deutschland hat mehr als 800 Kilometer Seewasserstraßen ausgewiesen, die bis tief in das Ruhrgebiet hinein reichen. Der Nord-Ostsee- Kanal ist davon, was wenig bekannt ist, die wichtigste Wasserstraße überhaupt in Europa und die am meisten befahrene künstliche 18 LOGISTIK express Ausgabe 2/2013 www.logistik-express.com

BINNENSCHIFFSLOGISTIK Zementtanker / Foto: Chudik Helmut Zuckerrüben Umschlag im Ennshafen / Foto Steindl Otto Wasserstraße der Welt für See- und Binnenschiffe. Auch auf der Donau fahren Seeschiffe zum Beispiel bis nach Braila oder Galatz. Das sind 170 Flusskilometer. In Europa agieren derzeit etwa 70 Reedereien im Kurzstreckenseeverkehr (KSSV) und bieten wöchentlich etwa 250 Verbindungen zu diversen Häfen an. Fast alle verbinden den Seeweg mit Häfen an den Binnenwasserstraßen. Da man es verabsäumt hat, den einzigen deutschen Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port mit der Binnenschifffahrt zu verbinden, wird jetzt versucht, eigens für diesen Küstenbereich einen neuen Binnenschiffstyp zu bauen. Eine dringend notwendige Maßnahme, denn das Thema Marine Mineralische Rohstoffe und deren Ausbeutung wird immer aktueller. Deutschland hat mit 500 Unternehmen und 200 wissenschaftlichen Abteilungen, die auf diesem Sektor arbeiten, die Führung übernommen und ist dabei, eine eigene nationale Arbeitsgemeinschaft zu gründen. Die Rohstoffpolitik ist sich mit der Wirtschaft einig, dass es grundsätzlich Aufgabe der Wirtschaftsunternehmen ist, ihre Rohstoffversorgung sicherzustellen. Die einzelstaatlichen und europäischen Aktivitäten konzentrieren sich darauf, die Rohstoffsicherungsbemühungen der Wirtschaft nachdrücklich und effizient zu flankieren. Dazu zählt auch die Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur. Der sichere Zugang ist für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit der europäischen Industrie von grundlegender Bedeutung. Die Sicherheit der Rohstoffversorgung für die Lebensmittelindustrie gilt als einer der wichtigsten Gründe für die gemeinsame Agrarpolitik in der Union. Die Sojabohne – oder „Nazi-Bohne“ – wie sie einmal genannt wurde, ist so ein Rohstoff von wachsender Bedeutung. Derzeit ist Europa bei der Soja- Versorgung aber alles andere als autark. 98 Prozent der benötigten Menge (33 Millionen Tonnen) müssen jährlich importiert werden. Hauptsächlich aus den USA, Argentinien und Brasilien. Laut Schätzungen der Landwirtschaftskammer Oberösterreich könnte die geplante Soja-Produktion im Donauraum mittelfristig rund 4 Mio. Tonnen und langfristig sogar 10 Mio. Tonnen Importe ersetzen, und die Wasserstraße bietet dafür eine hervorragende Transportinfrastruktur. Längst haben sich deshalb alle möglichen Anbaugebiete im Donauraum vereinigt und folgen gemeinsamen Interessen der Rohstoffversorgungssicherheit. Und das ist auch dringend notwendig. Mit dem starken Anstieg der weltweiten Rohstoffnachfrage ist eine Zuspitzung der Situation in der Rohstoffverfügbarkeit zu befürchten. Der Industrie droht eine Rohstofflücke. Trotzdem machen sich Industrie und Politik gegenwärtig hauptsächlich Sorgen um den Zugang zu den Rohstoffen. Weniger aber, ob diese über kontrollierbare Transportsysteme auch sicher beim Verbraucher ankommen können. Bereits jetzt wird die Verfügbarkeit von Rohstoffen durch illegal geführte Transporte gestört (IMPEL). Bei manchen Chargen sind die Wertschöpfungskette vom Rohstofferzeuger, Händler, Transporteur und der maßgebliche Einfluss am Finanzsektor in einer Hand vereint. Infolgedessen kam es auf den Grundstoffmärkten in den vergangenen Jahren zu beispiellosen Preisschwankungen. Diese Preisschwankungen wurden durch eine Reihe strukturbedingter Probleme in der Lieferund Vertriebskette verschiedener Grundstoffe noch verschärft. Die Verfügbarkeit von Transportinfrastruktur und –Dienstleistungen zählt zu diesen Problemen. Daher haben die Europäische Kommission und die nationalen Regierungen eine Reihe von Initiativen eingeleitet. Dazu zählt eine Verwundbarkeitsanalyse der Ex- und Importkorridore mit dem Zweck, die Identifikation von Schwachstellen in denjenigen Transport- und Logistikinfrastrukturen zu erkennen, die für die Versorgung mit volkswirtschaftlich relevanten Rohstoffen von großer Bedeutung sind. Für die Schweiz ist zum Beispiel der Rhein eine bedeutende Logistikinfrastruktur. 33 Prozent der importierten Mineralölprodukte kommen mit dem Binnenschiff in das Land. Das deutsche Forschungsprogramm KLIWAS zielt darauf ab, klimabedingte Änderungen der Abflüsse und Wasserstände für Binnenwasserstraßen abzuschätzen. Analog werden für die Küstengewässer klima-bedingt veränderte Strömungen und Tidewasserstände und deren Auswirkungen auf die Schifffahrt untersucht. Gleichzeitig werden Anpassungsoptionen für die Schifffahrt entwickelt. In Österreich befasst sich das staatliche Forschungsprojekt KIRAS mit der Sicherheitsforschung, die den Schutz von kritischen Infrastrukturen beinhaltet. Bis in die 90iger Jahre waren viele Infrastrukturen, die heute als „kritisch“ angesehen werden, im Eigentum der öffentlichen Hand. So auch das Verkehrssystem Binnenschifffahrt. Mit dem Rückzug des Staates aus privatwirtschaftlichen Aktivitäten sind die Ansprechpartner und Hauptakteure zum Schutz kritischer Infrastrukturen Unternehmen geworden, die strategische Funktionen wahrnehmen sollen. Der Staat kann diese letztlich nur noch unterstützen, die Verantwortung liegt bei der Unternehmensleitung und den Eigentümern. So wie Deutschland versucht allerdings auch Österreich, über neue gesetzliche Regelungen diese Unternehmen stärker unter Schutz zu stellen, damit gesamtstaatliche Interessen gewahrt bleiben. Zum Schluss kann man sagen, in der Schweiz liegt die Rohstoffversorgungssicherheit der Raffinerien maßgeblich in der Hand von Kapitänen der Binnenschifffahrt. In Österreich obliegt die alleinige Verantwortung der Rohstoffversorgungssicherheit für die Stahlindustrie bei der Binnenschifffahrt und in Deutschland ist die Binnenschifffahrt Träger der Energieversorgung. Insgesamt sind die Binnenschifffahrt und die Wasserstraßeninfrastruktur in Europa eine tragende Säule der Rohstoffversorgungssicherheit. (PB) www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 2/2013 19

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