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LE-2-2012

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

JOB KARRIERE Fachkräfte

JOB KARRIERE Fachkräfte dringend gesucht Nach einer aktuellen Umfrage der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. sind Logistiker derzeit gefragt, wie nie zuvor. Weil aber auch andere Branchen und Wirtschaftszweige in den Zeiten des demografischen Wandels verstärkt nach qualifizierten und motivierten Mitarbeitern Ausschau halten, beklagen Unternehmen zurzeit jedoch immer lauter, wie schwierig es ist, die vielen offenen Stellen mit geeignetem Personal zu besetzen. REDAKTION: KARIN WALTER Schichtbetrieb, flexible Arbeitszeiten, zum Teil mittelmäßige Verdienstmöglichkeiten, und die regelmäßig wiederkehrende Aufgabe, große Gewichte zu handeln: All diese Argumente verleihen der Logistikbranche in den Augen vieler Jobsuchender ein eher negatives Image. Wie in vielen Unternehmen in Österreich werden deshalb auch bei der Handelskette SPAR die Sorgen, für den Bereich der physischen Logistik zu wenig geschulte und motivierte Mitarbeiter zu rekrutieren, zunehmend größer. „Vor allem vor der Wirtschaftskrise hatten wir im Bereich der operativen Logistik zum Teil gravierende Schwierigkeiten, die offenen Stellen zu besetzen“, bestätigt Martin Gleiss, Logistikleiter der SPAR Österreichische Warenhandels AG. Aber auch für die Jobs in den mittleren und gehobenen Managementebenen sei es keine leichte Aufgabe, gut qualifiziertes Fachpersonal zu bekommen. Wie der Logistikabteilung der Handelskette SPAR ergeht es zurzeit vielen Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Laut einer aktuellen Studie der Bundesvereinigung Logistik e.V. in Bremen werden in diesem Jahr insgesamt noch rund 50.000 Stellen in der deutschen Logistikwirtschaft zu besetzen sein. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen klagt jedoch über Probleme bei deren Besetzung. Fragt man Personalberater, so erhielt noch vor wenigen Jahren ein Logistikunternehmen 100 bis 150 Bewerbungen auf eine Stelle – egal, ob Schichtführer, Disponent oder Call Center Agent. Heute gingen auf eine Stellenausschreibung zum Teil weniger als zehn Bewerbungen ein, heißt es in der Studie. Für den österreichischen Markt fällt das Ergebnis der Logistikarbeitsmarktanalyse in etwa deckungsgleich aus. „Der Bereich Logistik bildet einen Fokus, in dem sich Unternehmen immer stärker engagieren und Mitarbeiter aufbauen“, beobachtet LAbg. Dipl.-Ing. Roman Stiftner, Präsident der BVL Österreich. Der Beruf des Logistikers sei auf der einen Seite zwar stark im Kommen. Er würde bei den potenziellen Nachwuchskräften auf der anderen Seite zum Teil jedoch immer noch nicht mit einer eigenen Branchenkompetenz wahrgenommen werden. Weshalb hervorragend qualifizierte Fachkräfte von den Unternehmen in Industrie, Handel und Dienstleistungsbranche zum Teil heftig umworben werden, erklärt Stiftner mit dem gehobenen Anforderungsprofil an die künftigen Beschäftigten: „Logistiker brauchen eine hohe Analysefähigkeit“, so der BVL-Präsident. „Sie müssen Prozessdenker in ihren Bereichen sein und Generalisten in allen anderen Bereichen.“ Zusätzlich sei es notwendig, dass sie über ein hohes Maß an kommunikativem Gespür verfügen sowie über die Fähigkeit, Change-Prozesse in Unternehmen aktiv mit zu begleiten. Keine fix-fertigen Führungskräfte einzukaufen, sondern junge Leute schon sehr früh mit verantwortungsvollen Aufgaben auszustatten, mit denen sie im Laufe der Zeit mitwachsen können, lautet daher das Erfolgskonzept bei der österreichischen SPAR Warenhandels AG. „Mir ist es nicht wichtig, welches Studium oder welche Hochschule ein Kandidat absolviert hat“, betont der SPAR-Logistiker Gleiss. „Das Interesse für die Aufgaben und die Fähigkeit, über den Tellerrand hinaus zu blicken, diese beiden Faktoren sind für das Bewerberprofil in meinen Augen das Maß der Dinge.“ Dass von den Unternehmen bisweilen längst nicht mehr nur Wirtschafts- und Ingenieurwissensschaftler nachgefragt werden, sondern immer stärker auch IT-Fachkräfte, macht indessen auch den zahlreich auf dem Markt vertretenen Logistiksoftware-Häusern und Logistik-Automatisierungsanbietern zu schaffen. „Besonders im Raum Steiermark ist die Nachfragesituation auf dem IT-Fachkräftemarkt derzeit sehr angespannt“, klagt zum Beispiel Dr. Werner Schaberl, Geschäftsführer des Logistik-IT-Anbieters ISA GmbH. „Wir haben auf Recruiting-Veranstaltungen in der Vergangenheit durchaus schon erlebt, dass 70 Unternehmen um die Gunst von 40 Studienabsolventen geworben haben.“ Mit einer Frauenquote von aktuell nur rund 20 Prozent im eigenen Unternehmen motiviert der Geschäftsführer ISA GmbH insbesondere Frauen, über eine berufliche Zukunft im Logistik-IT-Sektor nachzudenken. „Wir setzen zurzeit Vieles daran, um unseren Bereich für den weiblichen IT-Nachwuchs sexier zu machen“, sagt Schaberl. „Das Potenzial, das wir Frauen im Hinblick auf einen interessanten und sicheren Job anbieten können, ist beträchtlich.“ (WAL) FOTO: ISTOCKPHOTO.COM 44 LOGISTIK express Ausgabe 2/2012 www.logistik-express.com

JOB KARRIERE Gleiche Arbeit, gleicher Lohn Waren Logistiker vor einigen Jahren ausschließlich für Transport, Umschlag und Lagerung zuständig, erweitern sich deren Kompetenzen seit einigen Jahren mehr und mehr auch um zentrale Aufgabenbereiche innerhalb der Produktion. Befördert dies die Attraktivität der Logistikbranche im Wettbewerb der Unternehmen um qualifiziertes Fachpersonal? Oder steigt dadurch eher die Gefahr, dass die Branche in der öffentlichen Wahrnehmung zur „Niedriglohn-Werkbank“ diverser Industriezweige verkommt? Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesvereinigung Logistik (BVL), bezieht im Logistik-express- Interview dazu Stellung. REDAKTION: KARIN WALTER Herr Prof. Wimmer, laut einer aktuellen Studie der BVL zum Thema „Arbeitsmarkt Logistik“ ist die Zahl der Unternehmen, die Neueinstellungen planen, groß. Jedoch geben mehr als 50 Prozent der befragten Unternehmen an, Karin Walter Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen zu haben. Sind die Verdienstmöglichkeiten für Logistiker denn unattraktiver als in anderen Branchen? Mit rund 222 Millionen Euro Umsatz und 2,8 Millionen Beschäftigten ist die Logistik der drittgrößte Wirtschaftsbereich in Deutschland – hinter Automobilindustrie und Handel und noch vor dem Maschinenbau. Verglichen mit diesen etablierten Schwergewichten der KOMMENTAR: UMDENKEN GEFORDERT Was waren das noch für Zeiten als die Konjunktur in den 50er und 60er Jahren aufblühte, die beruflichen Möglichkeiten in alle Richtungen offen standen, und beinahe Jedermann über ausreichend Zeit und Geld verfügte, um Job, Familie und Freizeitvergnügen unter einen Hut zu bringen! Abgesehen von dem seit mehreren Jahren bereits anhaltenden Wirtschaftsboom ist von allen früheren Privilegien für die Berufs- und Lebensplanung heute nicht mehr viel übrig geblieben. Im Gegenteil: Die meisten Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungswirtschaft haben es in den vergangenen Jahren zum Volkssport gemacht, nur noch befristete Arbeitsverträge auszustellen – mäßige Rahmenbedingungen, gesunkene Einstiegsgehälter und ein Thomas Wimmer Einkommen. deutschen Wirtschaft ist der gerade mal rund 30 Jahre alte Wirtschaftsbereich Logistik ein Newcomer, der in mancher Hinsicht Spitzenleistungen erbringt, punktuell jedoch Entwicklungsbedarf hat – leider in einigen Fällen auch bei den Halten Sie den guten Ruf der Logistikbranche durch den anhaltenden Trend zum Niedriglohn-Outsourcing für gefährdet? Niedriglohn und Outsourcing passen nicht zusammen. Für Kontraktlogistik werden spezialisierte Arbeitskräfte gebraucht, die zu einer deutlich erhöhten Effizienz logistischer Prozesse in Industrie und Handel beitragen. zunehmendes Maß an geforderten Überstunden inklusive. Wenn sich Unternehmen nun beklagen, keine geeigneten Bewerber mehr zu finden, dann tut es sicherlich Not, sich an die eigene Nase zu fassen anstatt die Politik, Schulen und andere Ausbildungsträger in die Verantwortung zu rufen. Nach den simplen Regeln der Marktwirtschaft sollte es jedenfalls möglich sein, den Arbeitskräftebedarf über faire Gehälter, gute Qualifizierungsmöglichkeiten und familienfreundliche Arbeitsbedingungen zu decken. In erster Linie braucht es ein Umdenken in der Unternehmenskultur. Sonst droht der Wirtschaft durch den demografischen Wandel, möglicherweise aber auch durch das Abwandern von jungen Fachkräften ins Ausland, schon bald ein wirkliches Fachkräftemangelproblem. (WAL) Im Zusammenspiel zwischen den Auftraggebern und den Kontraktlogistikern werden vielfach neue Lösungen für logistische Aufgaben entwickelt. Auch können Synergieeffekte erschlossen werden, wenn ähnliche Tätigkeiten für mehrere Kunden zusammengefasst werden. Neue Lösungen kommen allen Beteiligten zugute, denn damit wird der Aufwand für Leistungserstellungen gesenkt. Die deutsche Industriegewerkschaft Metall hat vor nicht allzu langer Zeit angekündigt, niedrige Löhne bei industrienahen Mehrwertleistungen nicht mehr hinzunehmen. Unterstützen Sie den Vorstoß der Industriegewerkschaft für einen flächendeckenden Tarifvertrag mit der Logistikbranche? Ja und nein. Generell gilt, dass Kolleginnen und Kollegen, die im Unternehmen die gleichen Arbeiten verrichten, auch den gleichen Lohn erhalten sollten. Aber die Grenzen zwischen Produktion und Service sind fließend und die Systeme von Wertschöpfung und Dienstleistung sind unterschiedlich. Durch welchen Tarifvertrag welcher Teil der Arbeit geregelt wird, sollte ausschließlich zwischen den Tarifpartnern geregelt werden. Welche Maßnahmen helfen aus Ihrer Sicht, um insbesondere den Nachwuchs für einen Berufsweg in der Logistik zu begeistern? Die Logistiker müssen verstärkt über sich und ihre Arbeit reden. Sie müssen an ihrem Auftritt in der Öffentlichkeit arbeiten – und ihre professionellen Leistungen mitsamt den Berufs- und Karrierewegen verständlich darstellen. Die Bedeutung eines guten Unternehmens- und Branchenimages als Wettbewerbsfaktor wird von Jahr zu Jahr klarer – und viele Logistiker arbeiten bereits vorbildlich daran. Herzlichen Dank für das Gespräch! (WAL) www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 2/2012 45

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