TRANSPORT LOGISTIK Vom Werk ins Wohnzimmer Das Endkundengeschäft treibt das Wachstum der Möbellogistikdienstleister. Neben Servicequalität sind Freundlichkeit und positive Ausstrahlung gefragt. REDAKTION: CHRISTINE GRÜBL-SCHUMANN Die Zukunft der Möbelspediteure liegt im Internet. Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer kaufen Möbel und Accessoires bei Internet-Versandhändlern oder in Online-Shops von Möbel-Fachhändlern im In- und Ausland ein. Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet in diesem Jahr mit einem Anstieg der Internet-Erlöse um stattliche 13 % auf knapp 30 Mrd. Euro. Damit nehmen die Online-Anbieter in Deutschland bereits rund 81 Mio. Euro pro Tag ein. In der Schweiz entwickelt sich der Online-Handel insgesamt und in der Sparte Möbel und Accessoires analog. Ein Ende dieses rasanten Anstiegs ist derzeit nicht in Sicht. Führende Möbellogistikdienstleister haben auf diese Marktentwicklung reagiert und bieten in der Sparte B-2-C die gesamte Supply Chain vom Produzenten über die Verholung, den Nachlauf zum Lager, Kommissionierung bis zur Feindistribution an. Der Internethandel erwartet eine unkomplizierte, nahtlose Abwicklung, einschließlich Verzollung, Zustellung mit Zwei-Mann-Teams beim Käufer, Sendungsverfolgung, bis zu drei Zustellversuche, Versand einer Tracking-URL an Endkunden, Montage der Möbel beim Kunden, Anschlussservice für weiße Ware sowie Plasma- und LCD-TV, Entsorgung der Verpackung und nicht mehr benötigter Möbelstücke, Retourenlogistik usw. Die Abholung direkt beim Hersteller oder in einem Zentrallager stellt die Logistikunternehmen vor zunehmende Herausforderungen, je weiter entfernt die Quelle vom Absatzmarkt ist. Immer größere Distanzen müssen für immer kleinere Mengen zurückgelegt werden. Aber auch die Zustellung ist anspruchsvoll. Sie erfordert eingespielte Teams von gelernten Fachkräften für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice. Für Montage- und Anschlussservice müssen Spezialisten vorgehalten werden, vom Schreiner oder Tischler bis zum Elektriker oder Spengler. DST möbel mobil, www.moebelmobil.ch Beim optimalen Management der Supply- Chain kommt es aber nicht nur darauf an, die richtige Ware zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu spedieren. Für einen nachhaltigen Erfolg bedarf es neben der physischen auch einer emotional positiven Erfahrung beim Endkunden. Der Logistiker als letztes Glied der Wertschöpfungskette muss das Markenimage des Händlers positiv verstärken. Das Team vor Ort sollte nicht nur gute Arbeit leisten, sondern den Heim-Service zu einem wunderbaren Erlebnis für den Kunden machen. Grenzenloser Einkauf Immer mehr Schweizer kaufen außerdem ihre Möbel und Zubehör im grenznahen Ausland ein. Laut einer Studie der Bank Credit Suisse geben Schweizer Einkaufstouristen rund 4 - 5 Mrd. CHF in den Nachbarregionen aus. In Südbaden generieren Schweizer Käufer inzwischen rund 30 % des Einzelhandelsumsatzes. Gefragt sind laut Handelsverband vor allem hochwertige und langlebige Verbrauchsgüter, allen voran Möbel, aber auch Bekleidung. Einige Schweizer Möbelspediteure haben ein spezielles Angebot für die Einkaufstouristen entwickelt. In Kooperation mit Einrichtungshäusern und spezialisierten Fachmärkten in Süddeutschland, Ostfrankreich und West- Österreich bieten sie einen schnellen Heimlieferservice an. Dazu gehört die Verzollung der Importware, Entsorgung der Verpackung und bei Bedarf die Montage der Möbel. Als Outsourcing-Partner bieten sie ihre Dienstleistungen im Rahmen des Vollservice-Pakets des jeweiligen Einrichtungshauses oder Fachmarktes an. Am Ende der Wertschöpfungskette muss sich der Möbelspediteur am Bedarf Christine Grübl-Schumann und Image des Einzelhändlers ausrichten. Die Logistik ist Teil seines Leistungsversprechens gegenüber dem Kunden. Erwartungen steigen Das Basisgeschäft des Möbelspediteurs ist jedoch immer noch die Abholung beim Hersteller und Anlieferung beim Handel. Aber auch hier verändert sich der Markt. Die Ansprüche der Kunden steigen. Immer mehr Hersteller entwickeln mit ihren Dienstleistern Richtlinien für die Abholung, Qualitätskontrolle, Verpackung, Etikettierung, den Lieferschein, Retouren, Zollabfertigung usw. Diese beinhalten Schlüsselkennzahlen für alle Prozesse und Schnittstellen. Der Kostendruck in der Möbelbranche ist enorm, und dieser wird an die Dienstleister weiter gegeben. Kosteneffizienz und Schadensminimierung stehen daher an oberster Stelle für jeden Möbelspediteur. Insgesamt ist die Stimmung bei potenziellen Möbelkonsumenten gut, laut BBE-Möbel-Index – und damit auch im Möbelhandel und bei Möbelspediteuren. Das Auf und Ab an den Börsen stützt die Investitionsbereitschaft in Möbel, vor allem im höherwertigen Segment, haben die Untersuchungen der BBE Handelsberatung München in Deutschland gezeigt. Für die Schweiz sind analoge Schlussfolgerungen erlaubt. (CG/US) 38 LOGISTIK express Ausgabe 2/2012 www.logistik-express.com
Das Geheimnis des Erfolges Das Geheimnis des Supply-Chain-Erfolgs. Die 1. CSCMP Europe-Konferenz in Deutschland begeisterte mit einem Feuerwerk an Vorträgen und Case Studies. REDAKTION: URSULA SCHMELING JOB KARRIERE FOTO: ISTOCKPHOTO.COM Supply-Chain-Führungskräfte haben keine leichte Aufgabe. Sie müssen die Anforderungen der Geschäftsleitung, der Produktion, des Verkaufs, des Financial Controllers und des Umweltbeauftragten in einem sich immer schneller verändernden Umfeld erfüllen. Sie müssen mit allen Bereichen ihres Unternehmens, mit Lieferanten, Dienstleistern und Kunden so kommunizieren, dass diese ihre Strategie und Vorschläge zu Supply-Chain- Optimierungen akzeptieren oder sich eventuell sogar dafür begeistern. Nur wenn sie ihre Strategie in Absprache mit andern erfolgreich umsetzen, können sie einen wichtigen Beitrag zu höherem Umsatz und Gewinn in ihrer Firma leisten. Sie müssen aber auch mit Ihresgleichen kommunizieren, um von anderen zu lernen, selbst besser zu werden, Kontakte für die weitere Karriere zu knüpfen oder junge Talente für das eigene Team aufzuspüren. Rund 200 Supply-Chain-Verantwortliche aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung aus 20 Ländern widmeten sich Ende April der Kommunikation und tauschten anlässlich der 8. europäischen Jahreskonferenz des Council of Supply Chain Management (CSCMP) in Frankfurt branchenübergreifend Erfahrungen und Ideen aus. Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen standen die aktuellen Herausforderungen im globalen Supply-Chain-Management und wie einzelne Firmen diese bewältigen. Zugpferde unter den insgesamt hochkarätigen Rednern aus Nordamerika und Europa waren Peter D. Gibbons, Executive Vice President Global Supply Chain Operations bei Starbucks Coffee Company, John Patullo, CEO, CEVA Logistics, und John Lund, Senior Vice President, Supply Chain Management bei Disney Destinations, LLC. Gibbons gelang der Einstieg mit einer Provokation. Ein Unternehmen brauche keine Supply-Chain-Strategie, aber einen hieb- und stichfesten, zukunftsorientierten Geschäftsplan. An diesem müssten sich alle Supply- Chain-Aktivitäten orientieren. Die Aufgabe eines Supply-Chain-Verantwortlichen sei es, das Unternehmenswachstum zu stärken, die Leistungsfähigkeit der Supply Chain durch Serviceverbesserungen, Kostensenkungen etc. zu erhöhen und seine Mitarbeiter zu inspirieren respektive ihnen zu helfen, sich zum Wohle des Unternehmens weiter zu entwickeln. Paradebeispiele aus USA Gibbons ist bei Starbucks für Produktions-, Beschaffungs- und Distributionslogistik der gesamten Produktpalette vom Rohkaffee bis zur Tasse und dem Café-Mobiliar, verantwortlich – eine Herkulesarbeit. 17 280 Geschäfte in 59 Ländern müssen just-in-time ausgestattet und mit Produkten versorgt werden. Die jährlichen Ausgaben für Beschaffung liegen bei 5 Mrd. USD, dazu gehören grüne Kaffeebohnen im Wert von 1,3 Mrd. USD. 2,5 Mio. Artikel werden jeden Tag kommissioniert. Die von ihm verwalteten Betriebskosten belaufen sich auf 1,1 Mrd. USD. Auch John Lund hat bei Disney Destinations eine riesige Aufgabe. Er muss dafür sorgen, dass alle Disney Parks, Hotels, Schiffe und Einzelhandelsgeschäfte stets alle notwendigen Produkte vorrätig haben, um allen Besuchern das Disney-Erlebnis zu vermitteln, das sie zu Wiederholungsgästen werden lässt. Dazu gehört, dass kein Besucher etwas von der Logistik sieht oder spürt. Im Vergnügungspark in Florida werden beispielsweise alle Verkaufspunkte unterirdisch beliefert. Für Lund sind der Supply-Chain-Optimierung allerdings dort Grenzen gesetzt, wo das positive Erlebnis eines Park- oder Ladenbesuchs durch das Nicht-Vorhandensein eines Artikels gestört wird. Der Kunde ist bei Disney absolut König. John Patullo widmete sich dem Trendthema „Zusammenarbeit in der Supply- Chain“. Hier bleibt seiner Ansicht nach noch viel zu tun. Um Innovations- und Verbesserungsziele zu erreichen, muss nicht nur eine echte Transparenz in der Lieferkette, vom Rohstofflieferanten bis Ursula Schmeling zum Endabnehmer, geschaffen werden. In vielen global tätigen Unternehmen sollte auch die Kommunikation innerhalb der Organisation und zwischen den verschiedenen Tochtergesellschaften auf verschiedenen Kontinenten verbessert werden. Nur so kann das Supply-Chain-Management in den verschiedenen Konzerneinheiten voneinander lernen und Skaleneffekte beispielsweise beim Einkauf von Frachtkapazitäten heben. Wie eine Zusammenarbeit verschiedener Glieder einer Supply-Chain in der Praxis aussehen kann, erläuterten neben Patullo auch Hilde E. Scheers, General Manager, Cummins N.V., Andrea Cappello, Head of Supply Chain Management, Metro AG, und Ralph Löffler, Global Customer Supply Chain Manager, Unilever, in verschiedenen Sequenzen. Neben den Vorträgen wurden in Workshops auch die Rolle und Möglichkeiten wichtiger Hilfsmittel wie KPI, Control-Tower- und Compliance-Softwarelösungen sowie Logistik-Cluster beleuchtet. Mit regem Interesse lauschten insbesondere die jüngeren Konferenzteilnehmer den Ausführungen über HR-Strategien im Bereich Supply-Chain- Management. Tipps von Nicole Balken, HR Director, Penske Logistics, und Susie Robinson, EVP, HR EMIA & Global Talent, DHL Supply Chain, fielen auf fruchtbaren Boden. Das breite Themenspektrum der Konferenz wurde durch die Verleihung des von PwC, House of Logistics & Mobility (HOLM) und der Fachzeitschrift „Logistik heute“ gesponserten SCM-Award 2012 abgerundet. Er ging in diesem Jahr an den Halbleiterhersteller Infineon. Die SCM-Experten Hans Ehm und Dr. Kurt Gruber stellten das preisgekrönte Logistikkonzept natürlich auch auf der Konferenz vor. www.cscmp.org (US) www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 2/2012 39
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