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LE-2-2008

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LOGISTIK express ZEITSCHRIFT EPAPER

AKTUELL Wer andere

AKTUELL Wer andere registriert, der regiert Wer Daten über Menschen sammelt, speichert und auswertet, gewinnt an Wissen und somit an Kontrolle und Macht über sie. In einer sich ausweitenden Überwachungsgesellschaft wird daher die Frage, wer von wem welche Daten sammeln und für sich nutzen darf, immer drängender. TEXT: STEPHAN HOFSTÄTTER ten (wo dies, wie bei Lebensmitteln, rechtlich erfordert ist oder wo es aus Marketinggründen erwünscht ist) möglich, den Lauf der Ware vom Produzenten bis zum Endverbraucher lückenlos zu verfolgen. Dem Konsumenten wird damit ein Gefühl der Sicherheit in einem System anonymer Massenproduktion suggeriert. RFID-Chips beispielsweise sind mit weltweit eindeutigen Identifikationsnummern ausgestattet. So kommt in die Massenhaftigkeit eine Spur Individualität – mit dem Nachteil, dass theoretisch jeder Käufer mit dieser Nummer verknüpft werden kann. Die modernen Informationstechnologien haben es sogar möglich gemacht, dass rund um die Uhr Daten erfasst werden können, ohne dass es die Betroffenen besonders merken. Jeder Mensch hinterlässt heute Datenspuren, die oft jahrelang gespeichert bleiben. Die Liste der möglichen Datenquellen ist lang: Bargeldloses Bezahlen, öffentliche und private Videoüberwachung, biometrische Identitätspapiere, automatische Kfz-Kennzeichenerfassung, DNA-Dateien, Telekommunikationsüberwachung, Online-Durchsuchung, Lokalisierung von Handys, Datenschürfung, Internetnutzung und vieles mehr. FOTO: ISTOCKPHOTO.COM Jeder kennt den landläufigen Spruch „Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare“. Er beschreibt, was für viele Menschen ein bürokratisches Ärgernis war und ist: im Staat geht nichts ohne statistische Daten und die dazu gehörigen Ausfüllbögen. Denn ein modernes Staatswesen braucht die datenmäßige Erfassung seiner Bürger für das Funktionieren des Steuer- und Sozialsystems, des Wahlsystems und für die Planung von Vorhaben. Mit der Geburt wird jeder Mensch daher automatisch zu einem „Datum“; er wird registriert und zu einem Merkmalsträger gemacht – das fängt mit der Geburtsurkunde an und endet mit dem Sterbezettel. Datensammeln wird immer billiger Diese Feststellung zeigt an sich nichts Neues an. Die Zählung und Erfassung der Bürger ist seit dem 19. Jahrhundert gang und gäbe. Neu ist vielmehr die sich steigernde Datensammelwut, mit welcher der Staat, und in vermehrtem Ausmaß auch private Unternehmen, Daten der Bürger und Kunden sammeln und auswerten. Klar ist: eine hoch spezialisierte und arbeitsteilige Leistungsgesellschaft wie unsere benötigt zur Steuerung und Kontrolle der Aufgaben und Tätigkeiten viele Daten. Es werden also nicht nur immer mehr Daten gesammelt, es gibt auch immer mehr Datensammler. Die moderne Computer- und Informationstechnologie hat dies so einfach und billig wie nie zuvor in der Geschichte gemacht. Jeder hinterlässt Datenspuren Das Gefühl der „Unsicherheit“ bzw. die Angst vor Kontrollverlust führt zur wachsenden Produktion von Daten „auf Vorrat“ bzw. auf Abruf – denn man weiß ja nie, wozu sie irgendwann einmal gebraucht werden könnten. Mit dem Thema „Sicherheit“ hält die Politik die Menschen bei der Stange, und Privatunternehmen machen damit ein gutes Geschäft. Ein Bereich ist die Rückverfolgbarkeit von Waren. Durch verbesserte Organisation und technische Maßnahmen ist es bei vielen Produk- Lückenlose Datenerfassung Wer über ausreichend Daten von Menschen verfügt, ist in der Lage, deren Verhalten zu beurteilen und vorherzusagen. Aus der Masse der Daten lassen sich Neigungen und Präferenzen, ja sogar Rückschlüsse auf die Gedanken herauslesen – z. B. wer hat was wann und wo gekauft, mit wem telefoniert usw.? Wer über privates oder sogar intimes Wissen über Menschen verfügt, gewinnt automatisch an Macht über sie. Allein das Wissen über diese Datensammlerei kann das Verhalten von Menschen beeinflussen. Es besteht die Gefahr, dass mit zunehmender Technisierung die Datenerfassung lückenlos möglich sein wird – und damit eine Rückverfolgung von Erinnerungen, Gedanken und Plänen aus dem vorhandenen Datenmaterial. Damit verliert die einzelne Person die Kontrollmöglichkeit darüber, welche Informationen sie wissentlich von sich preisgeben möchte und welche nicht, und weiters darüber, was mit den Daten geschieht. Die drohende „totale“ Kontrolle ist so auch Appell, unsere ethische Verantwortung nicht außer Acht zu lassen. www.logistik-express.at LOGISTIK express 2|2008 5

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