LOGISTIK EXPRESS (AT) LE 5/2024 | S14Handel & DistanzhandelChina dominiertden MarktDie Postal Prosperity Zone (PPZ) Initiative derUPU – Digitale Transformation der Postdienste imgrenzüberschreitenden E-Commerce.REDAKTIONDer internationale E-Commerce hatsich in den vergangenen Jahren rasantgewandelt. Mehrere Faktorenhaben diese Entwicklung beschleunigt:der Brexit, die COVID-19-Pandemie, diedarauf folgende Wirtschaftskrise und steigendeKosten durch die Anpassung der früher dominierendenUPU-Tarife.Der wohl bedeutendste Wendepunkt war die Einführungdes EU-E-Commerce-Mehrwertsteuerpaketsim Jahr 2021. Mit IOSS (Import One-StopShop) wurde die Verzollung von Kleinpaketen(bis 150 EUR Warenwert) vereinfacht und weitgehenddigitalisiert, zudemn wurde die konsolidierteEinfuhr über zentrale Gateway-Standortewie Flughäfen in den BENELUX-Staaten ermöglicht(Verzollung in einem Land, Zustellung in dieganze EU).Dynamisches Wachstum der ImporteIm Jahr 2024 wurden 4,6 Milliarden Kleinpaketein die EU importiert – eine Verdoppelung gegenüber2023 und eine Vervierfachung im Vergleichzu 2022. Davon stammten 91 % aus China, undetwa 90 % wurden über nur sechs EU-Mitgliedsstaateneingeführt, darunter die Niederlande,Belgien, Luxemburg und Ungarn. Diese dramatischeZunahme zeigt, dass das Wachstum desE-Commerce in der EU mittlerweile nahezu vollständigvon Importen abhängt. Die Kontrolle überdiese Warenströme liegt dabei in den Händenweniger Akteure – insbesondere chinesischerMarktplätze und deren Logistikdienstleister.
Massiver Druck auf Post- und ExpressdiensteDiese Entwicklung stellt traditionelle Zustelldienstevor erhebliche Herausforderungen.Jahrzehntelang dominierten Expressdienstemit umfassenden regionalen und globalenEnd-to-End-Logistikketten den Markt. Doch nungeraten sie zunehmend ins Hintertreffen. GroßeMarktplätze – zunächst Amazon, inzwischennoch übertroffen von chinesischen Plattformen– kontrollieren die gesamte Wertschöpfungskettebis ins Zielland, einschließlich Transportund Verzollung. Sie nutzen ihre digitale Infrastruktur,um Sendungsmengen und Dienstleistereffizient zu steuern. Für lokale Zustelldienstebleibt meist nur die Last-Mile-Zustellung, diesie in eine Position der Abhängigkeit bringt undMargendruck verursacht.Die Postal Prosperity Zone (PPZ) –Eine Antwort auf die HerausforderungenAngesichts dieser Herausforderungen hat sichdie UPU zunehmend für kommerzielle Akteuregeöffnet. Neben den traditionellen Postdienstensind nun auch Marktplätze, Expressdienstesowie Technologie- und InfrastrukturanbieterTeil des neuen UPU Consultative Committee(UPU CC), das inzwischen mehr als 80 % desglobalen E-Commerce-Sektors repräsentiert.Im Jahr 2024 initiierte das UPU CC die PostalProsperity Zone (PPZ), eine strukturierte Implementierungsstrategie,die Postdienste mit einerwettbewerbsfähigen, standardisierten Infrastrukturausstattet.Postdienste im Umbruch – vom Monopolzum ExistenzkampfAm stärksten betroffen sind die nationalen Postdienste.Das klassische Modell, bei dem jederPostdienst für sein Land verantwortlich ist undSendungen von internationalen Partnern übernimmt,gehört der Vergangenheit an. Viele Postdienstehaben die Kontrolle über Sendungsmengenverloren. Während einige wenige, wiedie Deutsche Post oder La Poste, sich durchExpress-Töchter global neu positioniert haben,kämpfen viele – insbesondere europäischePostdienste – mit existenziellen Problemen.Die früheren Monopolisten werden zunehmendvon den Geschäftsmodellen der Marktplätze abhängig,verlieren Marktanteile im Heimatmarktan Expressdienste und drohen technologischabgehängt zu werden. Dabei haben Postdiensteeinen entscheidenden Vorteil: Sie verfügenüber das einzige weltweite, autonome undstandardisierte IT-System für den Austauschgrenzüberschreitender Zoll- und Logistikdaten.Dieses System erfüllt bereits die Anforderungender EU und anderer Behörden und wird vonder UPU (Weltpostverein), einer UN-Sonderorganisationin Bern betrieben, deren Mitgliederstaatenund benannte Postdienste (darunterdie Deutsche Post) es nutzen. Doch es gibt eineentscheidende Einschränkung: Das System istein geschlossenes Netzwerk, das kommerziellenAkteuren – die mittlerweile über 90 % desMarktes kontrollieren – nicht offensteht.MARTIN FÜLLDivision Manager Ecommerce Logistics- logistic-natives
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