LOGISTIK express 1/2022 | S62 DUNAUJVAROS 6.3.98 | BILDQUELLE: IBBS Sie wissen schon, Stöger war der Minister für alle Fragen, der als Gesundheitsminister beste Voraussetzungen für den Verkehrsminister-Job mitbrachte, weil er die „Lebensadern“ der Nation schon gut kannte (später wurde er auch noch Arbeitsminister). Stöger zauberte jedenfalls den Counselor und gleich auch eine Arbeitsgruppe von Interessensvertretern aus dem Hut. Jetzt geht’s aber wirklich um die Umsetzung hat der Minister gemeint, denn insbesondere bei der Transportverlagerung gibt es noch „viel Luft nach oben“. Man erinnere sich, Stöger wollte 40 % Bahnanteil und die Binnenschifffahrt sollte auch um 20 Prozent wachsen. Der Counselor selber sah sich als „Kümmerer“ und selbstverständlich als Experte. Immerhin war er zum Zeitpunkt der Ernennung schon 20 Jahre im Ministerium beschäftigt. Doch es kam anders. Es änderte sich nichts. Daran ist der Counselor allerdings nicht alleine schuld, denn ein Counselor arbeitet in der Regel mit Menschen zusammen, die ihre Probleme nicht allein lösen können. Seit nunmehr 30 Jahren verbindet der Main- Donau-Kanal die Nordsee mit dem Schwarzen Meer und die gewaltigen Absatzmärkte darüber hinaus. Dennoch gibt es noch immer keine Betriebsansiedlungspolitik, die die Vorteile der Wasserstraße voll ausschöpfen könnte. Im Gegenteil. Man ist peinlich bemüht, selbst die größten Logistikimmobilien und Produktionseinheiten ja nicht in Flussnähe zu bauen. Nicht nur in Österreich, sondern mit wenigen Ausnahmen nahezu in ganz Europa, gibt es eine pandemische Wasserstraßenphobie, die sich nicht und nicht ausrotten lässt. Deshalb ist die Binnenschifffahrt da wo sie ist – vernachlässigbar, wie es Prof. Sebastian Kummer in seiner aktuellen Studie zum Verlagerungspotential beschreibt. Seit 1980 hat die Straße beim Modal Split um 13,1 % zugelegt, die Schiene um 10,7 % verloren und das Binnenschiff ist statistisch gerade noch darstellbar. Nun gibt es einen neuen Vorstoß der sicherstellen soll, dass die wissenschaftlichen Prognosen „keinen Kummer“ mehr machen können. Seit 1. Jänner müssen gewisse Schwertransporte durch eine Änderung des SOTRA-Erlasses zwingend auf das Binnenschiff verlagert werden. Zunächst handelt es sich allerdings um eine Pilotphase bis Ende 2022. Man will ja keine unüberlegten Entscheidungen treffen. Es geht auch nicht mehr um die ursprünglich georteten 3000 Sondertransporte, sondern nur noch um 60 „schwere Fälle“. Die sollten aber jetzt wirklich auf die Donau. Das muss jeder verstehen.
Die Wirtschaftskammer gibt hingegen bereits Entwarnung. Sie konnte „flexible Vereinbarungen“ durchsetzen, berichtet sie stolz. Von zwingender Verlagerung ist da keine Rede mehr. Es werden zwar „vermehrt“ Schwertransporte auf der Donau stattfinden, aber faktisch ist 1 Transport mehr, auch schon „vermehrend“ für die Gesamtstatistik. Die allermeisten Schwertransporte dürften ohnehin erst gar nicht in die Verlegenheit einer näheren Prüfung kommen, weil sie praktischerweise die vereinbarte 160 Tonnen Gewicht Grenze gar nicht erreichen. Die Zielsetzung der Vereinbarung war wohl, niemand soll die Hürde unterlaufen, weil eh jeder drüber kommt. Für die Verkehrsministerin ist das jedenfalls „ein Schritt für den klimafreundlichen Schwerverkehr“, das muss reichen. Gut, man könnte jetzt sagen, nach 25 Jahren Projektierung, Erforschung und endlosen Diskussionen, ist jetzt ein Etappenziel erreicht. Das ist zwar nicht Nichts und für die Binnenschifffahrt vielleicht das Ende vom „race to the bottom“ kurz vor dem Ziel. Behält Prof. Kummer Recht, treffen wir uns in ein paar Jahren jedoch trotzdem beim schlechtestmöglichen Ergebnis wieder. Diese Befürchtung wird genährt durch die Erfahrung der deutschen Nachbarn, wo eigentlich auch schon längst ein erheblicher Anteil vom Schwerverkehr auf der Wasserstraße sein sollte, es aber nicht ist, weil: „Der Eindruck ist, dass die Genehmigungsbehörden sich nicht mit den Verkehrsträgern Wasserstraße oder Schiene auseinandersetzen und dementsprechend auch dann einen Straßentransport genehmigen, wenn die Voraussetzungen für die Nutzung der Verkehrsträger Wasserstraße und Schiene gegeben sind“ (BMVI). Dem steht allerdings gegenüber – und das betrifft nicht nur einzelne Länder, sondern Europa als gesamten Verkehrsraum, dass die Bedeutung der Militärischen Mobilität dramatisch zunimmt. Für die Militärische Mobilität sind jedoch bestens verfügbare Straßen deutlich wichtiger als unflexible Bahnen oder Schiffe, die gerade noch zwischen zwei Schleusen ungehindert hin und her fahren können. Alle Bemühungen der EU bezüglich Ausbau der Transeuropäischen Netze deuten darauf hin, dass bereits jetzt der Militärischen Mobilität bei der Verkehrsinfrastrukturplanung der Vorrang eingeräumt wird. (PB) SULINA 1986 | BILDQUELLE: IBBS Großraum und Schwertransporte auf der Wasserstraße (und Bahn) spielen in Deutschland wie in Österreich keine Rolle und daran werden auch die dort angedachten neuen Maßnahmen beim Nachbarn keine rasche Lösung bringen. Einziger wirklicher Treiber auf dem Weg zu einer sinnvollen Transportverlagerung und umweltfreundlichen Verkehrspolitik könnten die ausufernden Kosten, die durch Untätigkeit entstehen, sein. Kaputte Straßen und desolate Brücken sprechen eine deutliche Sprache, die überall verstanden wird.
AUSGABE 1/2022 WIRTSCHAFTSSTANDORT
INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM INHA
und ukrainisches Militär haben imm
Entspannung nicht in Sicht: Moderat
Dies hätte eine massive Mehrbelast
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