Aufrufe
vor 5 Jahren

LE-1-2012

  • Text
  • Transportlogistik
  • Intralogistik
  • Jaklitsch
  • Express
  • Logistik
  • Wien
  • Unternehmen
  • Millionen
  • Deutschland
  • Infrastruktur
  • Europa
  • Zukunft
  • Mitarbeiter
LOGISTIK express Fachzeitschrift

INFRASTRUKTUR Smart

INFRASTRUKTUR Smart logistics für eine smart city Der weltweit tätige Verband für das öffentliche Verkehrswesen (UITP) bringt es auf den Punkt: in weniger als 15 Jahren ist mit einer Verdoppelung des öffentlichen Verkehrs in den Städten zu rechnen. Angesichts der wachsenden Urbanisierung führt kein Weg daran vorbei, jetzt die richtigen Maßnahmen zu setzten, damit es in Ballungsräumen nicht zum Verkehrskollaps kommt. Welche Maßnahmen das im Bereich des Personenverkehrs sein sollen und können ist unbestritten. Ein möglichst richtiger Mix aus allen öffentlichen Verkehrsträgern. Damit im günstigsten Fall kein PKW fahren muss, sollte das öffentliche Verkehrsmittel unter optimaler Ausnutzung der Infrastruktur flächendeckend angeboten werden. Redaktion: Peter Baumgartner Grundsätzlich gilt das auch für den Cargobereich. Auch für den Transport und die urbane Logistik stehen Alternativen zum straßengebundenen Güterverkehr zur Verfügung – vorausgesetzt, man schafft eine intelligente Vernetzung der vorhandenen Infrastrukturmöglichkeiten. Also nicht nur smart grid, sondern auch smart loggrid. Was Stromnetze effizient und zuverlässig machen kann, sollte auch für Logistiknetze nicht verkehrt sein. Schließlich gehen die Satelliten gestützten Möglichkeiten in der Logistik ja bereits längst in die Richtung einer Optimierung und Überwachung der miteinander verbundenen Akteure. Wien ist der größte Ballungsraum Österreichs und daher von den Herausforderungen an die Logistik am stärksten betroffen. Die Bundeshauptstadt beheimatet aber auch eine außergewöhnlich starke IKT-Industrie. Kaum ein Player aus der Branche, der nicht im Takt der Pummerin arbeitet. Mit so starken Partnern an der Seite, sollte es doch eigentlich möglich sein, nicht nur die Logistikprobleme in Hongkong, sondern auch und vielleicht zuerst in Wien zu lösen. Vorausgesetzt, der Funkkontakt zwischen Rathausmann und IKT-Industrie läuft ohne Verbindungsprobleme. Noch ist die Stadt weit von einer smart city entfernt. Nach dem European Green City Index von Siemens, liegt Wien bei der Beurteilung seiner Umweltleistung im Vergleich mit 30 europäischen Städten im Transportbereich zwar immerhin an vierter Stelle, aber im CO2 Bereich nur an achter und bei Environmental Governance nur an siebenter Stelle. Wien macht eher den Eindruck, schlechtes Klima wird möglichst gut erforscht und verwaltet, anstatt es zu verbessern. Der Güterverkehr ist in Wien für 25 % der CO2 Belastung und gar für 70 % der Stickoxidemissionen verantwortlich. Es nützt daher nichts, Pläne immer wieder zu evaluieren und in den periodischen Fortschreibungen nicht erreichte Ziele gegen neue zu ersetzen. Nicht auszudenken, wie die Klimabilanz in Wien aussehen würde, gäbe es die Luftmüllabfuhr Donau nicht. Logistikzentren in der Stadt so zu errichten, dass sie mit dem Schiff nicht erreicht werden können, fördert den Trend zu höheren Lieferfrequenzen und kleineren Warengrößen. Damit verbessert ein Logistikzentrum, das nur die Anbindung an den Landverkehr berücksichtigt, die Verkehrssituation in der Stadt überhaupt nicht, sondern verursacht noch zusätzliche Belastungen. Zwar hat man erkannt, dass es notwendig ist, Sammel-, Bündelungs- und Verteilzentren möglichst nahe bei den Kunden zu platzieren, hält dies aber in Wien für nicht durchführbar, weil die dafür erforderlichen Flächen im Bereich hochwertiger innerstädtischer Grundstücke gebaut werden müssten. Das ist bei den Grundstückspreisen natürlich nicht realisierbar. Unberücksichtigt blieb aber bisher die vorhandene Nutzungsmöglichkeit der Wasserfläche mit schwimmenden Sammel- und Verteilzentren. Natürlich ist eine Beachbar am Donaukanal, nahe der City oder ein Badecontainer in unmittelbarer Nähe zum sensibelsten Stadtbereich auch eine feine Sache. Mehr Stickoxid einsparen würde aber ein schwimmendes Verteilerzentrum, das mit dem Schiff spielend via Hafen Freudenau oder von einem – noch zu schaffenden – Logistikzentrum in Korneuburg erreicht werden kann. Wien hat den großen Infrastrukturvorteil, dass eine nasse Straße – der Donaukanal – mitten durch ein besonders vom Verkehr belastetes Gebiet verläuft. Im Verkehrsnetz von Wien scheint die verfügbare blue road gar nicht auf. Auch nicht der Hauptstrom. Demnach fehlt die Wasserinfrastruktur auch im Modal Split des Stadtverkehrs. Die (Wasser)Straße überlässt Wien großzügig den Fischern, der Strandkultur und der Freizeitwirtschaft. Das ist eine Raumordnungspolitik, die vergleichbar wäre mit der Entscheidung, eine Fahrspur am Gürtel den Wirten für ihren Schanigarten zu überlassen. Statt die ohnehin kaum genutzte Wasserstraße zu verwenden, überlegt man, den Güterverkehr mit einer Maut zu belegen, die nicht zur Verkehrsvermeidung und schon gar nicht zur Verkehrsverlagerung FOTO: ISTOCKPHOTO.COM 14 LOGISTIK express Ausgabe 1/2012 www.logistik-express.com

führt, sondern lediglich das Produkt für den Kunden verteuert. Allgemein geht man davon aus, dass ca. 60 LKW Fahrten pro neu errichteter Wohnung notwendig sind. Da kommen jedes Jahr rasch einmal ein paar Millionen Tonnen zusammen, die über die Straßen der Stadt rumpeln. In Wien wurde seit dem 2.Weltkrieg keine Tonne für den städtischen Wohnungsbau mit dem Schiff transportiert. Dabei bestätigt die Stadt der Binnenschifffahrt eine äußerst umweltfreundliche Bilanz. 2008 war der Klein-LKW (unter 3,5 t) in Wien für 135.000 t CO2-Emissionen verantwortlich, die Frachtschifffahrt für lediglich 8 % davon. Inzwischen gibt es mehr LKW-Verkehr und noch weniger Binnenschifffahrt. Ein typisches Beispiel ist die von der Stadt viel gelobte und als beispielhaft dargestellte erste Baustelle (Simmering/670 Wohnungen), die nach modernsten umweltfreundlichen Kriterien (RUMBA) durchgeführt wurde. Nicht eine einzige Tonne wurde für diese Riesenbaustelle mit dem Schiff transportiert – obwohl der Hafen Wien gerade einmal einen Steinwurf vom Baustandort entfernt liegt. Sogar ein Zementlager gibt es im Hafen-Albern. Stattdessen überlegt man, ob nicht eine GüterBim in die Telematik integriert werden kann. Soll nicht heißen, dass der Ansatz falsch ist, aber es fehlen anscheinend das vernetzte Planen und der Mut, innovativen Lösungen zum Durchbruch zu verhelfen. Beispiele, wo das Binnenschiff bereits Teil einer vernetzten urbanen Logistik ist, gibt es genug und es werden immer mehr. Berlin hatte 1999 die Megabaustelle Potsdamer Platz zu bewältigen. 10 % der Baustellenlogistik wurde mit dem Schiff erledigt. Animiert vom Beispiel Utrecht, überlegt die Stadt aktuell, aus der wasserseitigen Logistiklösung ebenfalls eine ständige Einrichtung zu machen und ist auf der Suche nach entsprechenden Partnern. In London wird der Hausmüll per Binnenschiff gesammelt und zur besseren Nutzung der Schifffahrt für die Baustellenlogistik wurde vor kurzer Zeit sogar ein eigener Kanal gegraben. In Utrecht ist das innerstädtische Konzept mit dem Binnenschiff schon seit 15 Jahren sehr erfolgreich. Ein neues Schiff, ausgerüstet mit einem österreichischen Ladekran von Palfingern versorgt elektrisch betrieben die Hotellerie vom Wasser aus mit den erforderlichen Waren. Paris sammelt per Binnenschiff das Altpapier in der Stadt. 30 LKW-Ladungen haben auf einem Schiff Platz und so werden jedes Jahr 4.500 LKW Fahrten eingespart. In Amsterdam – gut, die haben mehrere Donaukanäle – sagt man „vracht door de gracht“ und meint damit, die Fracht soll auf den Wasserwegen transportiert werden, so wie es vor der Motorisierung des Straßenverkehrs selbstverständlich war. Seit Ende 2010 sorgt wieder ein elektrisch betriebenes Schiff für den umweltfreundlichen Transport. Selbst der Logistikanbieter DHL ist in Amsterdam mit einem schwimmenden Lieferservice sehr beweglich. Man sieht, es muss gar nicht das Beispiel von Venedig strapaziert werden, wo praktisch alles per Binnenschiff transportiert wird. Es ist nicht die Quantität der Wasserstraßen entscheidend, es genügt auch ein einziger Fluss oder Kanal, um das Binnenschiff wirkungsvoll in die urbane Logistik integrieren zu können. Siemens hat längst die richtigen Konzepte in der Schublade. Mobility und Logistics ist ein Lösungsanbieter von Siemens für Kunden, deren Geschäftsmodell auf der Optimierung von Personen- und Güterverkehr basiert. Die neu gegründete Division beinhaltet sämtliche Geschäfte des intermodalen Verkehrs-, Transport- und Logistik-Managements. Hierzu gehören die Bahnautomatisierung ebenso wie Infrastrukturlogistik, intelligente Verkehrsund Transportsysteme sowie alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Elektromobilitätsinfrastruktur. Häfen sind für Siemens Drehkreuze für den Im- und Export. Sie bilden die Verbindung vom Seeweg ins Hinterland. Mit Siemens-Technologien können See- und Binnenhäfen Wege finden, das wachsende Passagier- und Frachtaufkommen sogar mit bestehenden Kapazitäten zu bewältigen. DI Thomas Madreiter (MA 18), verantwortlich für das laufende Projekt smart city Wien: „Wien verfügt über alle Voraussetzungen, als Smart City eine führende Rolle in der klimarelevanten Forschung und Technologieentwicklung in Europa einzunehmen. Wir werden über das fit4set-Programm die notwendigen Maßnahmen in Gang setzen, um unsere Vorteile zu nutzen.“ Bleibt zu hoffen, dass die im Projekt fit4set der Stadt Wien gemachten Vorschläge die richtigen Lösungsansätze beinhalten werden. Wie und in welcher Form die Projektergebnisse veröffentlicht werden, ist noch nicht bekannt. Wichtige Aspekte des städtischen Güterverkehrs und der Logistik sind: • optimale Verbindung der Stadt mit dem Hinterland • Flächenwidmungspolitik • Stadtplanung für den Güterverkehr • die „letzte Meile“ bei der Zustellung • „saubere“ Fahrzeuge (PB) UNGENÜTZTE WASSERSTRASSEN IN WIEN Amsterdam: E-Cargoschiff (Quelle: Mokum Mariteam) paris: Altpapiersammlung www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 1/2012 15

LOGISTIK express informiert

https://logistik-express.com

© Copyright 2023 | LOGISTIK express | MJR MEDIA WORLD