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Handelsverband Journal RETAIL 4/2018

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Handelsverband Journal RETAIL 4/2018

— storys Preise auf

— storys Preise auf der Achterbahn Dynamic Pricing. Heutzutage muss ja alles dynamisch sein. Warum nicht auch der Preis? Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) können Händler jederzeit den optimalen Preis ermitteln. Sie sollten aber aufpassen, ihre Kunden nicht durch allzu häufige Änderungen zu verschrecken. Aus jedem Papagei, meinte Paul Samuelson einmal, könne man einen Nationalökonomen machen. Es genüge, ihm die Worte „Angebot“ und „Nachfrage“ beizubringen. Tatsächlich lassen sich die komplexen Mechanismen der Marktwirtschaft auf diese beiden grundlegenden Faktoren zurückführen. Und da diese ständigen Veränderungen unterworfen sind, so ist es auch dasjenige, was sie verbindet: der Preis. An dynamische, sprich von bestimmten Einflüssen abhängige und dadurch veränderliche, Preise haben wir uns seit Langem gewöhnt. Man denke nur an die täglich wechselnden Benzinpreise oder an den Preis für das Hotelzimmer oder Flugticket. Auch das „Repricing“, also die Praxis, sich mit dem Preis seines Produkts knapp unterhalb desjenigen der Konkurrenz zu setzen, wird ausgeübt, seit es eine solche überhaupt gibt. Nun schätzen die meisten Menschen zwar stabile, berechenbare Verhältnisse. Aber in ihrem zweiten Leben als Konsumenten bringen sie ein gewisses Verständnis dafür auf, dass der laufend schwan- kende Kurs des Börsenprodukts Öl sich an der Zapfsäule niederschlägt, und wissen es zu schätzen, dass sie auf den Preis ihres Zimmers oder Tickets Einfluss nehmen können, indem sie frühzeitig oder außersaisonal buchen. Und gegen ein Produkt, das, etwa aufgrund eines neuen Konkurrenzartikels, plötzlich günstiger zu haben ist, haben sie in der Regel auch nichts einzuwenden. Häufig wechselnde Onlinepreise Durch den zunehmend wichtiger werdenden Onlinehandel ist nun zusätzliches Tempo in die Preisgestaltung hineingekommen: „Dynamic Pricing“, also die dynamische Preisdifferenzierung, ist dort bereits gang und gäbe. So hat eine kürzlich durchgeführte Marktbeobachtung der Verbraucherzentrale Brandenburg bei ausgewählten Onlinehändlern ergeben, dass mehr als ein Drittel der Preise im Beobachtungszeitraum (ein Monat) variierten. Knapp zwei Drittel dieser Preise änderten sich bis zu drei Mal, und etwa ein Drittel taten das bis zu 15 Mal. Man kann davon ausgehen, dass Untersuchungen dieser Art im gesamten deutschsprachigen Raum ähnliche Ergebnisse erbringen würden. Viele Faktoren machen den Preis Dynamic Pricing lässt sich aber keineswegs auf das erwähnte Repricing, also das Unterbieten des Wettbewerbs, reduzieren, ganz im Gegenteil. Eine Menge weitere Elemente können in die Kalkulation einfließen, die letztlich den „dynamischen“ Preis bestimmen. Neben dem übergeordneten Duo aus Angebot und Nachfrage sowie der Preisakzeptanz der Konsumenten gehören da beispielsweise zeitliche (Tage, an denen üblicherweise die Gehälter ausgezahlt werden, Feiertage usw.) und regionale (Wettbewerb vor Ort) Gegebenheiten dazu. Weiters das Wetter, die aktuellen Lagerbestände, der Saisonverlauf, die Unternehmensstrategie, bestehende Erfahrungswerte, der Einkaufspreis, das Device des Nutzers und sein Internetbrowser sowie Echtzeitinformationen wie aktuelle Käufe und Klicks. Menschen können einen Überblick über den Wettbewerb haben, sie können sich über die Unternehmensziele im Klaren sein, den Lagerbestand kennen, ihr Warengruppenmanagement im Griff haben. Aber wenn ein ganzes Bündel an Parametern heranzuziehen ist, deren Daten sich ständig ändern, und all das letztlich nur, um einen simplen Preis unter Tausenden anderen zu bilden – dann wird es für sie zu unübersichtlich und aufwendig. Algorithmen zur Preisoptimierung Hier kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. Anbieter von KI-Technologien wie die deutschen Unternehmen Prudsys und Blue Yonder beraten den Handel bei Illustrationen: Shutterstock/Big Boy/fanrifan/Mlap Studio/Alhovik 12

— storys den verschiedenen Aufgaben, die sich ihm stellen. Ihre Zaubermethode: Algorithmen. Bei der regulären Preisgestaltung kalkulieren sie automatisiert tausende Produktpreise in Echtzeit unter Einbeziehung der für das jeweilige Unternehmen relevanten Preisbildungselemente. Sie reagieren auf deren Veränderungen und „lernen“ dadurch laufend dazu. Bei der Abschreibungsoptimierung von Produkten mit kurzer Lebensdauer bzw. raschem Wertverfall wiederum lässt sich durch Parameter wie die aktuelle und frühere Nachfrage sowie den Lagerbestand das exakte Abverkaufsdatum prognostizieren. Dadurch werden zu frühe bzw. zu hohe Preisnachlässe verhindert. Auch und gerade wenn es um subtiles Kaufverhalten geht, sind Algorithmen in der Lage, den optimalen Preis zu ermitteln. So etwa im Falle der sogenannten Kreuzpreiselastizität: Diese bezeichnet die Änderung der Nachfrage eines bestimmten Produkts infolge der Preisänderung eines anderen (sofern die beiden einander ergänzen oder aber wechsel - seitig austauschbar sind). Gleiches gilt für Longtail-Produkte, sprich solche, die langsam drehen, sowie für den Einsatz von Coupons. Bei Letzterem wird KI eingesetzt, um dem Konsumenten auf Basis seines früheren und aktuellen Kaufverhaltens Produktempfehlungen zu geben, die für ihn, verknüpft mit Rabatten, von Interesse sind. Damit wird verhindert, dass Rabatte ins Leere gehen, so etwa, wenn ein Vegetarier mit vergünstigter Wurst gelockt werden soll. Vertrauen steht auf dem Spiel Dynamic Pricing mit Hilfe von KI hat für den Handel den entschiedenen Vorteil, zu jeder Zeit die für ihn günstigsten Preise zu ermitteln – und damit Umsatz, Absatz und Ertrag zu optimieren. Da sich die erwähnten Einflüsse permanent ändern, müssten das letztlich auch die Preise tun. Hier ist aber Vorsicht angebracht: Denn das Gegenüber des Handels, nämlich der Konsument, hat womöglich wenig Lust, sich auf ständig wechselnde Preise einzustellen. Ehe sich der Handel daher allzu sehr auf ein systematisch praktiziertes Dynamic Pricing einlässt, sollte er sich im Klaren sein, dass dabei nicht nur die eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel steht, sondern auch das Vertrauen der Konsumenten. Nicht nachvollziehbare oder zu häufige Preisschwankungen können zu Verunsicherung und einem schwer reparablen Vertrauensverlust führen: Der oben erwähnten Marktbeobachtung zufolge gibt annähernd ein Drittel der Befragten an, jene Händler, die ihre Preise laufend ändern, als weniger zuverlässig zu empfinden und beim nächsten Mal woanders kaufen zu wollen. Der Handel wird demnach gut beraten sein, einen weiteren – vielleicht nicht unmittelbar quantifizierbaren, aber letztlich ausschlaggebenden – Parameter in sein Optimierungskalkül mit einzubeziehen: das Kundenvertrauen. ▪ Harald Sager █Dieser Mann ist kein Koch.█ █Aber er tut alles für frische Zutaten.█ Waren über das Internet verkaufen – das können viele. Wer frische Zutaten direkt zur Wohnungstür des Empfängers bringen will, ob in der Großstadt oder in den Bergen – der braucht mehr: Einen Logistikpartner mit hoch motivierten Mitarbeitern und der Erfahrung, die Sicherheit gibt. Die Österreichische Post sorgt dafür, dass Ihre frische Ware auch frisch ankommt. post.at/sameday | post.at/nextday Dezember 2018 — 13

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