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BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

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BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

BINNENSCHIFF Journal 5/2020 | S28 PD MEISSEN in Dresden Quelle IBBS blieb eine Geschichte, die jedenfalls auch ein geschichtliches Erbe Österreichs ist. In der Nacht vom 16. Auf den 17. Mai 1876 kaperten bulgarische Freiheitskämpfer unter der Führung von Hristo Botev den Dampfer in Rumänien, wo sie zunächst unerkannt an Bord gelangten. Der Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän Dagobert Engländer bekam den Befehl, die Kämpfer nach Bulgarien zu führen, wo sie in Kosloduj wieder von Bord gehen wollten, um ihren Plan, die Befreiung Bulgariens von der türkischen Herrschaft, zu erfüllen. Wie die Geschichte endete ist bekannt. Für Bulgarien ist das Schiff RADETZKY – benannt nach dem berühmtesten Heerführer Österreichs, jedenfalls auch Teil seiner Geschichte. Deshalb wollte man das Schiff zunächst erhalten. Die Erhaltung scheiterte jedoch, nach bulgarischer Auslegung, am Willen Österreichs. Deshalb hat man das Schiff in Bulgarien mit Unterstützung von 1,2 Mio. Kindern, die das nötige Geld sammelten, originalgetreu nachgebaut und 1966 feierlich als historisches Landesmuseum in Kosloduj eröffnet. Seit 1982 ist das Dampfschiff Nationalmuseum und steht in der Liste der 100 nationalen Sehenswürdigkeiten - in Bulgarien, nicht in Österreich. Wie immer, wenn es um das Thema Schifffahrt geht, spielt natürlich England eine führende Rolle. So auch beim Thema historische Schiffe. Anders als in viele anderen Fällen, ist die historische Schifffahrt in Großbritannien keine reine Vereinsangelegenheit, sondern Teil der britischen Kulturpolitik, weil bestimmte Schiffe ein wichtiger Teil des britischen Erbes sind. Derzeit befinden sich 1.300 Schiffe im National Register of Historic Vessels. National Historic Ships UK ist eine von der Regierung finanzierte, unabhängige Organisation, die den Regierenden des Vereinigten Königreichs, lokalen Behörden und den Förderorganisationen objektive Beratung in allen Fragen im Zusammenhang mit historischen Schiffen zukommen lässt. Die Ziele der Organisation sind umfassend. So soll nicht nur die Öffentlichkeit sensibilisiert und gefördert werden, auch die professionelle Beratung für die Schiffseigner, zum Beispiel bei Erhaltungsarbeit, ist ein wichtiges Anliegen.

Beispielgebend für eine sinnstiftende Denkmalpflege könnte auch der französische Verband l'association Patrimoine Maritime et Fluvial sein. Die Spuren der maritimen Geschichte, Tradition und Vergangenheit bewahren, ist das Ziel der Vereinigung. European Maritime Heritage (EMH) in den Niederlanden ist eine Nichtregierungsorganisation und ein weiteres Beispiel dafür, wie schwimmende Kulturgüter wirksam unterstützt werden können. Und selbst kleinere Organisationen leisten oft unschätzbare Arbeit. Zum Beispiel der Verein Historische Binnenschifffahrt, der die Fahrtüchtigkeit eines ganz außergewöhnlichen Binnenschiffes fördert. Sein Name ist WILLI, eine ehemalige „Peniche“, die schon 1909 gebaut wurde. Das Schiff kann mit ein paar besonderen Eigenschaften punkten. Ursprünglich hatte der genietete Schiffskörper keinen eigenen Antrieb, sondern fand als Treidel – und Schleppkahn Verwendung. Erst 1961 wurde das Schiff motorisiert. Inzwischen ist das Schiff in ganz Europa bekannt und geliebt. Es ist zu hoffen, dass der Verein genug Unterstützer auftreiben kann, damit WILLI noch lange in Betrieb bleibt (historische-binnenschifffahrt.com). Christiane Brosius, Professorin am Heidelberger Centrum für Transkulturelle Studien (HCTS), tritt dafür ein, dass Kulturerbe besser dokumentiert werden muss. Der Verlust durch Zerstörung, sagt sie, kann verteidigende Schutzreaktionen auslösen, wie man das immer wieder in Kriegszeiten oder nach Naturkatastrophen sieht. Bei Binnenschiffen laufen die Schutzbemühungen eher ohne öffentliche Wahrnehmung ab und werden oft nach Jahren erfolglos aufgegeben. Einen Kulturerbe-Aktivismus gibt es kaum. Eine bessere Dokumentation und eine, wie Brosius meint, notwendige Differenzierung zwischen Kulturerbe und kultureller Hinterlassenschaft, könnte auch der historischen Binnenschifffahrt dienen. Damit das historische Wissen um die Binnenschifffahrt künftig für Innovationen taugt und womöglich sogar Antworten auf gegenwärtige Probleme liefert, darf sich die Erinnerungskultur nicht allein auf touristische Vermarktung und „Museumifizierung“ (Brosius) beschränken. (PB) MS WILLI Quelle Verein historische Binnenschifffahrt

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