BINNENSCHIFF Journal 4/2020 | S4 Ferienzeit heißt auch Wassersport – und Hochsaison für Hilfsorganisationen Es gibt Konstante im Jahresablauf, auf die kann man sich zuverlässig einstellen. Sommer, Wassersport und Seenot sind solche Abläufe in genau dieser Reihenfolge. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER Bereitschaftsdienst (C)ÖWR-Klopein Die Medien haben es dabei leicht, sie können Texte für jedes Gewässer schon im Jänner vorbereiten und müssen im Sommer nur noch Datum, Uhrzeit und Ortslage anpassen. Selbst die Schlagzeilen ändern sich nie: Boot gekentert, Segler muss geborgen werden, hohe Wellen-Seenot, Surfer von Unwetter überrascht, fünf Boote aus dem Sturm geborgen usw. Die vorhersehbare Regelmäßigkeit von Seenotfällen hat auch den Vorteil, dass Hilfs- und Einsatzkräfte ihre Personalplanung danach ausrichten können und kaum überrascht werden. Hilfs – und Einsatzkräfte wissen auch, dass sie frühzeitig Warnungen in den Medien schalten müssen, damit möglichst viele Leute erfahren, wo welche Gefahren lauern (haben Medien deshalb auch ein Interesse daran, dass es nicht besser wird?). Aber wie die flächendeckenden Informationen vor der Ferienzeit und die Katastrophenmeldungen in der Saison sind – es hilft nichts. Kaum hat jemand 300 PS unter dem Hintern, ist die Logik oft dahin. Dazu kommt noch, die gesunde Risikoscheu wird den Menschen durch den uneingeschränkten Zugang für fast eh alles genommen und dadurch das Gefahrenpotential entsprechend gesteigert. Ähnlich wie im Straßenverkehr, wo man nach der Einführung von E-Fahrrädern draufgekommen ist, die sind für manche Leute ja viel zu schnell, so ist es im Wassersport nicht anders. Wenn jemand zum Beispiel einfach ins Sportgeschäft gehen kann, sich dort ein Raft kauft und ohne Ausbildung wie der Teufel den gefährlichen Fluss runterfährt, darf man sich über Unfälle nicht wundern. Aber selbst bei Wassersportlern, die einen Fachkurs und sogar eine Prüfung machen müssen, fragt man sich oft nach einem Unfall, der sich entgegen aller Regeln dennoch ereignet hat, was und vor allem wo haben diese Leute die Berechtigung zum Wassersport erlangt? Was haben die in den praktischen und theoretischen Kursen gelernt? Auffällig in diesem Zusammenhang ist zum Beispiel, dass nach keinem Unfall die Qualifikation genau-
er hinterfragt wird. Das würde wahrscheinlich der Freizeitindustrie massiv schaden. Es reicht der Exekutive und dem Richter völlig aus, wenn eine gültige Berechtigung vorgelegt werden kann. Wenn aber eine Berechtigung über ein Punktesystem erworben wird, ohne auf die inhaltliche Qualität der Prüfung Rücksicht zu nehmen, kann es schon vorkommen, dass absolut relevantes Wissen über das richtige Verhalten im Wassersport einfach nicht vorhanden ist. Sehr einfach macht es sich der Gesetzgeber. Wie so oft, gibt es für alles ein Gesetz – aber die Kontrolle und die wirksame Ahndung von Vergehen fehlt. Insgesamt und unter dem Strich ist es dann so, wie es eben ist: Unfälle im Wassersport werden billigend in Kauf genommen. Nicht weil es Murphys Gesetz so vorhersagt, sondern weil das Restrisiko geringer erscheint, als die (finanziellen) Vorteile der Freizeitindustrie. The Show must go on! Yeah! Es wäre aber einseitig und der Sache nicht dienlich, würde man alle Schuld den Wassersportlern zuschreiben. Insbesondere was Unfälle oder Notfälle im Sturm betrifft, haben die jeweils zuständigen Behörden oft auch ein gerütteltes Maß an Bringschuld zu tragen. Leider ist es so, dass es keine einheitlichen und verbindlichen Regeln gibt, wie Sturmwarnungen abzulaufen haben. Kein Land kann für seine Seen einheitliche Sicherheitsvorschriften anbieten. Ja selbst an einzelne Seen gelten oft unterschiedliche Regeln. Ortsfremden Wassersportlern – ganz abgesehen von der Sprachproblematik - wird die Information dadurch nicht gerade erleichtert. Einheitlich für alle Wassersportler und Schifffahrtstreibenden gilt, dass sie sich über das Vorhandensein von Sturmwarneinrichtungen und die Art der Signalgebung zu informieren haben. Diese Holschuld läuft aber ins Leere, wenn es gar keine Warneinrichtungen und keine Signalgebung gibt. Folglich läuft auch die zweite, für alle verbindliche Vorschrift ins Leere, wonach bei einem angezeigten, aufkommenden Sturm unverzüglich ein Hafen oder ein geeignetes Ufer aufzusuchen ist. Unabhängig davon, ob Sturmwarneinrichtungen vorhan- Ferienbeginn heißt volle Einsatzbereitschaft für die Rettungskräfte. Quelle IBBS
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