BINNENSCHIFF Journal 3/2020 | S12 Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders So textete Herbert Grönemeyer 1998, aber wir kennen das von den regelmäßig zu Neujahr gefassten guten Vorsätzen, die spätestens am Dreikönigstag wieder über Bord geworfen werden. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER Wir wissen zwar verlässlich, was wir ändern sollen, tun aber oft genau das Gegenteil. Warum das so ist? Da gibt es unterschiedliche Erklärungen dafür. Manche sagen, weil Neujahrsvorsätze unter Alkoholeinfluss gefasst werden und nüchtern betrachtet… . Übertragen auf die Wirtschaft weiß man dort zwar auch genau, ob, wann und wo Änderungsbedarf besteht, aber Alkohol ist eher nicht der Grund, warum es dennoch nicht gemacht wird. Die Wirtschaft hat eher immer gut begründete und kaum zu widerlegenden Argumenten, warum Änderungen nicht, falsch oder zu spät angedacht werden. Covid hat der Binnenschifffahrt aber eine Situation beschert, wo die Reedereien, aber auch alle in die Binnenschifffahrt involvierten Stakeholder quasi vor der Neujahrsfrage stehen und sich nicht mehr vor der Umsetzung drücken können. Welche Änderungen nehme ich mir vor? Die Schifffahrtsbehörden werden sich fragen, welche Änderungen schreibe ich vor? Die Schiffswerft wird vielleicht fragen, welche Änderungen schlage ich vor? Und der Kapitän wird sich fragen, kommen die richtigen Änderungen? Ein paar Antworten auf diese Fragen kennt man ansatzweise bereits. Einige Reedereien haben bereits Änderungen durchgeführt/angekündigt, sind um Anpassungen an die Pandemie Situation bemüht und bereit für laufende Anpassungen. Im privaten und im wirtschaftlichen Bereich, ist aber nicht allein der Änderungswille ausschlaggebend, sondern ob die richtigen Änderungen zur richtigen Zeit am richtigen Ort umgesetzt werden. Zur Umsetzung der richtigen Hygienebedingungen hätten wir Covid nicht gebraucht. Das weiß jeder, der bei klarem Verstand ist und dennoch wurde ausgerechnet Hygiene bisher oft vernachlässigt. Egal ob Hygiene, Abstand halten, Lüften usw., jeder kennt die Grundvoraussetzungen für ein gesundes Zusammenleben – und macht es dennoch nicht. Jetzt hat uns Covid die Rechnung serviert und jetzt wird reagiert, weil es nicht mehr anders geht. In der Hoffnung, dass nach einigen Änderungen nicht wieder Stillstand oder gar Rückschritt herrscht, kann man also sagen, besser zu spät, als gar nicht. Ausgehend von der Grundsituation in der Zeit vor Covid, muss man zunächst folgendes festhalten: Niemand in der Binnenschifffahrt hat alle notwendigen Bordabläufe so gehandhabt, dass nach Covid keine Anpassung oder kein Änderungsbedarf bestehen würde. Ausnahmslos alle haben erkannt, Änderungen müssen sie jetzt umsetzen. Dabei geht es nicht mehr nur um die Bekämpfung eines aktuellen Problems, sondern um Prävention. Das ist gut so, zeigt aber auch, wo überall Fehler gemacht wurden. Und das keineswegs nur in den Reedereien, sondern auch bei den Behörden, weil Regeln natürlich nur dann wirksam sind, wenn sie für alle gleich, mit Kontrollen und Sanktionen hinterlegt, gelten. Innerhalb der Binnenschifffahrt hat/wird Covid in der Passagierschifffahrt – und da wieder in der Flusskreuzfahrt, die mit Abstand schlimmsten Folgen hinterlassen. Dabei hätte es ab 2020 so schön werden können, wie eine Marktanalyse von Industry Growth Insight (IGI) bestätigt. Man kann darüber spekulieren, ob es damit zusammenhängt, dass die Flusskreuzfahrt der am schnellsten wachsenden Bereich der Binnenschifffahrt ist oder nicht. Tatsache ist, dass es ein global funktionierender Markt ist, der regional nicht regelbar ist, wenn es gleichzeitig eine gesunde Konkurrenz geben soll. Da kann es schon mal vorkommen, dass sich der Kostendruck negativ auf die goldenen Grundregeln und den gesunden Men-
Bubble Shield Quelle:lynne meyers-designboom schenverstand auswirkt. Und da gibt es ja auch noch die Mitschuld der Konsumenten, für die „Geiz ist geil“ eine Lebensphilosophie ist. Eine Premium-Flusskreuzfahrt mit Vollpension und allem Pipapo um weniger als 100 Euro pro Tag wird nicht nur erwartet, sondern gefordert. Danach hat sich logischerweise auch die Bewerbung für Flusskreuzfahrten gerichtet. Trinken und essen bis der Kragen platzt. Spa, Entertainment, Ausflüge, Kunst und Kultur. Alles – inklusive WLAN - im Premium-Tarif enthalten. Keine Reederei ist auf die Idee gekommen, mit dem „besten Hygienestandard“ oder mit dem „höchsten Sicherheitsstandard“ zu werben. Warum auch? Die Gäste erwarten das selbstverständlich. Ist es aber nicht, weil Hygiene und Sicherheit wie der zweite Gang zum Buffet Geld kosten. „Dank“ Covid haben sich die Prioritäten bei den Kunden plötzlich verschoben und jede Reederei geht ungefragt in die Vorleistung. Essen und Trinken ist an Bord zwar immer noch wichtig und wird es auch bleiben, aber Buchungsvoraussetzung sind plötzlich die Informationen zum Bordbetrieb hinsichtlich Hygiene und Sicherheit. A-ROSA hat die Lehren aus der Krise für die Zukunft gezogen. Die „neue Normalität“ kann beginnen. Die A-ROSA Flussschifffahrt, einer der führenden Anbieter in Europa, betreibt 12 Premium-Schiffe und wächst bei einer 90 % Kabinenauslastung seit sechs Jahren konstant im zweistelligen Bereich. „Ein Expertenteam aus internen und externen Spezialisten für Hygiene und Gesundheit wurde gegründet. Für den im Juni geplanten Neustart hat A-ROSA ein umfangreiches Hygiene- und Gesundheitskonzept erstellt. An Bord wird es ein eigenes geschultes Care-Team geben. Wir haben jeden Aspekt unserer Reisen sorgfältig überprüft, um vor allem den Kontakt miteinander auf das notwendige Minimum zu reduzieren. Dies beginnt mit einer Überprüfung des Gesundheitszustandes vor der Reise, führt über Sitzgruppen und Sonnenliegen auf Abstand bis hin zum möglichst kontaktlosen Bezahlen beim Check-Out. Entsprechend der Empfehlungen der Behörden und des Robert Koch-Institut (RKI) gibt es klare Verhaltensregeln an Bord, u.a. in Bezug auf den Mindestabstand von 1,50 Meter oder eine regelmäßige Handhygiene. Bei den Ausflügen – egal
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