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BINNENSCHIFF JOURNAL 2/2020

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COVID-19 fegt zurzeit nicht nur Autobahnen, sondern auch die Wasserstraße leer.

BINNENSCHIFF Journal 2/2020 | S4 Binnenschiffer in der COVID-19 Falle Weit mehr als andere Branchen, ist die Binnenschifffahrt häufiger von Krisen betroffen und gewöhnt, damit zu leben. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER Güterschiff in der Schleusenanlage beim KW Altenwörth Quelle: viadonau.-Johannes Zinner PETER BAUMGARTNER HERAUSGEBER BINNENSCHIFFF JOURNAL Kaum ein Jahr vergeht, in dem nicht Niederwasser die Binnenschifffahrt nahezu zum Erliegen zwingt. Ist die Niederwasser Periode überstanden, folgt das Hochwasser und legt die Binnenschifffahrt lahm. Das reicht aber noch lange nicht, denn dazwischen fegen Stürme über die Wasserstraßen oder Eisperioden lassen die Binnenschifffahrt sprichwörtlich erfrieren. Dank der vielfach nicht vorhandenen Umweltpolitik treten diese Naturereignisse immer öfter und in immer stärkerem Ausmaß auf. Manche Krisen werden auch nur deshalb zur Krise, weil die Binnenschifffahrt falsche Entscheidungen getroffen hat (z.B. Schiffe zu groß gebaut). Aber das ist noch nicht alles. Die Verkehrspolitik ist emsig bestrebt, dass andere Verkehrsträger aus betrieblichen Gründen möglichst keine Stunde stillstehen müssen. Hingegen kommt es in der Binnenschifffahrt regelmäßig vor, dass Schiffe ganze Streckenabschnitte tagelang nicht befahren können, weil wieder irgendwo Planungsnotstand herrscht. Dazu führen Planungsmängel noch zu langen Wartezeiten in Häfen oder vor Schleusen und seit Jahren erlebt die Binnenschifffahrt eine kritische, hauptsächlich selbstverschuldete, Personal-Krise. Und jetzt, zu allem Überfluss, wird die Binnenschifffahrt von der Corona-Krise auch noch überrollt! Wobei, das Ende aller bisher bekannten Krisen war/ ist immer absehbar. Bei COVID-19 scheint das nicht der Fall zu sein. Jetzt macht sich die Resilienz der Binnenschiffer bemerkbar. Sie haben über die Jahrzehnte hinweg Strategien und eine Widerstandsfähigkeit entwickelt, dank derer es trotz mancher Tiefschläge immer irgendwie weiter gehen kann. Die große aktuelle Frage ist, werden diese Fähigkeiten ausreichen, um eine sehr lange andauernde Corona-Krise zu überstehen? Da muss man zunächst grundsätzlich unterscheiden zwischen Passagierschifffahrt auf Flüssen/ Seen und Frachtschifffahrt auf Wasserstraßen. Die Passagierschifffahrt wurde von der Corona-Krise zu einem Zeitpunkt erfasst, als die Schiffe noch mehrheitlich im Hafen lagen und Vorbereitungen für den nahen Saisonstart getroffen wurden. Obwohl in China oder Kambodscha schon ein paar Flusskreuzfahrtschiffe betroffen waren, dauerte es in Europa zunächst einige Zeit, bis die volle Wucht der Katastrophe in den Köpfen ankam. In den USA wurden Regierungsempfehlungen von

CORONA Virusboot Quelle Veltman Marine Services den Flussreedern anfangs sogar noch als hysterisch beschimpft. Dann folgten zunächst nur Termin Verschiebungen. Aber es wurde rasch flächendeckend klar, es wird härtere Maßnahmen brauchen und die Krise wird länger andauern. Dennoch wurde die Beschränkung auf maximal 100 Personen an Bord vereinzelt noch genützt, als schon klar war, dass bald alle Schiffe im Hafen bleiben müssen. Optimistische Prognosen gingen davon aus, dass frühestens im Mai wieder an einen Passagierverkehr zu denken ist. Viking, die größte Reederei auf dem Flusskreuzfahrt Markt, hat aktuell wie andere Reedereien auch, die Betriebseinstellung sogar bis Ende Juni verkündet. Manche halten gar auf unbestimmte Zeit geschlossen. Damit dürfte für die Passagierschifffahrt die Saison-2020 „gelaufen“ sein. Besonders schmerzlich sind auch die zahlreich abgesagten Events (Wachau in Flammen etc.), seit Jahrzehnten Fixpunkt der Schifffahrtssaison. Selbst wenn der Betrieb wieder anläuft, ist es fraglich, wann die Reisebereitschaft wieder ein normales Maß erreichen wird und Einnahmen fließen werden – zumal alle Reedereien sehr großzügige Storno- und Umbuchungsaktionen vergeben haben, um die Gäste halbwegs bei Laune zu halten. Experten glauben sogar, dass es Jahre dauern wird, bis Gäste wieder auf Auslandsreise gehen werden. Für Österreich sprechen wir hier von mehr als 4 Mio. Fahrgästen, die 2020 vielleicht kaum noch Gelegenheit bekommen, das Land mit dem Schiff am Fluss oder See zu bereisen. Insgesamt ist es in der Passagierschifffahrt wie mit einem havarierten Schiff, das der Kapitän am Ufer aufgesetzt hat, um es vor dem Sinken zu retten. Aber das Schiff hat viele Lecks abbekommen und es ist unklar, ob und wann es wieder in Fahrt gehen kann. Hero über die Krise wird nicht sein, wer die Krise gut gemanagt hat, sondern wer die richtigen Lehren aus der Krise mit in die Zukunft nehmen wird. Besser als der Personenschifffahrt, geht es der Frachtschifffahrt in der Krise. Doch sie ist stark abhängig von der notwendigen Infrastruktur. Schleusen und insbesondere alle Häfen, entscheiden darüber, ob die Schifffahrt eingeschränkt werden muss. Daher sind einschränkende Maßnahmen und Rückgänge im Transport auch sehr unterschiedlich verteilt. Der 24/7-Verkehr ist zum Beispiel dort eingeschränkt, wo fehlendes Schleusenpersonal wegen Erkrankung nicht ersetzt werden kann. In Österreich sichert die Wasserstraßenorganisation viadonau seit Beginn der CORONA- Krise den reibungslosen Betrieb der Infrastruktur. Häfen, die grundsätzlich überall bemüht sind, den Betrieb offen zu halten, sind ihrerseits abhängig von der Zulieferung im ExImport der verladenden Wirtschaft. Diese ist wiederum ihrerseits unterschiedlich stark von COVID-19 betroffen. Duisport, der wichtigste Binnenhafen meldet gerade die Wiederaufnahme im Warenaustausch mit China. Das wird sich positiv auf den Hinterlandverkehr mit dem Binnenschiff

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