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LE-3-2016

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

TRANSPORT & LOGISTIK

TRANSPORT & LOGISTIK Entwicklung der Logistik in Österreich Die moderne Logistik ist eine Branche, ohne die eine Globalisierung unmöglich wäre. Dass wir heute in jedem Supermarkt Bananen finden, ist eine Selbstverständlichkeit – kaum jemand denkt darüber nach, wie weit sie gereist sind. Arbeitsteilung über Kontinente hinweg – undenkbar mit Pferd und Wagen. Doch wie fing es an, und wie wird es weitergehen? Logistik express auf Spurensuche und im Gespräch mit Wegbereitern. REDAKTION: ANGELIKA GABOR Haben Sie gewusst, dass der Ausbau der europäischen Schieneninfrastruktur auf eine Initiative Österreichs zurückzuführen ist? Schon im vorletzten Jahrhundert wollte das Kaiserhaus die Welt verbinden. „Triest per Südbahn mit dem k. u. k. Reich zu verbinden, war sehr mutig, und auch sehr fortschrittlich“, erklärt Univ. Prof. Dr. Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien. 1857 wurde die Südbahn Wien–Triest eröffnet, die auch über den Semmering führte – der Bereich von Gloggnitz nach Mürzzuschlag wurde 1854 als erste Hochgebirgseisenbahn der Welt dem Verkehr übergeben worden. Das war nach der Nordbahn, die bereits 1851 vollendet wurde, eines der wichtigsten k.u.k. Eisenbahnbauprojekte. „Ein Großteil der Bauprojekte wurde von privaten Gesellschaften durchgeführt, die danach verstaatlicht wurden. Das Bahnnetz war lange Zeit das Rückgrat für Verkehr und Logistik“, so Kummer. Schon damals entwickelte sich ein erstes Stückgutnetzwerk, die Waren wurden per Pferdekarren zur Bahn gebracht, gesammelt transportiert und die „letzte Meile“ fand wieder per Pferdekarren statt. „Gottfried Schenker hat 1872 in Wien die Idee des Stückgutnetzwerkes (Bahnsammelverkehre, Anm.) entwickelt und ausgebaut, ehe es von der deutschen Bahn aufgekauft wurde“, erzählt Kummer. So fand 1872 der erste Sammeltransport Paris-Wien statt – auch heute hat Österreich noch eine wichtige Position innerhalb Europas bei Stückguttransporten und der Eisenbahn. Von der Eisenbahn zum Lkw Während der Lkw vor dem ersten Weltkrieg noch kaum eine Rolle spielte – bis zu diesem Zeitpunkt stellten die Eisenbahn und die Kutsche die wichtigsten Transportmittel darf – gewann er im Krieg und danach an Bedeutung. „Zur Besatzungszeit war es aufgrund der unterschiedlichen Zonen sehr schwierig, Transporte zu organisieren, hier war viel diplomatisches Geschick nötig“, meint Kummer. Viele Lkw und Lokomotiven wurden im Krieg zerstört, zudem war Treibstoff knapp, weswegen die Pferdefuhrwerke vorerst vermehrt eingesetzt wurden. „Anfangs waren die Fahrzeuge noch mit Holz betrieben, das vergast wurde“, nennt Kummer ein interessantes Detail. Die folgenden Jahre waren vom Wiederaufbau geprägt. Durch die Unterzeichnung des Staatsvertrages 1955 und den Wegfall der alliierten Zonen kam Schwung in die Szene: statt vorher nötiger Einzelgenehmigungen pro Transport gab es nun allgemeine Lizenzen. Kummer: „Die Aufbruchsstimmung war eindeutig spürbar.“ Hier begann auch die internationale Erfolgsgeschichte heimischer Unternehmen wie etwa LKW Walter, die Transporte nach Osteuropa und in den arabischen Raum anboten. „Früher gab es noch eine starke Trennung zwischen Nahund Fernverkehr, da Lizenzen für den Nahverkehr einfacher zu bekommen waren“, blickt Kummer zurück. Besonders Werksverkehre waren weniger streng reglementiert, viele Unternehmen setzten eigene Fuhrparks ein. „Die 60er und 70er Jahre kann man getrost als das „goldene Zeitalter des Verkehrs“ bezeichnen. Nicht nur, dass die Infrastruktur gut ausgebaut wurde, auch die Margen für die Frächter waren damals sehr hoch“, so Kummer. So entstanden beispielsweise durch den Bau der Brennerautobahn und damit verbundene Betriebsansiedlungen neue Jobs in Tirol. Ist „Logistik“ wirklich neu? Wenn man ehrlich ist, wurden seit Menschengedenken Güter von A nach B transportiert. Es stellt sich – insbesondere bei Gesprächen mit Logistikern der älteren Generation – die Frage, ob Logistik für Österreich eigentlich etwas inhaltlich Neues war. Vielleicht fehlte ja nur die „richtige“ Bezeichnung? Die Antwort von em.o. Univ.-Prof. Dr. Peter Faller, WU Wien, fällt nicht eindeutig aus, er meint: „Sowohl als auch! Denn in den deutschsprachigen Ländern gab es bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts eine reichhaltige Fachliteratur zu den TUL-Prozessen (TUL = Transport + Umschlag + Lagerung). Unter dieser – nicht gerade plakativen – Bezeichnung vermittelten Universitäten, Technische Hochschulen und Fachschulen über viele Jahrzehnte hinweg jene Kenntnisse, die der Nachwuchs für eine Karriere im Verkehrssektor oder in transportnahen Bereichen der Industrie benötigte. Demnach war das materielle Substrat für eine solide Logistikausbildung in Europa durchaus vorhanden, als nach dem Zweiten Weltkrieg der Begriff Logistics aus den USA importiert wurde und sich erfolgreich durchsetzte. (in UK wurde lange „„Physical Distribution Management“ bevorzugt, Anm.). „Das eigentlich Neue, das mit dem Begriff „Logistics“ in der zweiten Hälfte des 50 LOGISTIK EXPRESS 3/2016

20. Jahrhunderts nach Europa kam, war der damit quasi automatisch verbundene Zwang zur gesamthaften Analyse und Beurteilung von Objektflüssen und Objektflusssystemen. Selbstverständlich hatten die Verkehrsfachleute auch vor der Einführung des Logistikbegriffs schon gewusst, dass die isolierte Ermittlung von Transportkosten, Umschlagskosten, Lagerkosten und Verpackungskosten für sich allein nicht das Nonplusultra sein kann. Mit dem Begriff „Logistikkosten“ hatten sie aber nun jenen Rückenwind, der innerbetrieblich notwendig war, um die Vorstandsebene davon zu überzeugen, dass es sich bei Logistics um eine Querschnittsmaterie handelt, deren Beobachtung den Vorteil hat, dass nahezu alle betrieblichen Schwachstellen sofort sichtbar werden. Aus heutiger Sicht ist es schwierig, sich die gespannte Erwartungshaltung vorzustellen, mit der das Wort „Logistik“ vor einem halbe Jahrhundert im deutschen Sprachraum aufgenommen, herumgereicht und zu enträtseln versucht wurde, zumal eine Ausgabe des Brockhaus bei dem Begriff „Logistik“ mit der Erklärung „Buchstaben-Mathematik“ auch nicht gerade zu einem besseren Verständnis beitrug. Um den damals sehr hohen Aufmerksamkeitswert des Wortes „Logistik“ zu erfassen, müsste man heute ein Wort wie beispielsweise „Narrativ“ herausgreifen, das momentan zwar noch relativ sparsam verwendet wird, dessen Wiederholungsdichte in den Printmedien aber bereits deutlich zunimmt“, führt Faller aus. Jedermanns Liebkind? Nicht alle waren mit dem neuen Konzept „Logistik“ glücklich, weiß Faller zu berichten. Demnach fühlten sich besonders die Vertreter der Verkehrsbetriebslehre, deren Know-how auch seine wissenschaftliche Ausbildung maßgeblich geprägt hatte, herausgefordert. Faller: „In der Betriebswirtschaftslehre war damals schon seit längerem ein Gliederungsstreit im Gange: In welcher Unterteilung soll die BWL an den Universitäten anzutreffen sein: institutionell oder funktional gegliedert? Die institutionelle Gliederung war die ältere; bei ihr ließ der Lehrstuhl- oder Institutsname den jeweiligen Hauptansprechpartner auf Seiten der Praxis unmittelbar erkennen. Aber die funktionale Gliederung war bereits im Vormarsch, als der Begriff „Logistics“ nach Europa kam.“ Die Wiener Hochschule für Welthandel reagierte bemerkenswert rasch, durch die Umbenennung des 1921 von Prof. Franz Dörfel gegründeten „Instituts für Verkehrs- und Versicherungswesen“ in „Institut für Transportwirtschaft“ bereits im Jahr 1951 war das Institut für die Verbreiterung des Blickfeldes, die im universitären Bereich für die Beschäftigung mit Logistics erforderlich ist, gerüstet. Andere Institutionen hatten mehr Schwierigkeiten, sich mit den neuen Trends anzufreunden. Welche genau das waren, wie Praktiker die Entwicklungen miterlebt haben und wie es in der Branche weitergehen wird, erfahren Sie in der LE 4/2016 im Oktober. [AG] SEBASTIAN KUMMER PETER FALLER Sorgenfrei mieten Mietlösungen nach Maß www.linde-mietstapler.at Modernste Mietflotte Österreichweit verfügbar Von 1,0 bis 16 t Tragkraft Professionelle Beratung Dynamisches Serviceteam ganz in Ihrer Nähe BESUCHEN SIE UNS IM NEUEN STAPLERZENTRUM IN WIENER NEUDORF! Linz (Zentrale) • Wiener Neudorf • Graz • Hohenems • Tel. 0800 20 38 95 • info@linde-mh.at • www.linde-mh.at 51

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