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LE-3-2016

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

LEITARTIKEL Frau Minister setzt den Hobel an Wer die Schlagzeilen über die desaströse Zentralmatura und die Entwicklungen im Bildungssystem verfolgt, wird unweigerlich an Ferdinand Raimunds Hobellied erinnert. Allerdings im Gegensatz zum Original nicht im positiven Sinne. Eine Nivellierung nach unten auf den kleinsten gemeinsamen Nenner produziert Heerscharen von Jugendlichen, die am Arbeitsmarkt keine Chancen auf hochwertige Jobs haben und ihr Leben lang am sozialen Tropf hängen werden. AUTORIN: ANGELIKA GABOR ANGELIKA GABOR Seit Jahren wird in Österreich über das Bildungssystem gestritten. Einigkeit herrscht darüber, dass der Ist-Zustand nicht ausreicht, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähige Absolventen zu „produzieren“ – das zeigt jedes Mal aufs Neue das Ergebnis des PISA-Tests. Die soeben beschlossene Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18 Jahre ist genau genommen nur Symptombekämpfung: wird jemand, der nach 9 Jahren Pflichtschule nicht sinnerfassend lesen kann, diesen Mangel noch ausgleichen (wollen)? Die Idee mag ja nett sein – und angesichts der drohenden Strafen für „Schwänzer“ auch in einigen Fällen Erfolg bringen – sie ist aber keine Lösung für das Problem. Im Gespräch mit Lehrern fällt auf, dass häufig über mangelnden Respekt geklagt wird. Ein Grundproblem, das sich im letzten Jahrzehnt massiv verstärkt hat. Ein Beispiel: wenn jemand vor 30 Jahren einen „Fleck“ auf eine Schularbeit nach Hause gebracht hat, dann gab es von den Eltern Hausarrest, weniger Taschengeld oder andere Konsequenzen. Heute marschieren die Eltern zur Direktion und beklagen sich über unfaire Benotungen oder Diskriminierung. Vor 30 Jahren waren Aufforderungen des Lehrers so etwas wie Gesetz und wurden befolgt – egal ob die Lehrperson weiblich oder männlich war. Und heute? Schüler, die Lehrerinnen auslachen, sie beschimpfen oder gar anspucken. An Unterricht ist da nicht zu denken. Bestrafungen sind nicht mehr erlaubt (der Rohrstab hat aber aus gutem Grund ausgedient), die Kinder werden von ihren Eltern gedeckt. Respekt? Fehlanzeige. Doch wie sollen Menschen, die keinen Respekt vor Vorgesetzten oder Ausbildern haben und dementsprechend auch nichts lernen, in der Arbeitswelt zurecht kommen? Angebot und Nachfrage Es ist wie verhext: auf der einen Seite die Wirtschaft, die sich mit Nachwuchssorgen und Fachkräftemangel herumschlagen muss, und auf der anderen Seite steigende Arbeitslosigkeit quer durch alle Altersgruppen. Die AMS-Statistik vom Mai 2016 zeigt, dass 334.389 Personen arbeitslos vorgemerkt waren (+1,2 % zu Mai 2015) und sich 71.081 Personen in einer Schulung befanden (+9,0 %). Insgesamt betrug die nationale Arbeitslosenquote im Mai rund 8,6 %. Parallel dazu gab es 41.591 als sofort verfügbar gemeldete offene Stellen – das bedeutet ein Plus von satten 41,0 % gegenüber dem Vorjahresmonat! Es gibt also Jobs, nur keine passenden Bewerber dafür. Übrigens hat sich die Anzahl der Langzeitarbeitslosen (mehr als 12 Monate) um sage und schreibe +86,5 % erhöht! Das Hauptproblem: die mangelnde Qualifikation. Knapp die Hälfte aller Arbeitslosen verfügen lediglich über einen Pflichtschulabschluss - wenn überhaupt. Doch Arbeitsplätze für ungelernte Hilfskräfte werden immer weniger. Roboter und Automationsanlagen übernehmen diese einfachen Tätigkeiten und das meist schneller und fehlerfreier als ihre menschlichen Vorgänger. Sozialstaat In Österreich leben wir im internationalen Vergleich wirklich in einem Sozialparadies – auch wenn immer einige Härtefälle durch den Rost fallen. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist von der Idee her eine durchaus soziale Erfindung, die verhindern soll, dass Menschen in Notsituationen auf der Straße landen. Wenn nun Schulabbrecher oder Pflichtschulabsolventen (und natürlich auch andere) keinen Job finden, werden sie aufgefangen. Das ist prinzipiell auch gut so – das Abrutschen in mögliche Kriminalität oder Abhängigkeiten soll unbedingt vermieden werden. Angesichts 4 LOGISTIK EXPRESS 3/2016

an den Schulen bestätigter Weise unterschiedliche technologische Hilfsmittel zugelassen waren und somit ohnehin keine Vergleichbarkeit besteht. Wenn es nach dem Bildungsministerium ginge, würden wohl alle komplett die selbe Ausbildung genießen und nach dem Schulabschluss alle über das selbe Wissen verfügen. Um das zu erreichen, kann ja ruhig der Standard ein bisschen abgesenkt werden, oder? schwachen Wirtschaftswachstums ist allerdings die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dieser Zustand dauerhaft ist und somit diese Leistungen für die nächsten 70 Jahre oder noch mehr anfallen. Gehen wir von einer alleinstehenden Person ohne Kind aus, ist das immerhin ein Basisbetrag von 837,76 Euro pro Monat (Grundbetrag + Wohnkostenanteil). Hinzu kommen diverse Gebührenbefreiungen und mögliche Beihilfen. Ein Handelsangestellter verdient lt. KV bei Vollzeitbeschäftigung 1.213 Euro netto pro Monat, also rund 400 Euro mehr – und kann von Gebührenbefreiungen nur träumen. Die Lebenserhaltungskosten steigen schneller als die Löhne. Die Motivation, arbeiten zu gehen, sinkt. Je mehr Menschen vom System erhalten werden, desto mehr Einnahmen braucht der Staat. Mehr Steuern bedeuten aber weniger Kaufkraft und somit ein Schrumpfen der Wirtschaft, was weniger Beschäftigte nach sich zieht. Ein Teufelskreis – was bin ich froh, kein Politiker zu sein, der hier Entscheidungen treffen muss! Denn es gibt keine Lösung, die alle berücksichtigt und jede Interessensgruppe zufrieden stellt. Doch kommen wir zurück zum Thema: die besten Chancen auf gute Jobs haben Menschen mit guter Ausbildung. Natürlich ist ein Universitätsabschluss auch heute kein Garant mehr dafür, sofort eine gut bezahlte Stelle zu finden. Aber die Auswahl ist besser und auch die Bezahlung. Sieht man sich die Ergebnisse der Zentralmatura 2016 VOR den Kompensationsprüfungen an, kommen einem unweigerlich die Tränen. Das System wurde geschaffen, um die Schulen österreichweit vergleichbar zu machen und ist angeblich super objektiv. Die mündlichen Kompensationsprüfungen – durchgeführt von den eigenen Lehrern – retteten das Ergebnis. So fielen beispielsweise in Vorarlberg 33,2 % der AHS-Maturanten in Mathematik durch. Nach der Kompensation waren es nur noch 8,4 %. In Kärnten änderte sich das Ergebnis von 17 % auf 2,7 %. Ist es nicht verwunderlich, dass plötzlich so viele in so kurzer Zeit ihr Wissen so gravierend steigern konnten, um Mathematik-Aufgaben mündlich zu lösen? Ganz abgesehen davon, dass ab September 2016 Jetzt inklusive iPad!* Einschreiben unter www.iubh-fernstudium.de FERNSTUDIUM LOGISTIKMANAGEMENT Aber Einheitsbrei war noch nie gut. Gefragt sind kreative, motivierte, selbstständig denkende Menschen, die sich für unterschiedliche Berufe interessieren und diese gemäß ihrer Begabungen auch ergreifen. Die bereit sind, zu lernen, sich für etwas einzusetzen und diszipliniert zu arbeiten. In unserer Gesellschaft und Wirtschaft stehen viele wichtige und anerkannte Leistungsträger kurz davor, in ihren wohlverdienten Ruhestand zu treten. Wer soll hier die Nachfolge antreten? Es braucht dringend die Überarbeitung des Lehrerdienstrechts, damit junge und motivierte Lehrer mehr Chancen haben – und eine Leistungsbeurteilung für Lehrpersonen, damit die Qualität stimmt. Dann noch kleine Klassen und individuelle Förderung der Stärken! Man wird ja wohl noch träumen dürfen… [AG] *siehe: http://www.iubh-fernstudium.de/ipad 5

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