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LE-3-2012

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

WIRTSCHAFTSRAUM Gute

WIRTSCHAFTSRAUM Gute Nachbarn sind Gold wert In der Slowakei wächst die Branche trotz infrastruktureller Engpässe. Ungarn baut auf seine guten Basisdaten als Transitland. Und in Tschechien werden gerade neue (Logistik-)Parks gepflanzt. Logistik express hat über die Grenzen geguckt. Redaktion: PAUL CHRISTIAN JEZEK Die Slowakei hat in den vergangenen Jahren als Logistikstandort deutlich aufgeholt. Vor allem der steigende Bedarf der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer sowie die starke Elektronikbranche haben für die dynamische Entwicklung gesorgt. Hinzu kommt der schnell expandierende Außenhandel, der 2011 das Rekordvolumen von mehr als 110 Milliarden Euro erreicht hat. Etwa vier Fünftel der slowakischen Industrieproduktion gehen ins Ausland. Das große Angebot an erschließbaren Flächen und die gute Anbindung an die Märkte in Mittelosteuropa haben dazu geführt, dass überall im Land moderne Logistikzentren entstanden sind. Im internationalen Vergleich hat die Slowakei jedoch Nachholbedarf. Beim Logistics Performance Index der Weltbank (2012) liegt das Land nur auf Platz 51, deutlich hinter den Nachbarn Tschechien, Ungarn, Polen – und Österreich. Schlechte Noten bekommt Bratislava vor allem bei internationalen Warenlieferungen und für Sendungsverfolgungen (Tracking and Tracing). Auch der Zustand der Infrastruktur ist nicht optimal. Das Ziel, zwischen 2001 und 2012 das Autobahnnetz auf 660 km zu verdoppeln, wurde weit verfehlt. Noch immer gibt es keine durchgängige Schnellstraßenverbindung zwischen der Hauptstadt Bratislava und dem ostslowakischen Kosice. Nicht einmal die Hälfte des Schienennetzes ist elektrifiziert. Trotz dieser Engpässe wächst die Transport-, Lager- und Logistikbranche. Nach einem Umsatzplus von 7 % im Jahr 2010 legte der Sektor 2011 noch einmal um 9,4 % auf den Rekordwert von 6,34 Mrd. Euro zu. Davon entfiel etwas mehr als die Hälfte auf Land- und Pipelinetransporte. Der Anteil der Lagerwirtschaft betrug ungefähr ein Drittel. Im 1. Quartal 2012 stiegen die Umsätze der Branche um 2,4 %. Mit rund 100.000 Mitarbeitern ist der Transport- und Logistiksektor ein wichtiger Arbeitgeber in der von hoher Arbeitslosigkeit geplagten Slowakei. Transportweg Nummer Eins ist die Straße mit einem Anteil von etwa 75 % am bewegten Frachtaufkommen. Auf die Eisenbahn entfallen 23 %. Nur eine geringe Rolle spielt der Schiffsverkehr, was auch mit den jahreszeitlichen Schwankungen auf der wichtigsten Wasserstraße, der Donau, zusammenhängt (Niedrig- oder Hochwasser, Eis). Trotz der relativ weiten Entfernungen und dem schlecht erschlossenen Osten wird der Flugverkehr für den Gütertransport bislang kaum genutzt. Neue Ambitionen und der Sicherheitsaspekt Aktuell gibt es laut Colliers International knapp mehr als eine Million m2 Produktionsund Lagerflächen der gehobenen Kategorie. 2011 wurden 46.300 m2 neu übergeben. Etwa zwei Drittel der Logistik- und Industriehallen befinden sich in der Region Bratislava - weitere 22 % in Trnava, wo der französische PSA-Konzern produziert. Auf Kosice entfielen Ende 2011 nur 2 % und auf Zilina 1 % der modernen Produktions- und Lagerflächen. Doch das ändert sich. Zwar entstehen auch im Großraum Bratislava neue Objekte, vor allem für Zulieferer im Umfeld der VW-Produktion. Doch der Bau von Logistikzentren konzentriert sich derzeit auf die Zentral- und Ostslowakei und dabei besonders auf Zilina und Kosice. Zum einen bekommen Investoren dort höhere staatliche Förderung. Zum anderen verlagert sich die Wirtschaftsaktivität mehr und mehr weg von Bratislava, da in der Hauptstadtregion Baugrundstücke und Fachkräfte knapp sind. Zu den größten Vorhaben gehört der Immopark in Kosice mit 250.000 m2 Nutzfläche. Unter den Logistikanbietern dominieren die bekannten ausländischen Gesellschaften vor allem bei systemintegrierten Dienstleistungen. Lokale Fracht- und Speditionsfirmen behaupten ihre Positionen, weil nicht immer die Leistungsfähigkeit eines Anbieters bei der Auftragsvergabe zählt, sondern häufig Beziehungsgeflechte, berichten westliche Marktexperten. Besonders aktiv sind österreichische und deutsche Firmen. DB Schenker z. B. hat Lager und Umschlagkapazitäten an vier Standorten. Im Sommer 2012 hat Vaillant ein Logistikzentrum (5.000 m2) für seine Produkte in Skalica eröffnet. Logistik-Dienstleister Geis will noch diesen Herbst sein Zentrallager (7.700 m2) in Zvolen in Betrieb nehmen. Ungarn hat den Transit-Bogen raus Die Magyaren haben gute Voraussetzungen, überregionale Logistikfunktionen zu übernehmen, stehen dabei aber in intensivem Wettbewerb mit ihren Nachbarn. Absolutes Verkehrszentrum ist natürlich Budapest: Hier kreuzen einander vier paneuropäische Korridore (IV, V, VII und X), die Ungarn an FOTO: ISTOCKPHOTO.COM 20 LOGISTIK express Ausgabe 3/2012 www.logistik-express.com

WIRTSCHAFTSRAUM West- und Südosteuropa sowie an Südwestund Osteuropa anbinden. Außerdem hat das Straßen- und Bahnnetzwerk hier seinen Mittelpunkt. Mit dem multimodalen Logistikzentrum BILK sowie den privaten logistischen Entwicklungen entlang dem Autobahnring M0 um Budapest, dem Donauhafen Szabadkikötö (Csepel) und dem Flughafen Ferencz Liszt steht bereits eine gut ausgebaute Infrastruktur zur Verfügung. Ein begrenzender Faktor für Budapest ist die Nähe zum großen und sehr gut entwickelten Logistikdrehkreuz Wien/Bratislava, das nur rund 200 beziehungsweise 150 km Luftlinie von der ungarischen Hauptstadt entfernt liegt. Ein umfangreiches Logistikangebot ist zudem entlang wichtiger Verkehrsadern und in der Nähe von Grenzübergängen entstanden: Außer in Budapest gibt es kleinere trimodale Zentren (Autobahn, Bahn, Wasserstraße) in Westungarn bei Györ am Donauhafen (TEN- T Korridor IV nahe Österreich/Slowakei), im Süden beim Donauhafen von Baja (Korridor Vc nahe Serbien) und bei Szeged an der Theiss (Korridor X b, nahe Serbien) sowie ferner im Osten beim traditionellen Bahnumschlagplatz Záhony (Korridor V, Grenzübergang zur Ukraine), wo der Spurwechsel in Richtung Osten von Normalspur auf Breitspur erfolgt. Experten haben schon vor 2009 darauf hingewiesen, dass Ungarns Logistikkapazitäten überdimensioniert seien, ihre Qualität internationalen Standards aber nur an wenigen Standorten entspreche. Die Wirtschaftskrise hat dies deutlich werden lassen: In den letzten Jahren hat die Immobilienbranche kaum noch neue Lager für den Markt entwickelt. Private Anlagen entstehen seitdem fast nur noch im Zusammenhang mit Großinvestitionen - vor allem in der Kfz-Industrie - sowie als regionale Logistikzentren internationaler Unternehmen. Bis 2015 sollen plangemäß alle Streckenabschnitte im Korridor V (einschließlich Verästelungen und Paralleltrassen) modernisiert sein, was sich bis dahin voraussichtlich nur teilweise umsetzen lässt. Damit könnten die Durchfahrtzeiten durch Ungarn vom Südwesten des Landes (von Slowenien und Kroatien) nach Osten (Richtung Ukraine/Russland) erheblich verkürzt werden. Intensiv investiert wird gegenwärtig von GYSEV (Österreichisch- Ungarische Regionalbahn Györ-Sopron- Ebenfurt-Vasut) in die Streckenabschnitte entlang der Grenze zu Österreich. Ungarn verfügt über international wettbewerbsfähige Speditions- und Logistikanbieter. Gleichzeitig ist die Präsenz internationaler Anbieter am Markt groß. Sie folgen oft den Auslandsinvestoren, vor allem in der Kfz- und Elektro-/Elektronikindustrie. So investieren aktuell Duvenbeck Immo, Kühne & Nagel sowie Phoenix Mecano in Kecskemét beim Standort von Mercedes Hungary. Beim Audi-Standort Györ werden Lagerkapazitäten von Audi Logistikpark, Rudolph und Rabalux errichtet. Weitere Projekte beziehen sich auf den Aufbau firmeneigener, regionaler Logistikzentren: Beiersdorf verlegt seine Logistikzentrale von Wien nach Ullö in Ungarn und Müller Drogerie baut in Letenye an der Grenze zu Kroatien ein Güterdistributionszentrum. Im jüngsten Länderranking der Weltbank für die Leistungsfähigkeit des Logistiksektors nimmt Ungarn Rang 40 unter 155 beurteilten Ländern ein. Österreich rangiert zum Vergleich auf Platz 11, Polen ist mit Rang 30, Slowenien mit 34 und Bulgarien mit 36 ebenfalls vor Ungarn eingestuft. Dagegen schlagen die Magyaren Kroatien (42) und Tschechien (44) knapp, die Slowakei (51) und Rumänien (54) dagegen etwas deutlicher. Neue tschechische Infrastrukturprojekte Auch die Tschechische Republik hat sich zu einem attraktiven Logistikstandort entwickelt. Diese positive Einschätzung darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Böhmen und Mähren noch weit vom Niveau in Westeuropa entfernt sind. Zwar ist das Netz an Straßenund Schienenwegen sehr eng geknüpft, der Zustand jedoch nicht immer optimal. Durch die Wirtschaftskrise ist der Ausbau der Infrastruktur seit 2009 ins Stocken geraten. 2011 wurden nur 11 km neue Schnellstraßen und Autobahnen übergeben. Im Rekordjahr 2006 lag dieser Wert noch bei 79 km. Besonders beim Aufbau von multimodalen Güterverkehrszentren, bei denen mindestens zwei Verkehrsträger kombiniert werden (zum Beispiel Straße und Schiene), hat das Land Nachholbedarf. Tschechiens Rolle als Transitland könnte vor allem beim Eisenbahnverkehr abnehmen, weil Schienentransporte hier vergleichsweise langsam und teuer sind. Immerhin versucht die Regierung seit 2012, wieder mehr Ausschreibungen für Infrastrukturprojekte auf den Weg zu bringen. So sollen noch in diesem Jahr die Arbeiten für die Sanierung der Autobahn D1 (Prag-Brünn) sowie der neuen Autobahn D3 von Prag nach Ceske Budejovice beginnen. Im Bahnverkehr stehen u. a. der Streckenausbau Rokycany- Plzen sowie die Modernisierung der Achse Decin-Kolin an. Wichtigster Verkehrsträger sind mit einem Anteil von rund 80 % an der transportierten Gütermenge Straßentransporte. Wasser- und Luftverkehr spielen nur eine untergeordnete Rolle. Neue Bauprojekte werden heute meist erst begonnen, wenn feste Mieterverträge mit künftigen Nutzern vorliegen. Daher sind Built-to-Suit-Lösungen, also dem Kundenwunsch entsprechende, maßgeschneiderte Hallen, inzwischen weit verbreitet. Aktuell planen General Logistics Systems CZ (GLS) ein Paketumschlagzentrum in Jihlava; Dachser einen neuen Terminal in Kladno und die österreichische Gebrüder Weiss einen weiteren Logistikterminal bei Prag. Bei der Integration der Verkehrsträger hinkt Tschechien der Entwicklung in Westeuropa zwar noch hinterher, doch Kombinierte Verkehre gewinnen an Bedeutung. Das Verkehrsministerium will den Bau von multimodalen Güterverkehrszentren unterstützen und hat dafür 2012 und 2013 jeweils 700 Mio. Tschechische Kronen (Kc; 1 Euro = 25,313 Kc; Durchschnittskurs) reserviert. Die Privatwirtschaft ist schon einen Schritt weiter. Metrans, eine Tochtergesellschaft der Hamburger Hafen und Logistik AG, lässt derzeit in Ceska Trebova (Region Pardubice) einen Bahnterminal errichten. In einer ersten Ausbaustufe sollen hier wöchentlich 4.500 Standardcontainer umgeschlagen werden können. Metrans betreibt in Prag-Uhrineves bereits den nach eigenen Angaben größten Container-Terminal in Mittelosteuropa (Kapazität: 15.000 TEU-Container). Ein wichtiger Betreiber von Containerterminals in Tschechien (Prag, Lovosice, Brünn, Prerov) ist zudem die Prager CSKD Intrans. Stark engagiert ist außerdem die AWT- Gruppe, die ihren multimodalen Terminal in Paskov bei Ostrava Ende 2011 erheblich modernisiert hat. Dort stehen jetzt mehr Lager- und Umschlagkapazitäten zur Verfügung. Im Jahr 2011 wurden in Paskov über 40.000 Container zwischen Schiene und Lkw verladen (Plan 2012: 60.000). In Paskov kommen Züge von den Häfen Rotterdam, Hamburg oder Koper (Slowenien) an. Ebenfalls bei Ostrava in Mosnov plant der Developer HB Reavis Group bis 2018 den Aufbau eines multimodalen Logistikzentrums, das neben Straßen- und Schienenanbindung direkten Zugang zum Luftfracht-Terminal des örtlichen Flughafens haben soll. Ostrava ist auch Knotenpunkt für eine tägliche kombinierte Lkw-Zug-Lkw-Verbindung vom Duisburger Hafen. Ein wichtiger Anbieter von unbegleiteten kombinierten Güterzug-Verkehren ist Bohemiakombi. (PJ) www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 3/2012 21

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