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LE-2-2014

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

GLOBALE

GLOBALE MÄRKTE Einfallstor nach Europa - China fördert Boom der griechischen Handelsschifffahrt Griechenland treibt die Hafenprivatisierung und den Verkauf von Liegenschaften weiterhin voran, um seine Schulden zu begleichen. China will sich neue Handelswege nach Europa und insbesondere in den Balkan eröffnen. Russland möchte ebenso seine wirtschaftliche Rolle in den Balkanländern stärken. REDAKTION: DIRK RUPPIK Von wirtschaftlicher Erholung kann in Griechenland momentan noch keine Rede sein. Seit 2008 befindet sich das Land in einer tiefen Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt sank laut Weltbank zwischen 2010 und 2012 jährlich durchschnittlich um 6 Prozent. Ende 2013 schrumpfte das BIP allerdings zum ersten Mal geringer als seit 2010. Für 2014 existieren vorsichtige Prognosen seitens der Europäischen Kommission für ein leichtes Wachstum von 0,6 Prozent. Obwohl die Preise für viele Produkte sinken, existiert kaum Kaufkraft. Daher sind hier kaum positive Einflüsse auf das wirtschaftliche Klima zu erwarten. Die Unternehmen setzen vermehrt auf Exporte (+0,9 Prozent 2013), während die Importe weiter abnehmen (-5 Prozent 2013). Laut Griechischem Statistischem Amt ELSTAT stiegen die Exporte in die Türkei, nach Ägypten, Brasilien, Argentinien und Kroatien. Es wurden vermehrt Erdöl- und Erdölerzeugnisse, Textilfasern, Obst und Gemüse, Metalle und Arzneimittel exportiert. Deutschland belegte bei den Lieferländern 2012 Platz 2 und bei den Abnehmerländern Platz 3. Die Handelsschifffahrt, einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes, floriert. Hellenische Reeder lassen zunehmend in China finanzieren und bauen Die hellenischen Reeder haben laut Wall Street Journal (WSJ) einen Marktanteil an der weltweiten Handelsschiffsflotte (Trockenschüttgut- und Containerschiffe) von 16 Prozent. Und besitzen ein Viertel aller Öltanker weltweit. Gemäß der „World Fleet Statistics“ der globalen Informationsplattform IHS Fairplay stehen sie damit noch vor Japan, Deutschland und China, Dirk Ruppik aber hinter Panama, Liberia und Singapur. Laut Germany Trade and Invest (Gtai) bestellten die Griechen in den ersten 10 Monaten 2013 242 Schiffe im Wert von 11 Milliarden Euro. Das New Yorker WSJ berichtet: „Bis Ende September 2013 haben griechische Schiffseigener gemäß der in Athen angesiedelten Agentur XRTC Business Consultants 188 Schiffe von chinesischen Werften, 217 von koreanischen und nur 39 von japanischen Werften bestellt.“ Durch aggressive Kostenreduktion schifften die Hellenen besser durch den Sturm der globalen Finanzkrise als deutsche, skandinavische und japanische Schiffseigner. Griechische Reeder verlagern ihre Schiffsfinanzierungen und -bestellungen zunehmend nach China, da sie dort günstige Kredite erhalten und geringere Kosten für die Werften aufbringen müssen. Das WSJ spekuliert, dass dieser Fakt andere internationale Käufer zu ähnlichen Schritten bewegen könnte. Bei den Schüttgutschiffen führt Griechenland gemäß XRTC die Bestellungsliste beim Land der Mitte mit 46 Einheiten (Südkorea 13) an. Die koreanischen Werften sind immer noch beim Bau von Spezialschiffen wie LNG-Tankern führend. „Die Chinesen holen aber dort schnell auf“, sagt der Geschäftsführer der Agentur George Xiradakis. Aufgrund neuer Umweltbestimmungen der International Maritime Organization (IMO) dürfen Schiffe ab 2015 in bestimmten Gegenden nur noch einen sehr geringen Schwefelanteil im Treibstoff haben. Daher müssen die Reeder auf Flüssiggas (LNG) umrüsten oder Abgasreinigungsanlagen einbauen. Die hellenischen Reeder haben hier frühzeitig reagiert und zwischen 2012 und 2013 ihren globalen Anteil an der LNG- Transportkapazität von 7 auf 9 Prozent gesteigert. 38 LOGISTIK express Ausgabe 2/2014 www.logistik-express.com

GLOBALE MÄRKTE Seit der Schuldenkrise sind europäische Banken wesentlich zögerlicher bei der Kreditvergabe geworden. Die chinesischen Banken füllten und füllen diese Lücke schnell und bieten billige Schiffsfinanzierungen an. Der Präsident der Greek Shipowners Association Theodore Veniamis erklärt: „Viele griechische Eigner erhalten nun 70 Prozent des Kredits von einer Bank aus dem Land der Mitte und die restlichen 30 Prozent kommen von europäischen bzw. amerikanischen Kreditgebern.“ Die chinesischen Werften bieten ihre Leistungen 10 bis 15 Prozent billiger an als die südkoreanischen und japanischen Rivalen – und das bei steigender Qualität. Die globale Schifffahrtsindustrie wird den Preis für den griechischen Heißhunger auf billig im Land der Mitte produzierte Schiffe zahlen müssen. Experten schätzen, dass bereits eine Überkapazität von 35 Prozent bei den Containerschiffen, 28 Prozent bei Rohöltankern und 25 Prozent bei den Schüttgutschiffen existiert. Will das Land auch den Kreuzfahrttourismus stärken, muss es die Infrastruktur ausbauen und die Privatisierungen der Häfen vorantreiben. Chinesen nutzen Einfallstor nach Europa China handelte bei der Stützung des Euros nicht uneigennützig. Das Land der Mitte hortet einen erheblichen Teil seiner Devisenreserven in der europäischen Währung. Mit der freundlichen Unterstützung sollte auch ein Dahinschmelzen der eigenen Devisen verhindert werden. In den Krisenmonaten wurde gezielt in schwachen Staaten der EU eingekauft. Dazu gehörten griechische und portugiesische Staatsanleihen und Liegenschaften wie z. B. der Hafen von Piräus. Europa ist mit einem Handelswert von 560 Milliarden Euro (2011) der größte Handelspartner Chinas. Auf der Höhe der Finanzkrise 2010 hat der ehemalige Premier des Staatsrates Wen Jiabao umfangreiche Investitionen versprochen. Ein Hilfsfond im Wert von 5 Milliarden US-Dollar (3,7 Milliarden Euro) wurde für die griechische Handelsmarine eingerichtet. Zwei Rahmenabkommen über den Ausbau der chinesischen Investitionen und die Stärkung des kulturellen Austauschs wurden unterzeichnet. Durch den Hilfsfonds sollen griechische Reedereien chinesische Schiffe kaufen können. Das Land der Mitte sichert zudem auch den Kauf griechischer Staatsanleihen zu. Mittlerweile hat sich dieser Kauf als sehr lukrativ erwiesen. Laut Handelsblatt halten griechische Staatsanleihen im 34 Märkte umfassenden Bloomberg World Bond Indizes die Spitzenposition. Anfang Januar lag der Ertrag der Papiere bei 47 Prozent. Auch die Ratingagentur Moody‘s hob das Kreditrating des Landes im November um zwei Stufen an und begründete dies mit Fortschritten bei der Haushaltskonsolidierung. Das Land der Mitte ist in Hellas am Transportwesen, an Handelsrouten nach Europa und in den Balkan sowie am Import griechischer Produkte wie Oliven und Marmor interessiert. Die USA sieht das wirtschaftliche Vordringen Chinas im Rahmen der sogenannten „Perlenkettenstrategie“ auf allen Kontinenten mit Sorge. Piräus und Thessaloniki: Ausbau zu führenden Häfen Der Hafen Piräus befindet sich nach wie vor im Privatisierungsprozess. Die Hafenverwaltung hat 2008 einen Lizenzvertrag über 35 Jahre für die Containerterminals (Pier II und III) mit der chinesischen Cosco Pacific Ltd. unterzeichnet. Cosco muss im Gegenzug Lizenzgebühren bezahlen, das Terminal ausbauen und nach Ablauf der Konzession wieder zurückgeben. Laut dem Geschäftsführer des Hafens Yiorgos Anomeritis beläuft sich die Konzession von PCT SA, einer Tochter der Cosco Pacific Ltd, auf 678 Millionen Euro. Piräus ist noch zu 74 Prozent in Staatsbesitz, doch möchte die Reederei Cosco ihren Anteil auf 60 Prozent vergrößern. „Ein weiterer Ausbau im Wert von 230 Millionen Euro ist momentan in Entwicklung“, sagte Anomeritis. Dadurch soll die Frachthandlingskapazität um zwei Drittel auf 6,2 Millionen TEU bis 2015 erweitert werden. Im Juni 2013 wurde laut China Daily Pier III in Anwesenheit des griechischen Premierministers Antonis Samaras und des ehemaligen Cosco-Gruppenchefs Wei Jiafu eröffnet. Der Premier bekräftigte das griechische Interesse an weiteren chinesischen Investitionen: „Griechenland wird das Tor für den Handel zwischen China und Europa werden. Die erste Kooperation mit dem Land der Mitte wurde von Piräus aus gestartet. Wir laden China zu weiteren erfolgreichen Investitionen in anderen Sektoren wie Transportbereich, Eisenbahn, Häfen und Werften ein.“ Wei bekräftigte: „Wir wollen Piräus zum Spitzenhafen im Mittelmeer und Europa entwickeln.” Gemäß der als seriös geltenden Athener Zeitung Ekathimerini hat die russische Eisenbahn Interesse am Kauf des griechischen Eisenbahnbetreibers Trainose und am Hafen Thessaloniki bekundet. Die Privatisierung der hellenischen Häfen wird durch den Hellenic Republic Asset Development Fund vorangetrieben. Momentan wird im Hafen Thessaloniki das Containerterminal (umfasst den westlichen Teil des sechsten Piers) durch das Bauunternehmen Mochlos S.A um 500 m in der Länge und 350 m in der Breite vergrößert. Mit einer Wassertiefe von 16 m können dann auch große Containerschiffe abgefertigt werden. Die Kapazität wird von 450 000 TEU auf 1,25 Millionen TEU fast verdreifacht. Das Projekt im Wert von 75 Millionen Euro wird zur Hälfte von der Europäischen Investitionsbank finanziert. (DR) www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 2/2014 39

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