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LE-1-2013

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LOGISTIK express Fachzeitschrift

TRANSPORTLOGISTIK Wohin

TRANSPORTLOGISTIK Wohin wollen unsere Logistiker? In ihrem Ende 2012 präsentierten Generalverkehrsplan erklärte Verkehrsministerin Doris Bures ihre Vision für die Zukunft. Wir fragten bei Österreichs Logistikern nach, wohin für sie im Jahr 2013 und darüber hinaus die Reise geht und wie sie ihre Ziele auch erreichen. Redaktion: ANGELIKA THALER In Österreich stellt die Transport- und Logistikbranche einen wichtigen Wirtschaftszweig und Arbeitgeber dar. Von ganz großen bis ganz kleinen Unternehmen ist alles vorhanden, was das Herz und die Industrie begehren. Um einen Überblick zu bekommen, hat sich Logistik express mit einigen Branchengrößen unterhalten. Rauer Wind In zumindest einem Punkt sind sich alle einig: das Jahr 2013 wird hinsichtlich der Wachstumsprognosen eher eine Durststrecke als ein Schlaraffenland, und doch Kurt Leidinger überwiegt die Zuversicht, in dem weiterhin schwierigen Umfeld bestehen zu können. „Die Wirtschaftsaussichten für den EU-Raum gehen von einem Wachstum unter 0,5 Prozent aus, wir treten auf der Stelle. Im Gegensatz dazu erholen sich die Märkte Übersee, sowohl in den USA als auch in Asien ist die Entwicklung positiv. Und damit sind auch unsere Prioritäten klar“, stellt Kurt Leidinger, Vorstandsvorsitzender SCHENKER & CO AG, fest. Auch KommR Johannes Hödlmayr, MBA, CEO der unter anderem auf Automobillogistik spezialisierten HÖDLMAYR IN- TERNATIONAL AG, erwartet eher eine Konjunkturdelle: „Im Jahr 2013 sollen bis zu 5 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft werden. Diverse Studien Johannes Hödlmayr gehen aber von einer Zunahme der Gütertransporte aus, und Mobilität ist ein EU-Recht. Wir sollten diese Verschnaufpause nutzen, um die Logistikströme zu überdenken.“ Damit decken sich seine Erwartungen mit jenen des Verkehrsministeriums, dass der Güterverkehr bis 2025 um 33 Prozent, der Personenverkehr um 25 Prozent zulegen wird. Mit einem deutlichen Aufschwung rechnet auch der CEO der Gebrüder Weiss Gesellschaft m.b.H, Wolfgang Niessner, nicht: „Ich rechne damit, dass der Konjunkturverlauf weiterhin eher in einer Seitwärtsbewegung bleibt, auch wenn Prognosen derzeit schwierig sind.“ Damit stößt er ins gleiche Horn wie Mag. Stefan Krauter, CEO der cargo-partner GmbH: „Wir müssen uns definitiv auf ein schwieriges Marktumfeld 2013 einstellen.“ Allerdings bleibt er optimistisch: „Wir sehen für cargo-partner aber durchaus realistisches Potential für ein erfolgreiches Jahr.“ Wolfgang Niessner Ein differenziertes Bild bietet sich Herbert Weber, Geschäftsführer Lagermax Internationale Spedition GmbH. Zwar erwartet er in der ersten Jahreshälfte ein eher geringes Transportvolumen, doch: „Es gibt unterschiedliche Perspektiven in einzelnen Regionen – die Bereiche Osteuropa, Luft- und Seefracht werden vermutlich nicht so kritisch wie z.B. die Bereiche Logistik und Landverkehre in Zentraleuropa.“ Genau im Auge behält dafür Logwin AG CEO Berndt-Michael Winter die Trends in der Retailbranche: „Zunehmende Artikelvielfalt, schnellere Kollektionswechsel und Online-Shopping sind nur einige der vielen großen Herausforderungen im Einzelhandel, die damit verbundenen hohen und weiter steigenden Anforderungen sehen wir nicht zuletzt aufgrund unserer langjährigen Expertise in der Textillogistik als große Chance.“ Möglicherweise aus demselben Grund blickt Dkfm. Peter Overkamp, Geschäftsführer der Schachinger Logistikholding GmbH, positiv in die Zukunft: „Wir erwarten für unser Unternehmen ein moderates Wachstum, Stefan Krauter Berndt-Michael Winter trotz wirtschaftlicher Unsicherheit in den diversen Branchen.“ Spannendes Jahr Abgesehen vom volatilen Umfeld sehen unsere Gesprächspartner vor allem eine große Herausforderung: die Wahrnehmung der Leistungen der Logistik- und Speditionsbranche in der Öffentlichkeit. „Wir müssen es endlich schaffen, aus dem Schattendasein eines reinen Toolanbieters herauszutreten und die erbrachte Leistung auch fair verrechnen zu können. Sonst sind zukünftige Investitionen in die Infrastruktur einfach nicht mehr finanzierbar“, bringt es Leidinger auf den Punkt. Der Meinung ist auch Winter: „Die schlechte Wahrnehmung wollen wir als Logwin mit aktiver Öffentlichkeitsarbeit, einer klaren Markenpositionierung und unserem Engagement bei Nachwuchsinitiativen oder im Social Web ändern. Schließlich ist mit der Frage der Attraktivität einer Branche auch das Thema Fachkräftemangel verbunden.“ Dieses Personalproblem liegt auch Hödlmayr im Magen, der einen Fahrermangel erwartet: „Es gibt schon über 150 regionale LKW Fahrverbote, die Restriktionen werden immer strenger und leider hat der LKW ein negatives Image, obwohl die Nahversorgung ohne ihn noch nicht funktionieren kann.“ Wer mit der Entwicklung nicht schritthalten kann und es nicht schafft, seine Kosten zu senken, hat im Moment ganz schlechte Karten. Weber: „In den klassischen Transport- und Speditionsbereichen erwarten wir einen Verdrängungswettbewerb.“ Die Lösung sei, die jeweiligen Dienstleistungen entsprechend zu spezifizieren, um sich vom Mitbewerb abzuheben. Das sieht auch Krauter so: „Vor allem starre Systeme werden verlieren, daher sehen wir bei cargo-partner hohes Potential in unserer Flexibilität, sich sehr schnell an unterschiedliche Kundenbedürfnisse und Marktsituationen anzupassen.“ 10 LOGISTIK express Ausgabe 1/2013 www.logistik-express.com

TRANSPORTLOGISTIK Keine Langeweile Das schwierige Umfeld – „Europa hat die Währungskrise noch nicht überstanden und das bekommen auch die Spediteure zu spüren“, so Niessner – erlaubt es keinesfalls, die Beine hochzulegen. Im Gegenteil, gerade in dieser Situation ist es wichtig, die Weichen für die Zukunft und das (hoffentlich bald) kommende Wachstum zu stellen. Im Verkehrsplan ist vorgesehen, bis 2025 den Modal Split zugunsten der Schiene von derzeit 32 Prozent auf 40 Prozent zu steigern, doch dazu ist auch eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur nötig. „Dort wo es möglich ist, setzt Lagermax auf Bahnverkehre“, bestätigt Weber. Und Hödlmayr ergänzt: „Wir werden noch mehr Verkehre auf die Schiene verlagern. Die Strategie ist klar, go green – go Hödlmayr”. „Wir müssen es endlich schaffen, aus dem Schattendasein eines reinen Toolanbieters herauszutreten.“ Kurt Leidinger Ein Schwerpunkt 2013 liegt auf Terminals, so errichtet beispielsweise Schenker ein neues Speditionsterminal in Prag: „Wir investieren über 23 Mio. Euro in unser zentrales Verkehrshub für Tschechien. Hinzu kommen über 3 Mio für ein eigenes Terminal in Belgrad und ein paar kleinere Logistikprojekte in Österreich, Ungarn und der Türkei“, verrät Leidinger. In der Türkei sieht auch Hödlmayr viel Potential – Grund genug, dort die Aktivitäten zu verstärken. Für Lagermax ist die Türkei ebenfalls ein Zukunftsmarkt, Ende 2012 wurde dort eine eigene Speditionsfirma eröffnet. Weber: „Unser Fokus liegt zum einen im Aufbau neuer Märkte, zum anderen in der Verbesserung der eigenen Infrastruktur in bestehenden Ländern Südosteuropas. Wir sind dabei, neue Dienstleistungsangebote für den türkischen Markt und weiter Richtung Vorderasien zu entwickeln.“ Ebenfalls neue Terminals gab es für Gebrüder Weiss, jenes in Jenec ist bereits in Betrieb, „Die Logistikanlage in Tiflis wird noch in diesem Jahr eingeweiht und kann kurzfristig auch als Hub für den Kaukasus ausgebaut werden“, freut sich Niessner. Auf seiner Agenda stehen auch Projekte in Rumänien und Bulgarien. Den Ausbau des weltweiten Netzwerkes plant Herbert Weber Winter, beispielsweise in China. Dabei sind nicht nur neue Länder vorrangig, denn: „Wir wollen das Potential bereits fest in unserem Netzwerk verankerter Ländermärkte aufspüren und nutzen. Ein Beispiel ist die steigende Nachfrage nach europäischen Premiummarken in Asien und der im Gegenzug steigende Export asiatischer Marken nach Europa, Australien und die USA.“ Doch nicht alles Geld wird im Ausland ausgegeben: „Neben der Erweiterung unseres Standortes in Hörsching mit einem neuen Hochregallager werden wir unsere Agrarlogistik verstärken, dabei haben wir auch die Donau im Auge“, so Overkamp. Zudem forciere sein Unternehmen im Pharmalogistik-Bereich die 24h-Distribution (temperaturgeführt 2 bis 8° Celsius). Und cargo-partner hat erst 2012 die Zentrale in Fischamend stark ausgebaut, die neue Crossdocking-Halle dient als Knotenpunkt zum weiteren Ausbau der Ost-West Verkehre. „Für dieses Jahr haben wir in eine eigene Screeninganlage für die Luftfracht investiert, um unseren Kunden auch nach dem Ablauf der Übergangsfrist mit Ende April eine zuverlässige, schnelle und stabile Abwicklung gewährleisten zu können“, erzählt Krauter. Kein Mitarbeiterabbau Erfreulicherweise ist in keinem Unternehmen der Abbau von Personal aus Einsparungsgründen geplant. Zumindest natürliche Abgänge werden nachbesetzt – Schachinger wird die Mitarbeiteranzahl halten – , sonst sind moderate Aufstockungen vorgesehen. Wobei die Lage direkt in Österreich etwas anders aussieht als in anderen Ländern, wo etwa durch einen Neubau oder Markterweiterungen das Finden einer neuen Belegschaft nötig wird. Da entpuppt sich mancherorts die Krise als Chance: „Teilweise erfolgt unsere Suche in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit, für unsere Niederlassung in Spanien haben sich für 37 offene Stellen über 600 oft gut qualifizierte Menschen beworben“, bemerkt Hödlmayr. Diese Erfahrung macht vermutlich auch Schenker, neue Stellen entstehen derzeit etwa in Rumänien und Bulgarien, Peter Overkamp Angelika Thaler Tschechien und der Türkei. „In Österreich wird das geringe Wachstum durch Produktivitätssteigerungen abgedeckt, hier werden wir den Mitarbeiterstand halten. Wir sind für unsere hoch stehende Aus- und Weiterbildungsstrategie bekannt, das erleichtert die Suche nach neuen Mitarbeitern“, so Leidinger. Sorgen bereitet ihm allerdings, dass der komplexe Bereich Zoll seit dem EU-Beitritt in der Ausbildung vernachlässigt wurde und daher gute Zolldeklaranten immer schwerer zu finden sind. Weber geht aufgrund der starken Markt-Volatilität von einem moderaten Mitarbeiteraufbau aus, ebenso Krauter: „Wir bauen hauptsächlich auf HAK-Absolventen, die wir inhouse in intensiven Schulungen, vor allem praxisnah „on-the-job“, zu Logistik- und Transportspezialisten ausbilden.“ Mitarbeiterqualifikation ist definitiv ein Punkt, um den ein zukunftsorientiertes Unternehmen – zu denen wohl alle unsere Gesprächspartner zählen – nicht herumkommt. Das weiß auch Niessner: „Neben der Suche nach qualifiziertem Personal in allen Unternehmensbereichen und Hierarchiebenen unternehmen wir viel, um unsere bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren und zu motivieren. Dass uns das gelingt, wurde in den vergangenen Jahren durch verschiedene Arbeitgeberauszeichnungen bestätigt.“ Die Gespräche haben gezeigt, dass sich die Branche im Jahr 2013 warm anziehen muss, auch wenn hin und wieder die Sonne scheinen wird, denn es werden einige Gewitterwolken am Wirtschaftshimmel aufziehen. Wer seine Kosten im Griff hat, gut aufgestellt ist und beizeiten in Qualität und Mitarbeiter investiert hat, verfügt jedoch über den richtigen „Wetterschutz“, um dann vom voraussichtlichen Wachstum 2014 so richtig zu profitieren. (AT) „Wir sollten die Verschnaufpause nutzen, um die Logistikströme zu überdenken.“ Johannes Hödlmayr www.logistik-express.com LOGISTIK express Ausgabe 1/2013 11

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